Projekt Galileo:Stadt der Wissenschaft

Mit dem ehrgeizigen Projekt Galileo sollen Lehre, Lernen und Leben vor den Toren Garchings miteinander verknüpft werden. Ausgewählten Gästen wird an diesem Dienstag ein erster Einblick ins Konferenzzentrum und ins Hotel gewährt

Von Gudrun Passarge, Garching

Schon die Speisekarte zeigt, dass sich der Gast auf einem Uni-Campus befindet. Oxford und Cambridge sind etwa mit Fisch and Chips vertreten, Harvard und Stanford mit Salaten, und unter der Rubrik der Uni La Sapienza in Rom steht beispielsweise Ossobuco zur Auswahl. Das Restaurant heißt "The Faculty" und gehört zum Marriot Courtyard Hotel, das im Garchinger Galileo am Campus eröffnen wird. Dieses 200 Meter lange und 48 Meter breite Gebäude war von Anfang an als "Neue Mitte" geplant worden, als Herzstück einer neu erstandenen Wissenschaftsstadt vor den Toren Garchings, in der Lehre, Lernen und Leben miteinander verknüpft werden sollen. Immerhin lernen und arbeiten jetzt schon 17 000 Studenten und etwa 8000 wissenschaftliche Mitarbeiter verschiedener Institute am Campus. In Galileo, einem Haus mit einer sehr langen und wechselvollen Vorgeschichte, findet nun am Dienstag, 17. September, ein "Soft-Opening" statt. Ausgewählten Gästen wird ein Schlüssellochblick ins Konferenzzentrum und ins Hotel gewährt.

Ein Name fällt immer wieder im Zusammenhang mit Galileo: Wolfgang Herrmann. Investor Oliver Soini betont, er habe den Termin am 17. September auch wegen des bald scheidenden Präsidenten der Technischen Universität so gelegt, dass er teilnehmen kann, denn es war Herrmann, der dieses Projekt initiiert hat - gegen viele Widerstände. Herrmann, in dessen Amtszeit der rasche Ausbau des Wissenschaftscampus Garching fällt, erkannte früh, dass zum Lernen mehr gehört als gute Professoren und Hörsäle. Er entwarf die Idee einer "Neuen Mitte", um hier Geschäfte des täglichen Bedarfs anzusiedeln. Außerdem braucht eine Elite-Universität auch Platz für Gastwissenschaftler und Gaststudenten und Raum für Tagungen und Kongresse. Und da die Technische Universität in Garching beständig wächst, hat sie zudem Bedarf an neuen Räumen, unter anderem auch an einem Audimax mit 1300 Plätzen. Da der Freistaat selbst keine Gewerbegebäude baut, brachte Herrmann ein Private-Public-Partnership-Projekt ins Spiel, das bedeutet, die Investoren bekamen das Grundstück vom Freistaat auf Erbbaurecht und mussten dafür der TU zu äußerst günstigen Bedingungen Teile des Gebäudes vermieten.

Projekt Galileo: Es soll künftig das neue Zentrum Garchings sein.

Es soll künftig das neue Zentrum Garchings sein.

(Foto: Robert Haas)

Die Ausschreibung war 2007. Einer der von Anfang an dabei war, ist Stefan Handke. Der Geschäftsführer von Moto aus Ismaning bekam mit zwei anderen Partnern den Zuschlag. Allerdings gab es noch viele Hürden bis zum Spatenstich zu überwinden, sagt Handke, der das Haus als sein Baby betrachtet. Zuerst waren es Finanzierungsprobleme, denn die Finanz- und Bankenkrise kam den damaligen Investoren in die Quere. Als dann endlich die Geldfragen geklärt waren, gab es Ärger mit den Architekten. Der Sieger der Ausschreibung klagte, weil sein Entwurf nicht realisiert werden sollte - und verzögerte damit den Baubeginn erheblich. Moto gewann den Prozess, es wurden die Pläne des Zweitplatzierten, Nickl und Partner Architekten aus München, umgesetzt.

Erst 2014 rollten endlich die Bagger an. Bis Ende 2016 sollte das Gebäude fertig sein, aber der Eröffnungstermin wurde von Jahr zu Jahr verschoben. Auch bei den Investoren gab es Wechsel. Schließlich stieg Oliver Soini von Soini Asset Immobilien 2017 als neuer Investor und Projektentwickler ein. Investor Soini bezeichnet das Gebäude als "fantastisches Projekt an einem fantastischen Standort". Es verbinde fünf Projekte in einem, das Boardinghaus, das Hotel, das Konferenzzentrum, die Einkaufsmall und die Büros. Das alles im Zusammenspiel mit einer Uni von Weltruf, dem Freistaat und privaten Investoren zu orchestrieren, "das hat schon Spaß gemacht", sagt Soini, und ganz bescheiden fügt er hinzu, "und es macht mich auch ein klein wenig stolz".

Projekt Galileo: Investor Oliver Soini ist stolz auf die "Neue Mitte", wie das Projekt Galileo auch genannt wird.

Investor Oliver Soini ist stolz auf die "Neue Mitte", wie das Projekt Galileo auch genannt wird.

(Foto: Robert Haas)

Das Haus zieht sich als klare Nord-Süd-Achse an der Boltzmannstraße durch den Campus. Es bietet mehr als 500 Tiefgaragenplätze und eine Gesamtfläche von 36 000 Quadratmetern oberirdisch, unter der Erde kommen noch einmal 46 000 Quadratmeter hinzu, die auf unterschiedlichste Art genutzt werden sollen. Ein Teil des Gebäudes wird als Bürofläche vermietet. Hier arbeitet beispielsweise schon seit zwei Jahren der Autozulieferer Dräxlmaier, er hat bewusst "den Schulterschluss mit der TU" gesucht, wie es auf der Homepage heißt. "Es ist ein innovatives und sehr inspirierendes Umfeld", sagt Tobias Nickel, Pressesprecher von Dräxlmaier. Der Autozulieferer habe schon einige Kooperationen mit TU-Lehrstühlen abgeschlossen. Die Mitarbeiter schätzten auch die Lage, man sei schnell im Grünen, es gebe die U-Bahn und Radwege nach München, sagt Nickel. Und die Räumlichkeiten seien so gestaltet, dass sie zur Arbeit passten. Inklusive Dachterrasse mit Loungesesseln und Grill. "Da kann man den Feierabend gut ausklingen lassen."

Dräxlmaier wird bald neue Nachbarn bekommen. Einen großen Teil des Gebäudes mietet die Bierwirth & Kluth Hotelmanagement GmbH an. Sie eröffnet hier ein Vier-Sterne-Hotel, das Marriot Courtyard Garching mit 256 Zimmern, mit Restaurant und Bar. Außerdem verwaltet sie das Science Congress Center Munich, zu dem das Audimax gehört, ebenso wie ein 1600 Quadratmeter großes Foyer und 14 individuell gestaltbare Veranstaltungsräume. Hinzu kommt noch das Stellaris Apartment Hotel mit 159 Gästeapartments, deren Übernachtungspreise bei 99 Euro inklusive Frühstück beginnen. Oliver Heldt, künftiger Generalmanager des Kongresszentrums und des Marriot Courtyard findet, das Haus in Garching sei "die ideale Location" für Tagungen und Kongresse, besonders für die Technische Universität. Der Generalmanager des Hotels und des Kongresszentrums sagt: "Wir sind das Heim für zukünftige Tagungen der TU."

Ideale Anbindung

Vor fünfeinhalb Jahren kam der Kontakt zustande, "und ich war sofort begeistert, weil ich die Möglichkeiten sofort erkannt habe", sagt Klaus Kluth, Geschäftsführer von Bierwirth & Kluth. Das Unternehmen betreibt 13 Hotels in Deutschland und Österreich, darunter bald auch das Marriot Courtyard Hotel im Garchinger Galileo samt Kongresszentrum und Aparthotel. Kluth lobt die "ideale Anbindung" mit der U-Bahn vor der Tür. Vor allem aber die Technische Universität schätzt er als "großen und starken Partner" ein: "Die Anfragen über die TU nach Veranstaltungen sind eminent." Das Hotel hat sich schon auf die Wissenschaftler eingerichtet, Kluth spricht von einer "Symbiose zwischen Forschen und Leben". So bietet es Besuchern außer Wlan überall "Eduroam" an, einen Internetzugang, dem die großen Universitäten weltweit angeschlossen sind, wie Hotelmanager Oliver Heldt erläutert. In Garching werde man mit etwa 80 Mitarbeitern anfangen, sagt Heldt, später sollen es 90 bis 100 werden. "Wir sind ständig auf der Suche nach guten Talenten." Kluth hofft, die Häuser noch in diesem Jahr eröffnen zu können. Die Eröffnung von Galileo bringe "ein bisschen Urbanität und Leben" auf den Campus. pa

Die Uni wird außerdem an zwei Tagen in der Woche das Audimax nutzen und verschiedene Seminarräume über die Woche. Studentenvertreter Zaim Sari erhofft sich dadurch eine Entspannung der Raumsituation zum Wintersemester. Er nennt die Informatik als Beispiel. Dort gebe es Vorlesungen, die sich an 1700 Studenten richteten, da komme das Audimax mit seinen 1300 Plätzen gerade recht. Aber Studentenvertreter Sari erhofft sich auch Verbesserungen in der Infrastruktur, besonders beim Einkaufen.

So ist ein großer Einkaufsmarkt in der neuen Mitte vorgesehen, ein Fitness-Center gibt es bereits, es kommen noch ein Friseur, ein Schreibwaren- und Lottoladen sowie viele gastronomische Angebote hinzu wie eine Pizzeria und eine Bäckerei. Das sind nur einige der künftigen Mieter. Und auch Stefan Handke wird Galileo treu bleiben. Er hatte von Anfang an die Idee, den Besuchern aus aller Welt im Haus zu zeigen, dass sie in Bayern sind, "sie müssen spüren, wo sie sind", sagt er. Das richtige Medium, um dieses Gefühl zu transportieren, sei das Bier.

Doch niemand wollte seine Idee umsetzen. Deswegen hat er es jetzt selbst in die Hand genommen, was ursprünglich nicht seine Absicht war. Zusammen mit einem Partner hat er die Garchinger Brauhaus GmbH gegründet. Ihr Plan: Sie wollen auf insgesamt 600 Quadratmetern bayerische Küche anbieten und ein eigenes Garchinger Bier unter der Marke Garchinger Campus Bräu. Es wird nach einem Rezept gebraut, an dem Handke und sein Partner mitgearbeitet haben. Erstmals ausgeschenkt wird vermutlich irgendwann zum Jahreswechsel, sagt er. Inzwischen zeichnet sich ab, dass sich die Baustelle ihrem Ende nähert. Soini hält die Fertigstellung im Frühjahr 2020 für realistisch. Als Letztes soll nun noch die Einkaufsmeile hergerichtet werden.

Für Stefan Handke ist das Einbiegen auf die Zielgerade ein Grund, sein persönliches Fazit zu ziehen: "Wenn man mehr als ein Jahrzehnt Arbeit und Herzblut da reingesteckt hat, da erfüllt es einen schon mit unbändiger Freude, dass die damaligen Ideen jetzt Wirklichkeit werden." Nicht alle, aber das war Handke von vornherein klar, "aber das, was übrig geblieben ist, ist immer noch klasse". Die Öffentlichkeit kann sich davon überzeugen, wenn es das "Grand-Opening" gibt. Dann wird sich das ganze Haus präsentieren.

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