Katalonien:"Eine Welt, die nicht rettet, ist eine Welt, die untergeht"

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Pep Guardiola zusammen mit dem katalanischen Parlamentspräsidenten Roger Torrent, Carola Rackete und Proactiva Open Arms Gründer Óscar Camps (v.l.) (Foto: REUTERS)
  • Die deutsche Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete bekommt in Barcelona für ihren Einsatz in der Seenotrettung die Ehrenmedaille des katalanischen Regionalparlaments.
  • Die Laudatio hält Manchester-City-Trainer Pep Guardiola.
  • Spanische Medien werfen Rackete vor, sich von den katalanischen Separatisten einspannen zu lassen.

Von Thomas Urban, Madrid

Der Tag der Preisverleihung war mit Bedacht gewählt: der Vorabend des katalanischen Nationalfestes, der Diada, zu dem sich auch an diesem Mittwoch wieder Hunderttausende zu einer Großkundgebung in Barcelona versammelt haben. Carola Rackete, Kapitänin des Rettungsschiffs Sea Watch 3, und Òscar Camps, der Gründer der spanischen Hilfsorganisation Proactiva Open Arms, wurden für ihren Einsatz zur Rettung von Migranten aus dem Mittelmeer vom katalanischen Regionalparlament geehrt. Die Laudatio hielt der berühmteste aller lebenden Katalanen, der Fußballtrainer Pep Guardiola, derzeit in Diensten des englischen Meisters Manchester City. Die Ehrenmedaillen verlieh kein geringerer als Parlamentspräsident Roger Torrent, führendes Mitglied der katalanischen Linksrepublikaner. Auch der rechtsliberale Regionalpräsident Quim Torra war anwesend. Es war also eine Veranstaltung erster Güte.

Guardiola sagte: "Eine Welt, die nicht rettet, ist eine Welt, die untergeht, in der die Gesellschaften ertrinken." Er forderte die beiden Geehrten auf, in ihrem Bemühen nicht nachzulassen und sich von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen. Scharfe Kritik richtete der Fußballlehrer, der mit dem FC Barcelona seine größten Erfolge gefeiert hat und mit dem FC Bayern dreimal deutscher Meister wurde, an die Regierung in Madrid, da diese den Rettern ihr Handwerk systematisch erschwere.

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Der sozialistische Premierminister Pedro Sánchez hatte unmittelbar nach seinem Amtsantritt im Juni 2018 noch erklärt, dass die restriktive Einwanderungspolitik seines konservativen Vorgängers Mariano Rajoy nicht fortgesetzt werde. Eine Regierungsdelegation aus Madrid begrüßte Tage später das Flüchtlingsschiff Aquarius in Valencia. Doch schon zwei Wochen später machte Sánchez eine Kehrtwende und kehrte zum Kurs Rajoys zurück. Experten hatten ihm klargemacht, dass Spanien andernfalls das Hauptziel für Migranten aus Afrika werde, von denen aber nur ein Bruchteil die Chancen habe, Asyl zu erhalten.

Carola Rackete verlangte auf Katalanisch und Englisch "konkrete Akte der Solidarität" von Seiten der Regierungen der EU-Staaten. Es müssten legale und sichere Einwanderungswege geschaffen werden. Sie war trotz eines Verbots der italienischen Behörden mit 40 Migranten an Bord Ende Juni in den Hafen von Lampedusa eingelaufen. Deshalb verbrachte sie drei Tage in Untersuchungshaft, das Schiff wurde beschlagnahmt.

Camp Nou, Hochburg der Separatisten

Sowohl Torrent als auch Torra bekundeten im Namen der katalanischen Führung, dass ihre Region sich an der von Brüssel beschlossenen Verteilung von Flüchtlingen beteiligen würde, doch die Entscheidung darüber liege in Madrid.

Spanische Medien warfen Rackete und Camps vor, sich von den katalanischen Separatisten für ihre "Unabhängigkeitspropaganda" einspannen zu lassen. In der Tat werben Vertreter der Führung vor allem bei links- und liberal orientierten Parteien in den EU-Staaten mit der Parole, dass Barcelona demokratischer und solidarischer sei als Madrid. Ein unabhängiges Katalonien würde der Stärkung der Demokratie in Europa dienen und sich am Kampf gegen fremdenfeindliche Nationalpopulisten beteiligen. Pep Guardiola ist im Ausland die Gallionsfigur der Kampagnen für die Unabhängigkeit Kataloniens, das Stadion des FC Barcelona, das Camp Nou, gilt als Hochburg der Separatisten.

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