Windkraft im Hofoldinger Forst:Dabei und doch dagegen

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Die Gegner der Windkraftpläne in Brunnthal fürchten unter anderem, dass durch Rotoren an der Autobahn im Hofoldinger Forst der Blick auf das Alpenpanorama verschandelt wird. (Foto: Claus Schunk)

Brunnthal will vorerst nicht aus der Arbeitsgemeinschaft Windenergie Hofoldinger Forst aussteigen. Die Gemeinderäte fürchten, dass sonst noch mehr Rotoren im Wald aufgestellt werden.

Von Bernhard Lohr, Brunnthal

Der Bruch ist vorerst abgewendet. Brunnthal ist von seiner kompromisslosen Haltung gegen Windkraftanlagen im Hofoldinger Forst abgerückt. Der Gemeinderat beschloss am Mittwoch mit knapper Mehrheit, die Zusammenarbeit mit den Nachbarn aus Aying, Sauerlach und Otterfing in der Arbeitsgemeinschaft Windenergie Hofoldinger Forst (Arge) doch nicht aufzukündigen.

Dabei trieb die Gemeinderäte vor allem die Sorge, dass ohne kommunalen Schulterschluss private Investoren einen großen Windpark schaffen könnten. Die Arge setzt derzeit auf ein Abkommen mit den Bayerischen Staatsforsten und vier Windkraftanlagen mit 240 Metern Höhe.

Lange Zeit liefen die Gespräche in der seit 2013 existierenden Arge hinter verschlossenen Türen. Zwischenzeitlich schien das Windkraft-Thema vom Tisch, weil Anlagen im relativ windschwachen Hofoldinger Forst als unrentabel galten. Doch mit der neuen Generation von Windkraftanlagen hat sich das Blatt gewendet. Die Arge handelte einen Standortsicherungsvertrag mit den Bayerischen Staatsforsten aus, der die kommunale Planungshoheit über das Gebiet wahren soll, ausgewählte Flächen für vier Anlagen festlegt und auch auf breite Bürgerbeteiligung abzielt.

Wertschöpfung in der Region

Auch soll die Wertschöpfung aus der Stromerzeugung durch Windkraft möglichst in der Region bleiben. All das überzeugte die Gemeinderäte in Aying, Sauerlach und Otterfing, die einstimmig dem vom Ayinger Bürgermeister Johann Eichler ausgehandelten Vertrag zustimmten. In Brunnthal fiel das Vertragswerk am 24. Juli in einer nichtöffentlichen Sitzung mit sieben zu sieben Stimmen durch.

Wie groß der Widerstand gegen die Anlagen ist, zeigte sich am Mittwochabend, als der geballte Ärger über die Windkraftpläne erstmals offen auf den Tisch kam. Zweiter Bürgermeister Thomas Mayer (CSU), der sich zuletzt schon mit Stellungnahmen positioniert hatte, sagte: "Jedes Windrad ist ein massiver Eingriff in unsere Natur." Die Bevölkerung müsse wissen, was da geplant sei. Die Folgen für Flora und Fauna wären gravierend. Mit Blick auf die erwartete niedrige Windhöffigkeit sagte er: "Wie kommt man darauf, gesunden Wald zu roden und Windräder aufzustellen, die sich nicht drehen?"

Dass die Gemeinderäte in den Nachbarkommunen einstimmig dem Vertrag zugestimmt hätten, könne er sich nur damit erklären, dass diese sich mit den Folgen der Windkraftanlagen nicht richtig auseinandergesetzt hätten. An diesem Punkt will nun auch die Gemeinde ansetzen, um Windkraftanlagen - laut Mayer fast so hoch wie der Olympiaturm - vielleicht doch noch zu verhindern.

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Denn der Beschluss, der auf Mayers Antrag mit einer Mehrheit von acht zu sieben Stimmen gefasst wurde, sieht zunächst nur einen Verbleib in der Arge bis auf weiteres vor. So soll bis Ende des Jahres ein großes Treffen aller Gemeinderäte der vier Gemeinden stattfinden, um noch einmal über das Großprojekt zu beraten. Bürgermeister Stefan Kern (CSU) telefonierte schon am Donnerstag, um einen Termin zu finden.

Parallelen zum Kampf gegen den Großflughafen

Sollte das Treffen platzen oder die anderen Kommunen bei ihrer Haltung bleiben, stünde Brunnthal erneut vor der Entscheidung, ob es weiter auf einen von kommunaler Hand gesteuerten, geordneten Weg zum Bau von Windkraftanlagen im Hofoldinger Forst setzt oder nicht. Bürgermeister Kern warnt, dass die Kommune als Einzelkämpfer rechtlich dann kaum noch Handhabe hätte, solche Anlagen zu verhindern. Einige gaben sich dennoch betont kämpferisch und zitierten den Kampf gegen einen Großflughafen im Hofoldinger Forst vor 50 Jahren. Siegfried Hauser (PWB) wetterte gegen die "Windkraftlobby" und sagte, wo die Prominenz wohne, wie etwa am Tegernsee oder in Grünwald, würden natürlich keine Windräder aufgestellt. Matthias Amtmann (UBW) forderte ein "vehementes" Vorgehen. Man müsse "alles mobilisieren". Die Landwirte müssten mit ihren Traktoren rausfahren und Stopp sagen.

Doch die meisten befürchteten vor dem Hintergrund, dass die Staatsforsten bereits eine Potenzialanalyse in Auftrag gegeben haben, die mögliche Windparkflächen bayernweit aufzeigen soll, dass Brunnthal zum Zaungast eines Wettlaufs von Investoren um den größten Windpark werden könnte. Ulla Gocke (CSU) sprach von bis zu 21 Windrädern, die es geben könnte.

Kern sagte: "Wenn man das durchdenkt, wird einem angst und bange." Auch vier Windräder seien ein starker Eingriff, sagte er. Das Panorama, der Blick in die Alpen werde sich ändern. Und er sprach den Kampf gegen den Klimawandel an. "Da muss jeder seinen Beitrag leisten", sagte er, "das tut weh."

© SZ vom 13.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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