ARD:Protest gegen "Weltspiegel"-Verlegung

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Weltspiegel-Moderator und NDR-Chefredakteur Andreas Cichowicz. (Foto: Klaus Westermann/ ARD)
  • Sonntags vor der "Tagesschau" soll in der ARD bald nicht mehr der "Weltspiegel" laufen, sondern die "Sportschau".
  • Das löst massiven Widerspruch aus - auch bei hochkarätigen Moderatoren wie Frank Plasberg oder Claus Kleber.
  • Sie sehen in den Plänen eine Gefährdung des Grundauftrags des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Von Hans Hoff

Der Sendeplatz kurz vor der Tagesschau um 20 Uhr ist ein Premiumplatz im deutschen Fernsehprogramm. Während der Woche belegt das Erste diese Zeit mit vielerlei Schnipselshows, die lukrative Werbespots anlocken sollen. Nur am Sonntag, an dem keine Werbung im Ersten erlaubt ist, läuft eine Sendung im besseren Sinne: das Auslandsjournal Weltspiegel. Dessen Pole-Position ist nun aber in Gefahr. Ab April wird das sonntägliche Programmschema umgebaut, weil dann die Vorabendserie Lindenstraße Geschichte sein wird. Dann soll der Weltspiegel seinen Sendeplatz um 19.20 Uhr verlieren und stattdessen schon um 18.30 Uhr starten. Dafür soll die Sportschau auf den Platz vor acht Uhr rücken. Das haben die Programmdirektoren der ARD beschlossen - und sich damit massiven Protest eingehandelt.

Mehr als hundert Politik-Redakteure hatten schon vor der Entscheidung einen Brief an ARD-Programmdirektor Volker Herres geschrieben und vor einer Verschiebung gewarnt, wie das Handelsblatt berichtet hatte. "Wir glauben, dass dies einer Marginalisierung der wichtigsten Auslandssendung des deutschen Fernsehens gleichkäme", heißt es in dem Schreiben, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt und in dem auch sinkende Zuschauerzahlen für die Auslandsberichterstattung befürchtet werden. "Der inhaltlichen Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wäre solch ein Entscheidung sehr abträglich", heißt es weiter. Das Protestschreiben hat wenig genützt. Mehrheitlich haben die Programmdirektoren beschlossen, die Schema-Änderung wie vorgeschlagen weiterzuverfolgen. Sie wird dennoch auch Thema sein, wenn sich die Intendanten der neun ARD-Sender am Dienstag in Stuttgart zur turnusmäßigen Konferenz treffen.

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"Schwere Hypothek und damit eine falsche Entscheidung"

Ihnen liegt nämlich ein weiterer Brief vor. In dem unterstützen hochkarätige Moderatoren, Redakteure und Ehemalige das Anliegen. "In der aufgewühlten aktuellen Diskussion um die Legitimation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, den Kern seines Auftrags und seine Gebührenakzeptanz ist dies aus unserer Sicht eine schwere Hypothek und damit eine falsche Entscheidung", heißt es darin. In dem Brief teilen unter anderem die Moderatoren Ulrich Wickert, Claus Kleber, Frank Plasberg sowie NDR-Chefredakteur Andreas Cichowicz und Tina Hassel, die Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios, die Besorgnis der Hundertschaft.

Auch der frühere WDR-Intendant Fritz Pleitgen zählt zu den Unterzeichnern. "In einer Welt, in der mit Lügen, gefälschten oder frisierten Informationen Politik gemacht wird, brauchen die Bürgerinnen und Bürger mehr denn je ein kompetente, verlässliche Auslandsberichterstattung", sagte Pleitgen der Süddeutschen Zeitung.

Die Initiative wird die Diskussion im Intendantenkreis befeuern. Insbesondere WDR-Chef Tom Buhrow dürfte kein großes Interesse an der Weltspiegel-Verschiebung haben, denn solch eine halbgare Entscheidung wäre eine schwere Hypothek, die Buhrow abarbeiten müsste, wenn er im kommenden Jahr den Vorsitz des Senderverbunds von BR-Intendant Ulrich Wilhelm übernimmt. Die ARD-Programmdirektion wollte sich zu dem brisanten Thema zunächst nicht äußern. "Wir bitten um Verständnis, dass wir diese Schemadiskussion ausschließlich intern führen", teilt sie am Mittwoch mit.

© SZ vom 12.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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