Pränataldiagnostik:Was man über den Test auf das Down-Syndrom wissen sollte

Pränataldiagnostik: Um Fehlbildungen des Kindes vor der Geburt zu erkennen, gibt es zahlreiche Tests und Untersuchungen.

Um Fehlbildungen des Kindes vor der Geburt zu erkennen, gibt es zahlreiche Tests und Untersuchungen.

(Foto: Freestocks.org/Unsplash)
  • Der Gemeinsame Bundesausschuss entscheidet über die Erstattung eines Bluttests auf das Down-Syndrom bei Ungeborenen.
  • Der Beschlussentwurf sieht vor, dass Risikoschwangere den Test künftig ab der zwölften Schwangerschaftswoche bezahlt bekommen.
  • Es ist zweifelhaft, ob die Zahl der Abtreibungen durch die Erstattung des Tests zunehmen wird.

Von Kathrin Zinkant

Als der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Anfang 2015 erstmals durchblicken ließ, dass ein einfacher Bluttest auf die sogenannte Trisomie 21 - allgemein bekannt als Down-Syndrom - für schwangere Frauen künftig von der Kasse bezahlt werden könnte, lagen die Nerven blank. Von Diskriminierung war die Rede, manche sprachen gar von einer Ausrottung Behinderter. Über Jahre wurden heftige Debatten um die ethische Tragweite einer solchen Entscheidung geführt. Im März dieses Jahres hat der G-BA seine Beschlussvorlage für die Erstattung durch die Kassen zur Diskussion gestellt, am Donnerstag soll darüber entschieden werden. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum heiklen Thema.

Um was für einen Test handelt es sich?

Das Verfahren, um das es am Donnerstag geht, nennt sich nichtinvasive Pränataldiagnostik. Anstelle einer Probenentnahme von Fruchtwasser oder Plazentagewebe wird der Mutter lediglich Blut abgenommen. In diesem Blut lassen sich Fragmente vom Erbgut des Ungeborenen nachweisen und prüfen. Aus den Ergebnissen der Analyse kann auf eine Trisomie und auf Verteilungsfehler der Geschlechtschromosomen geschlossen werden, die zu schweren Einschränkungen des Kindes nach der Geburt führen. Nachweisbar ist zudem eine sogenannte Mikrodiletion, die ebenfalls zahlreiche Fehlbildungen des Babys verursacht.

Wer kann den Test nutzen?

Jede Schwangere, die über genetische Risiken ihres ungeborenen Kindes Aufklärung wünscht, kann den Test schon jetzt von ihrem Arzt durchführen lassen. Das Blut wird eingeschickt und von den Testherstellern analysiert. Nach vier Tagen erhält der behandelnde Arzt das Ergebnis und teilt es der Schwangeren mit.

Wer bezahlt den Test und was kostet er?

Die Kosten müssen die angehenden Eltern bislang meist selbst tragen, nur wenige Kassen bezahlen den Test im Einzelfall. Der Preis hat sich in den vergangenen Jahren jedoch stark reduziert. Kostete der sogenannte PraenaTest vor sieben Jahren noch 1300 Euro, beträgt der Preis für eine Einfachuntersuchung auf das Down-Syndrom heute 130 Euro. Ein Test auf alle nachweisbaren Chromosomenstörungen kostet beim Erfinder des Tests, Lifecodexx, derzeit knapp 340 Euro.

Ab wann ist der Test einsetzbar?

Die Menge des fötalen Erbguts im Mutterblut reicht derzeit erst ab der siebten Woche nach Einnistung des Embryos in die Gebärmutter für einen Test aus. Das entspricht der neunten Woche nach der letzten Regelblutung, also der neunten Schwangerschaftswoche (SSW). Die Treffsicherheit des Verfahrens nimmt in den darauffolgenden Wochen der Schwangerschaft weiter zu.

Sind weitere Tests nötig?

Der Test gilt als sehr sicher, mehr als 99,9 Prozent der Trisomien 21 werden richtig erkannt. Dennoch kann es durch Fehler während der Blutentnahme, der Behandlung der Proben oder deren Analyse zu falschen Ergebnissen kommen. Nach einem positiven Befund, also dem Nachweis einer Chromosomenstörung, wird deshalb empfohlen, das Ergebnis durch eine invasive Diagnostik abzusichern, also durch eine Fruchtwasseruntersuchung oder eine Chorionzottenbiopsie.

Gibt es Alternativen zum Test?

Pränatale Diagnostik zur Erkennung eines Down-Syndroms oder anderer Fehlbildungen des Fötus wird auch ohne den Test bereits angeboten und im Fall einer Risikoschwangerschaft auch von den Krankenkassen bezahlt. Als Risikoschwangere gelten bislang Frauen ab 35 Jahren, aber auch Schwangere, bei denen es Hinweise auf Fehlbildungen des Ungeborenen gibt oder die schon ein Kind mit Einschränkungen zur Welt gebracht haben. Der sogenannte Triple-Test und einschlägige Ultraschalluntersuchungen wie die Nackentransparenzmessung geben jedoch nur über die Wahrscheinlichkeit Auskunft, ein Kind mit Down-Syndrom zur Welt zu bringen. Eine invasive Diagnostik ist anschließend zwingend nötig, sollte die Schwangere Gewissheit wünschen.

Was steht im Beschlussentwurf des G-BA?

Der Beschluss sieht vor, dass Risikoschwangere den Test auf Kosten der Krankenkassen ab der zwölften Schwangerschaftswoche durchführen lassen können. Dabei betont der Entwurf jedoch, dass ein "statistisch erhöhtes Risiko" der Frau, also ihr Alter, allein nicht ausschlaggebend für eine Erstattung sein kann. Entscheidend sei die "individuelle Situation" der Schwangeren. Die Patientenvertreter haben dem Entwurf hinzugefügt, dass ein Test auf Kosten der Kassen erst ab der zwölften Schwangerschaftswoche erfolgen darf. Das hieße, dass eine Abtreibung nach positivem Befund nicht mehr innerhalb der Fristenlösung möglich wäre, sondern durch eine psychisch extrem belastende Spätabtreibung.

Wird es zu mehr Abtreibungen von Föten mit Down-Syndrom kommen?

Behindertenverbände befürchten dies, allerdings ist eine Antwort auf die Frage spekulativ. Das dichte Netz von Ultraschalluntersuchungen und Testangeboten sorgt längst dafür, dass die meisten Kinder mit Down-Syndrom vor der Geburt erkannt werden. Die Mehrheit der Eltern entscheidet sich nach der Diagnose einer Trisomie 21 zudem schon heute gegen die Geburt des Kindes, in den meisten Fällen ist dafür eine Spätabtreibung und damit eine aktive Tötung des oft mehrere Monate alten Fötus nötig. Der stark erniedrigte Preis des Bluttests ermöglicht es aber immer mehr Frauen und Paaren, eine frühe Diagnose zu erhalten und einen Abbruch vorzunehmen, wie er nach der Fristenregelung mehr als 100 000 Mal im Jahr stattfindet - und zwar gänzlich unabhängig vom Gesundheitszustand des Ungeborenen.

Falls der G-BA den Entwurf beschließt, ist er dann sofort wirksam?

Nein. Das Bundesministerium für Gesundheit muss den Beschlüssen des G-BA zustimmen. Da der G-BA zudem eine Versicherteninformation zur zwingenden Bedingung für die Kassenerstattung des Tests machen will, wird die neue Regelung nicht vor Ende 2020 zu erwarten sein.

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