Skandal um Insiderhandel:Wall-Street-Banker half tamilischen Rebellen

Der Skandal um den verhafteten Hedgefonds-Chef Raj Rajaratnam setzt sich fort. Verbindungen zu einer tamilischen Rebellengruppe werden offenkundig.

Die Wall Street wird derzeit vom wohl größten Fall von Insiderhandel erschüttert. Am Freitag war der Milliardär und Hedgefonds-Chef Raj Rajaratnam festgenommen worden. Jetzt kommt heraus, dass dies keine Einzelaktion war. Denn US-Medien berichten, weitere Festnahmen wären wahrscheinlich. Ermittler seien noch mehreren Netzwerken ähnlicher Finanzbetrüger auf der Spur, berichtete der Wirtschaftsdienst Bloomberg.

Raj Rajaratnam, Foto: AP

Raj Rajaratnam wird von den Behörden abgeführt - inzwischen ist er gegen eine Kaution von 100 Millionen Dollar wieder auf freiem Fuß. Zumindest vorerst.

(Foto: Foto: AP)

Raj Rajaratnam und fünf andere Spitzenmanager sollen mit verbotenen Aktiengeschäften rund um Konzerne wie IBM und Google rund 20 Millionen Dollar (13,4 Millionen Euro) verdient haben. Dem in Sri Lanka geborene Rajaratnam würden zudem Verbindungen zu einer Rebellengruppe seines Heimatlandes vorgeworfen, berichtete das Wall Street Journal unter Berufung auf Insider. Von Rajaratnam an eine Hilfsorganisation in den USA gespendetes Geld sei letztlich bei der inzwischen zerschlagenen tamilischen Rebellengruppe Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) gelandet. Zahlreiche Staaten führen die LTTE als terroristische Vereinigung, auch die Europäische Union.

Die Überwachungen während der Ermittlungen gegen Rajaratnam und seine mutmaßlichen Komplizen hätten die Fahnder jedoch auch zu anderen verdächtigen Finanzbetrügern geführt, berichtete Bloomberg unter Berufung auf Insider. Weitere Festnahmen seien daher wahrscheinlich. Einige der Verdächtigen hätten Verbindungen zu Rajaratnam. Aber auch unabhängige Fälle seien im Visier der Ermittler.

Gegen Kaution auf freiem Fuß

Das schillernde Schwergewicht Rajaratnam war am Montagmorgen auch Thema Nummer eins der Händler auf dem Weg zur Wall Street. "Festnahme von Hedgefonds-Chef erschüttert Branche", titelte die New York Times. Das Konterfei des schnauzbärtigen Mannes prangte auf allen Blättern. Fahnder hatten den 52-Jährigen kurz vor dem Wochenende in seinem New Yorker Luxus-Appartement festgenommen, angeblich mit einem Flugticket nach London in der Tasche. Mit fünf Top-Managern als Komplizen soll er über illegale Aktiengeschäfte rund 20 Millionen Dollar (13,4 Millionen Euro) ergaunert haben. Rajaratnam streitet alles ab. Gegen 100 Millionen Dollar Kaution ist er auf freiem Fuß.

Der spektakuläre Fall erinnert an den berüchtigten Insiderhändler Ivan Boesky Mitte der 80er Jahre. Der Börsenbetrüger war Vorbild für den von Michael Douglas verkörperten Gordon Gekko im Kinoklassiker "Wall Street" von Oliver Stone.

Mit an der Wall Street unüblichen Methoden der Terrorbekämpfung schlugen FBI und Staatsanwalt diesmal zu. Stundenlang belauschten sie Telefongespräche, werteten Unmengen von Daten zu Aktiengeschäften aus. Der US-Börsenaufsicht SEC käme ein prominenter Erfolg höchst gelegen: Seit ihren schweren Fehlern in der Finanzkrise und im Fall von Rekordbetrüger Bernard Madoff steht sie massiv in der Kritik.

Die Dreistigkeit und Gier der Verdächtigen verblüffte die Beamten: "Du bringst mich ins Gefängnis, wenn Du auspackst", soll die zu den Hauptbeschuldigten zählende Hedgefonds-Managerin Danielle Chiesi gesagt haben. "Ich bin tot, wenn das rauskommt." Top-Manager wie IBM-Vizepräsident Robert Moffat steckten den Hedgefonds laut Staatsanwalt Preet Bharara geheime Informationen über ihre Konzerne illegal zu. Wenn die Kurse von IBM, Intel, Google & Co dann etwa nach Bekanntgabe neuer Quartalszahlen stiegen, verdienten sie kräftig mit. Die Devise laut Bharara: "Hilfst Du mir, helf ich Dir!" Als ein Komplize nicht mehr mitmachen wollte und auspackte, flog alles auf. Nun tauchen reihenweise redewillige Ex-Kollegen auf.

"Ich will gewinnen - jeden Tag"

Der Skandal sei ein "Weckruf" für die ganze Branche, warnte der Staatsanwalt. Das Wall Street Journal interpretierte: "Gemeint ist, dass die Behörden Hedgefonds nun wie die Mafia behandeln." Für viele gehören die in der Finanzkrise bereits massiv gebeutelten Hedgefonds ohnehin längst wie andere Finanzinvestoren zu den "Heuschrecken".

Rajaratnam erwarb sich in den 90er Jahren mit Tech-Aktien ein Vermögen. Der damalige "New Economy"-Boom war eine Hochzeit illegal gehandelter Informationen, bis die Blase spektakulär platzte. Doch Rajaratnam machte mit dem 1997 gegründeten Hedgefonds Galleon Group weiter Gewinne - völlig legal, wie er und die Komplizen unisono über Anwälte verlauten ließen.

Völlig unklar ist bislang, warum ein Milliardär seinen Reichtum für ein paar Millionen mehr aufs Spiel setzt. "Nach einiger Zeit ist Geld nicht mehr die Motivation", sagte Rajaratnam einmal. "Ich will gewinnen - jeden Tag." Nun hat er womöglich alles verloren.

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