Gesellschaft:Gesang zum Zwischengang

Mirjam Mesak Bühnendinner

Umfassende, emotionale Wahrheit und eine strahlende Stimme: Sängerin Mirjam Mezak war der Star des Abends.

(Foto: Wilfried Hösl)

Mit ihrem Bühnen-Dinner finanziert die Bayerische Staatsoper das Campus-Programm

Von Egbert Tholl

Das Bühnen-Dinner der Bayerischen Staatsoper ist das, was man, will man diese Formulierung verwenden, als klassische Win-Win-Situation bezeichnen kann. 500 Gäste sitzen auf der Bühne des Nationaltheaters an schön gedeckten Tischen, schauen fasziniert in den effektvoll beleuchteten Zuschauerraum, kriegen etwas Feines zum Essen und Schönes zum Sehen und Hören von Mitgliedern der Staatsoper, des Staatsorchesters und des Staatsballetts. Das ist die eine Seite der Gewinner. Die andere ist die Staatsoper selbst, denn die nimmt an diesem Abend 300 000 Euro Reingewinn ein, der ihrem Campus-Programm zugute kommt. Intendant Nikolaus Bachler: "Deswegen machen wir's ja."

Will man doch recht viele Menschen dazu animieren, so viel Geld für ein warmes Abendessen auszugeben, dann muss man ihnen natürlich auch etwas bieten. Bei vergleichbaren, kleineren Anlässen sind die Gäste schon zufrieden, mit einem Star wie Anna Netrebko in einem Raum zu sitzen. Hier muss es mehr sein. Und man kriegt viel, sehr viel.

Zum Auftakt quirlige Ensemblenummern von den Mitgliedern und Mitgliederinnen des Opernstudios, Rossini, Offenbach, "Die Reise nach Reims" oder "Pericole", begleitet von Michael Pandya am Klavier - ein musikalischer Fasching erster Güte. Danach stürzen sich die Kameras auf einen anwesenden "Tatort"-Kommissar, es gibt rohen Fisch, kaum ist der weg, öffnet sich die Seitenbühne. Dort sitzt in einem Konzertzimmer das Staatsorchester, gerade in der Umfrage der Zeitschrift "Opernwelt" zum Orchester des Jahres gekürt, wie fast jedes Jahr, seit Kirill Petrenko in München ist.

An diesem Abend aber leitet es Jader Bignamini, während Simon Keenlyside eine große Szene aus Leoncavallos "Bajazzo" singt, nein spielt, mitten auf der Bühne. Keenlyside ist ja ein kompromissloser Entertainer, was er später am Abend auch mit Cole Porter ("Night and Day") unter Beweis stellen wird. Den Tenor-Part des Abends übernimmt Charles Castronovo, der sich erst mit Macht durch Bizets "Carmen" ackert und später mit Mirjam Mesak "Tonight" aus der "West Side Story" singen wird.

Mezak selbst ist der Star des Abends. Seit einem Jahr ist sie Mitglied des Opernstudios, sie war die Iolanta im Cuvillièstheater und zeigt nun, dass sie auch in einem Rahmen, in dem es um kaum mehr gehen kann als musikalische Unterhaltung auf hohem Niveau, jene Eigenschaften ausspielen kann, mit denen sie in Tschaikowskis Oper so sehr berührte. Wie ganz wenige Sängerinnen besitzt sie eine umfassende emotionale Wahrheit. Nie ist das Strahlen ihrer Stimme unbekümmert, stets sind da auch Skepsis, Sehnsucht, die Ahnung eines Wehs. Eine ganz wundervolle Künstlerin.

Antonia McAuley und Dmitrii Vyskubenko tanzen ein schmachtendes Duett, drei Artisten - die sind wohl nicht von der Staatsoper - zeigen lustige Kletterkunststücke. Und irgendwann, so gegen Mitternacht, macht sich das rüstige Opernpublikum auf zur Tanzfläche. Ein schöner Abend. 300 000 Euro.

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