EU-Agrarsubventionen:Brüssel zahlt und zahlt und zahlt

Die Europäische Union päppelt die deutsche Landwirtschaft jährlich mit Milliarden - jetzt sind die Profiteure veröffentlicht worden. Ganz vorne dabei: Industriekonzerne.

Die Landwirtschaft ist kein einfaches Geschäft und etliche Bauern könnten ohne finanzielle Unterstützung aus Brüssel den Betrieb dichtmachen - sie sind auf die EU-Agrarsubventionen schlicht angewiesen, um die Existenz zu sichern. Doch nicht nur landwirtschaftliche Betriebe, sondern auch industrielle Großkonzerne profitieren von den Subventionszahlungen aus Brüssel.

Ferkel, EU-Agrarsubventionen, AP

Gemästet, geschlachtet - und von der EU finanziell unterstützt: Mastschweine in Deutschland.

(Foto: Foto: AP)

So erhielt die Südzucker AG im vergangenen Jahr 34,4 Millionen Euro EU-Agrarsubventionen und ist damit vermutlich größter Zahlungsempfänger in Deutschland, wie aus dem von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) in Bonn veröffentlichten Daten hervorgeht. Auf dem zweiten Platz liegt mit gut zehn Millionen Euro das Land Schleswig-Holstein.

Offenlegung mit Verspätung

Auch auf den weiteren Plätzen folgen große Nahrungsmittel-Unternehmen, darunter die deutsche Filiale des größten europäische Geflügelkonzerns Doux, der Molkereikonzern Campina, der Schokoladenhersteller Storck oder der Fleischkonzern Tönnies.

Wofür die Konzerne die Zahlungen der EU genau erhielten, geht aus der Aufstellung nicht hervor. Das Prinzip hinter den Zahlungen an die Unternehmen ist aber folgendes: Die Firmen kaufen ihre Agrar-Rohstoffe in Europa ein, wo diese aber relativ teuer sind. Um den Wettbewerbsnachteil der Firmen auszugleichen, schießt Brüssel dann Geld aus dem EU-Agrartopf zu.

Die größten Zahlungen bei den Landwirten erhielten große Agrarbetriebe in Ostdeutschland. Mehrere der dortigen Agrargenossenschaften, die historisch bedingt riesige Flächen bewirtschaften, erhalten weit mehr als eine Million Euro pro Jahr aus Brüssel. Der größte dieser Agrarbetriebe, die Osterhuber Agrar GmbH in Mecklenburg-Vorpommern, erhielt mehr als vier Millionen Euro.

Die Bundesregierung veröffentlichte mit der Liste erstmals die Empfänger der Agrarsubventionen in Deutschland. Die anderen EU-Länder hatten dies Ende April gemacht. Deutschland hatte mit Verweis auf anhängige Klagen von Landwirten die Empfänger zunächst nicht veröffentlicht, obwohl es 2006 das EU-Gesetz zur Offenlegung mitbeschlossen hatte. Die Liste der Empfänger ist immer noch nicht komplett, weil Bayern sich gegen die Offenlegung der Zahlungen sperrt.

Kommission geht rechtlich gegen Deutschland vor

Die EU-Kommission geht deshalb nun rechtlich vor. Die Kommission leitete ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein, das mit Geldstrafen enden kann. Die Begründung: Die Bundesregierung habe zwar Daten ins Internet gestellt, doch Angaben über die ausgezahlten Subventionen in Bayern seien nicht enthalten. Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel bezeichnete dies als außerordentlich enttäuschend.

Nach einer EU-Verordnung müssen die Empfänger von Agrarsubventionen veröffentlicht werden. Damit soll besser kontrolliert werden, ob die Gelder sinnvoll ausgegeben werden.

"Alle anderen Mitgliedstaaten haben dies getan", sagte Fischer Boel. "Es geht um Steuergelder, daher ist es sehr wichtig, dass alle Leute wissen, wo die Gelder hinfließen."

Vergangenes Jahr hatten sich die EU-Agrarminister darauf verständigt, dass alle EU-Länder bis 30. April 2009 die Empfänger sowie die Höhe der von ihnen erhaltenen Agrarbeihilfen im Internet veröffentlichen müssen. Deutschland war dieser Verpflichtung zunächst nicht nachgekommen, da es widersprüchliche Gerichtsurteile gab, ob die Offenlegung zulässig ist. Die Bundesregierung hatte auf Druck der EU zugesagt, die Anforderung bis Mitte Juni zu erfüllen. Die Kommission bekräftigte, der Datenschutz sei gewährleistet.

Bei der Veröffentlichung in anderen EU-Staaten wurde unter anderem bekannt, dass Königin Elisabeth II. im vergangenen Jahr mehr als 500.000 Euro an Agrarsubventionen kassiert hatte. Unter den Empfängern der höchsten Subventionen waren auch in anderen europäischen Ländern vor allem Nahrungsmittelkonzerne.

Hier geht es zur Online-Aufstellung: http://www.agrar-fischerei-zahlungen.de/Suche?

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