Neubiberg:Frische Luft für die Stadt

Eine Bürgerinitiative kämpft gegen die Bebauung freier Flächen in Neubiberg, Ramersdorf und Fasangarten. Sie betont die Bedeutung des Grünzugs am Hachinger Bach für das Binnenklima.

Von Daniela Bode

Der Widerstand gegen die Pläne der Gemeinde Neubiberg für eine Bebauung freier Flächen nördlich und nordöstlich des Infineon-Campeons in Unterbiberg wächst. Vor kurzem hat sich die Bürgerinitiative "Frischluftzufuhr für München" gegründet. Ihr Sprecher Thomas Kiesmüller setzt sich bereits seit März gegen die Pläne ein und sammelt - inzwischen mit Unterstützung der neuen Initiative - Unterschriften gegen das Vorhaben. Nach seinen Angaben haben bereits mehr als 700 Menschen - Münchner, Neubiberger und Unterhachinger - unterschrieben.

Rund um die Grenze der Gemeinde Neubiberg und der Stadt München wird im Rahmen des "interkommunalen Strukturkonzepts" eine Bebauung mit Gewerbe und Wohnungen anvisiert. In Neubiberg geht es um eine Bebauung westlich und östlich des Hachinger Bachs einschließlich des Kapellenfelds und des ehemaligen Löwenbräu-Grundstücks. Dafür hat die Gemeinde im März 2018 die entsprechende Änderung des Flächennutzungsplans eingeleitet, gegen die Stimmen der Grünen-Gemeinderäte. Ein Vorentwurf existiert noch nicht. Auf Münchner Grund werden etwa die Ansiedlung eines Wertstoffhofs an der Fasangartenstraße in Ramersdorf und fünfstöckige Häuser an der Münchberger Straße in Fasangarten erwogen.

Kapellenfeld in Neubiberg, 2017

Auf dem sogenannten Kapellenfeld zwischen S-Bahnstrecke, Unterhachinger Straße und Münchner Stadtgrenze will die Gemeinde Neubiberg Gewerbe ansiedeln.

(Foto: Angelika Bardehle)

Die Initiative kritisiert, dass durch die mögliche Bebauung in Neubiberg die Gesundheit und das Wohlergehen von "mehr als hunderttausend Menschen" aufs Spiel gesetzt werde. Kiesmüller bemängelt, dass das Projekt vor allem der Grundeigentümerfamilie einen Wertzuwachs bringen werde und der Gemeinde Neubiberg Gewerbeeinnahmen. "Dabei hat die Gemeinde keine Schulden", sagt er.

"Es geht um den Schutz der Frischluftzufuhr für den Münchner Südosten"

Er kritisiert insbesondere, dass Neubiberg eine Änderung des Flächennutzungsplans beschlossen hat, obwohl der Grünzug nach dem Regionalplan nicht bebaut werden soll. "Es geht um den Schutz der Frischluftzufuhr für den Münchner Südosten", sagt Kiesmüller.

Die Pläne der Stadt befürwortet er ebenso wenig, die Überlegungen in Neubiberg fielen aber viel mehr ins Gewicht. Seine Bedenken hatte Kiesmüller auch bereits in den Bezirksausschüssen Obergiesing-Fasangarten und Ramersdorf-Perlach vorgetragen - dort sieht man die Planungen ebenfalls skeptisch. Zuletzt hatten wegen der Pläne der Nachbargemeinde auch die Unterhachinger Grünen ihre Sorgen um den Grünzug am Hachinger Bach geäußert, der eine wichtige Frischluftschneise sei. Sie wollen, dass das Thema im Gemeinderat besprochen wird.

Für die Gemeinde Neubiberg sind die Planungen wichtig. Anders als ursprünglich geplant hat sich in den Sondergebieten entlang der Lilienthalstraße kaum Gewerbe angesiedelt, sicher auch, weil die Verkehrserschließung über das Wohngebiet erfolgt - die Südanbindung Perlach als äußere Erschließungsstraße wurde und wird wohl auch nie gebaut. Daher wurden bisherige Pläne überdacht und die Rahmenplanung Unterbiberg 2014 als weiteres Entwicklungskonzept beschlossen.

Da zu der Zeit auch die Stadt München Entwicklungen im Bereich Hachinger Bach diskutierte, wie Neubibergs Bürgermeister Günter Heyland (Freie Wähler) erläutert, wurde erreicht, dass die Interessen von Stadt und Gemeinde über ein grenzüberschreitendes Entwicklungskonzept überprüft und aufeinander abgestimmt wurde. Ergebnis ist das interkommunale Strukturkonzept, das für beide Seiten zukunftsfähige Antworten zu Themen wie Wohnungsbau und Gewerbeentwicklung, Verkehrsinfrastruktur, Hochwasserschutz und auch die Qualifizierung des Regionalen Grünzugs geben soll. Neubiberg billigte das Konzept im September 2018, in München steht der formale Beschluss noch aus.

Der Bedarf an neuen Siedlungsflächen, aber etwa auch die Sicherung der klimatologisch wichtigen Frischluftbahn entlang des Regionalen Grünzugs stehen laut Heyland im Mittelpunkt der weiteren Untersuchung zum Strukturkonzept auf Neubiberger Flur. Denn die Siedlungsflächen sollen laut dem Bürgermeister die für alle wichtigen Klimafunktionen nicht beeinträchtigen.

Auch wenn am Kapellenfeld die Breite des Grünzugs eingeschränkt werden sollte, so sei gleichermaßen vorgesehen, dessen Funktion etwa mit Retentionsflächen für den Hachinger Bach dauerhaft zu sichern, hatte er Kiesmüller einmal auf eine Anfrage hin geantwortet. Vertiefte Untersuchungen werden laut Heyland vermutlich 2020 vorgestellt werden können. Dann werden auch die Bürger wieder in das förmliche Änderungsverfahren eingebunden werden können.

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