Ein besonderes Wochenende in Glonn:Spirit, Herzblut, Leidenschaft

Beim "Alpenspektakel" in Gut Sonnenhausen dominieren gute Laune und Können - bei Kulinarik und Kultur

Von Michaela Pelz, Glonn

Sehen kann man ihn zwar nicht, fühlen aber allemal - den besonderen "Spirit", von dem Team und Gäste übereinstimmend sagen, dass er exemplarisch sei für das Wesen von Gut Sonnenhausen. Ziemlich sicher sitzt er an diesem Bilderbuchwetter-Samstag als kleiner "Gute-Laune-Geist" auf der Schulter all jener Frauen und Männer, die sich auf den Ansturm der Besucher in der Mitte des dreitägigen "Alpenspektakels" vorbereiten. Ihre Freundlichkeit und der Enthusiasmus, mit dem sie Kurse abhalten, durchs Gelände führen oder die Anwesenden bewirten, wird sie auch dann nicht verlassen, als sich herausstellt, dass leider doch nicht so viele Menschen wie im Vorjahr den Weg ins Glonner Umland finden - und das, obwohl sogar ein kostenloser Bus-Shuttle-Service ab Grafing-Bahnhof zur Verfügung steht.

Dennoch sind die Brot-, Butter- und Aufstrich-Workshops ausgesprochen gut besucht. Aufmerksam lauscht etwa Silvia Schäfer, die schon ihre Hochzeit auf Gut Sonnenhausen gefeiert hat, den Ausführungen von Kalle Dostler. Wie Workshopkoordinator Sebastian Funk macht er den Kurs nur nebenberuflich, denn er brennt fürs Backen. Nachdem der gelernte Konditor Schürzen verteilt hat, gibt er in alle Teigschüsseln ein wenig "Rocco". Seine Sauerteig-Starterkultur ("du hebst sie auf, fütterst und liebst sie!") heißt so in Anlehnung an den Backstubenleiter, von dem er sie hat. Während der Teig nun erst einmal ruht, wird der große Lehmofen eingeheizt, den Georg Schweisfurth und sein Team unter Anleitung von Bernhard Gruber, Leiter des Welser Waldgarten-Instituts, in dreitägiger Arbeit gebaut haben. Im Ofen muss das Holz mehrere Stunden brennen, bevor man darin erst Focaccia, dann Brot und später Fleisch, feuchte Kuchen, sowie am Ende - mit der Restwärme über Nacht - Dörrobst zubereiten kann.

Feuer an sich hat eine große Bedeutung für das Gut: Im Sommer 2016 fiel ein großer Teil des Bauernhauses einem Brand zum Opfer, "von 180 Feuerwehrlern zum Glück genau dort gestoppt, wo die Wandmalerei des Heiligen Florians den Übergang vom Stall- zum Wohntrakt markierte", wie Alexandra Baeten erzählt. Bei der Renovierung, so die Leiterin von Gastronomie, Verkauf und Marketing, wurde im neuen Farmer's Club bewusst neben dem Gastraum eine Feuerküche eingebaut.

Dort hängt mittlerweile über der offenen Flamme ein großer emaillierter Eisentopf, in dem Ernährungsberaterin Lavinia Pfeiffer ein Apfel-Birnen-Gemisch köcheln lässt. Die "gute Freundin des Hauses" wird das köstliche Mus später mit dem von Landwirtschaftsmeisterin Christiane Daxenbichler hergestellten Topfen vermischen. Die im selben Workshop entstanden Sauerrahmbutter schmeckt köstlich auf dem Fladenbrot, das der Syrer Mesab Taraani mit Unterstützung von Tochter Shahed gebacken hat. Und noch ist kein Ende mit den Kursen: Sebastian Funk zeigt, wie man "Felsen-" und "Wiesen-" Butter macht - inklusive einer Einführung in die Kräuterkunde. Klar, dass danach die Küchengarten-Führung von Sina Burckhardt großen Anklang findet. Die studierte Gartenbauingenieurin ist zusammen mit Kollegin Ayla Bog für die Pflanzen zuständig und erläutert zwischen Physalis und Spargel geduldig, was wo wächst. Großes Interesse an diesen Ausführungen zeigt auch die 13-köpfige Gruppe der Offenen Behindertenarbeit aus Markt Schwaben, die später noch begeistert mit dem Herrmannsdorfer Bäcker Michael Korbmann Brezn drehen wird. Senior Karl Ludwig Schweisfurth genießt den Trubel. Er freut sich an dem, was "die jungen Leute" so machen, und erinnert sich lachend an die Zeit vor 35 Jahren, als alle sagten, er habe einen Vogel. Dennoch wurde er nicht müde, vom Respekt vor der Würde der Tiere zu sprechen. Der aktuelle Bewusstseinswandel gibt ihm Recht.

Ein besonderes Wochenende in Glonn: Senior Karl Ludwig Schweisfurth und Kirsten Walter genießen den Trubel, auch wenn nicht ganz so viel los ist wie im Vorjahr.

Senior Karl Ludwig Schweisfurth und Kirsten Walter genießen den Trubel, auch wenn nicht ganz so viel los ist wie im Vorjahr.

(Foto: Christian Endt)

Derweil stärken sich große und kleine Gäste unter den Sonnenschirmen auf den zahlreichen Freiflächen des Guts mit Kaffee und Kuchen oder im Kochstall mit Gulasch-Suppe und Schweinsbräu, begleitet von den, immer wieder an unterschiedlichen Orten stattfindenden "Spinnereien aus Tirol" von Christian Wegscheider am Akkordeon und Helmut Sprenger an der Klarinette.

Dieser musikalische Auftakt stimmt die Zuhörerinnen und Zuhörer bestens ein auf das, was sie am Nachmittag und Abend erwartet. Im gut gefüllten Kapellsaal verblüffen RaaDie (Lorenz Raab und Christof Dienz) mit der mal sphärisch-verheißungsvollen, mal spannungsreich-dissonanten Symbiose von E-Zither und Trompete. Gekonnt bringt letztere Erlösung, wenn sich erstere mit nervenzerfetzendem Rhythmus ins Gehirn gefräst hat. So begeistert ist das Publikum, dass die Teilnehmer des anschließenden Workshops zwar mit Mundharmonika und Alphorn selbst aktiv werden, dann aber übereinstimmend lieber noch weiter zuhören wollen.

Zur selben Zeit findet der Soundcheck von Buffzack statt. Die vier - zwei Allgäuer, ein Ulmer und ein Rosenheimer - verstehen sich "ohne Dolmetscher", wie Florian Mayrhofer lachend bekräftigt, bevor er zur zwölf Kilo schweren Tuba greift. Dass das auch auf das Zusammenspiel mit Andreas Unterreiner, Lukas Jochner und Sebastian Wolfgruber zutrifft, kann man sich bei, mal jazzig angehauchten, mal traditionellen Klängen überzeugen. Hört man die langsamen Stücke, möchte man sofort das Feuerzeug hervorholen. Bevor sie aber ihr gelungenes Konzert abliefern, spielt sich Mario Batkovic mit Wucht in die Herzen der Anwesenden. Wie er sein Akkordeon erst mit vollem Körpereinsatz malträtiert, um ihm dann melancholisch-melodische Klänge zu entlocken, ist unfassbar. Und so witzig der Berner mit bosnischen Wurzeln in seinen Zwischenmoderationen ist, so deutlich macht er den heiligen Ernst, mit dem er seiner Musik begegnet.

Kein Wunder also, dass die Erlangerin Carine Grüninger, nach ihren persönlichen Highlights befragt, zu Protokoll gibt: "Für mich, ohne Vorerfahrung mit ,Alpenmusik', waren Manu Delago und Mario Batkovic richtige Offenbarungen." Zusammen mit Ehemann Tobias, der das Backen am besten fand, hat sie sich ein ganzes Wochenende auf dem Gut gegönnt und daher auch am Sonntag das Trio Folksmilch genossen. "Es hat uns mit seinen humorvollen Neuinterpretationen bekannter Hits eine sehr unterhaltsame Zeit bereitet!"

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