Pullach:Notruf aus dem Osten

Pullach: Für die Hilfseinsätze in der ukrainischen Partnerregion trägt das ausrangierte Fahrzeug bereits kyrillische Schrift.

Für die Hilfseinsätze in der ukrainischen Partnerregion trägt das ausrangierte Fahrzeug bereits kyrillische Schrift.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Die Gemeinde Pullach bringt zwei Einsatzfahrzeuge in den ukrainischen Partnerkreis Baryschiwka.

Von Michael Morosow, Pullach

Wer hierzulande den Ausbruch eines Brandes meldet, kann sicher sein, dass binnen weniger Minuten eine gut ausgestattete Feuerwehr eintrifft und mit C-Rohren die Flammen bekämpft. Von einer solchen Gewissheit können die Menschen im Kreis Baryschiwka in der Ukraine bislang nur träumen. Gerade wer in einem der bis zu 50 Kilometer von der Stadt Beresan entfernt liegenden Dörfern wohnt, kann sich den Notruf eigentlich sparen, denn bis die Feuerwehr eintrifft, haben die Flammen zumeist schon sein Haus eingeäschert. Nun aber kommt für sie Hilfe auf Rädern: Mittwochnacht machten sich von Pullach aus vier Fahrer mit zwei Fahrzeugen auf den Weg zum circa 1800 Kilometer entfernten Rayon Baryschiwka, mit dem die Gemeinde seit beinahe 30 Jahren eine heute noch ausgesprochen vitale Städtepartnerschaft pflegt.

Die Geschenke für die Freunde in der Ferne sind dabei nicht im Gepäckraum verstaut, die Geschenke sind die Fahrzeuge selbst: ein Tanklöschfahrzeug (TFL), das der Partnerschaftsverein für diesen Zweck von der Taufkirchner Feuerwehr erworben hat, sowie ein gebrauchter umgebauter VW Caddy, in dem Gehbehinderte mitsamt Rollstühlen transportiert werden können.

Die Bürgermeisterin kann nicht mitfahren

Dieses Mal hatte Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund keine Zeit, die Helfer zu begleiten, wie sie es schon öfters getan hat, so etwa 2014, als sie zusammen mit dem Vorsitzenden des Partnerschaftsvereins, Otto Horak, einen kompletten Krankenwagen nach Baryschiwka fuhr. Stattdessen machten sich drei Feuerwehrler mit Horak auf den 20-stündigen Weg: Richard Wesche, Peter Wolff und der stellvertretende Kommandant Thomas Maranelli.

Wie eng die Freundschaft inzwischen gediehen ist, zeigte sich eindrucksvoll Stunden vor der Abreise bei einer kleinen Zusammenkunft auf dem Hof der Feuerwehr: Dort stimmten ukrainische Jugendliche, die für eine Woche bei Gastfamilien in der Isartalgemeinde weilten, die Nationalhymne ihres Landes an. Zusammen mit Pullachs Bürgermeisterin spannten sie die gelb-blaue Landesflagge auf das Löschfahrzeug. Dieses kommt für die Partner in der Ukraine wie gerufen, wollen diese doch neben einer Berufsfeuerwehr auch eine Freiwillige Feuerwehr aufbauen, die auch weiter draußen in der Region Einsätze fahren soll. Der Caddy dagegen ist ein wichtiges Detail bei der Neuorganisation der medizinischen Versorgung in Baryschiwka.

Der Verwendungszweck steht dabei schon auf Kyrillisch in Folienschrift auf dem Fahrzeug: "Arzt zum Patienten". Bisher gab es keine Hausärzte in den Dörfern, nunmehr bekommen die Menschen medizinische Hilfe in dezentralen "Laboratorien", die rund um die Uhr mit Krankenschwestern besetzt sind und zwei, drei Mal in der Woche auch mit einem Arzt. Im Bedarfsfall können nun Patienten mit dem Caddy ins Krankenhaus gebracht werden.

Zwei weitere Hilfsprojekte

Von Pullach aus laufen derzeit aber auch zwei weitere Hilfsprojekte, die zu 80 Prozent staatlich gefördert werden: So etwa wird seit fünf Wochen ein Altenheim mit Solarenergie versorgt, das Wasser muss nicht mehr mit Strom erhitzt werden, was bislang ein ökologischer Wahnsinn gewesen sei, wie Projektleiter Michael Heisel sagt. Und auch ein dreiteiliges, seit 2018 laufendes Ärzteprojekt wurde auf die Beine gestellt, organisiert von Barbara Kammerer-Fischer.

So durften ukrainische Ärzte eine Zeit lang in Münchner Krankenhäusern mitarbeiten, hielten hiesige Fachleute Vorträge in der Ukraine und wird im Oktober eine Delegation aus Ärzten, Professoren und Verwaltungsfachleuten aus der Partnerstadt zu einem Expertengespräch nach Pullach kommen.

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