Bayern:Personalprobleme bei den Freiwilligen Feuerwehren

Tag der offenen Tür bei der FFW Starnberg

Übungen und Lehrgänge fordern die Einsatzkräfte, sagt Johann Eitzenberger, Vorsitzender des Landesfeuerwehrverbands.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)
  • Rund 7800 Feuerwehren mit mehr als 326 000 aktiven Feuerwehrleuten gibt es in Bayern, dazu eine halbe Million passiver Mitglieder in den jeweiligen Vereinen.
  • Doch immer häufiger pendeln die Ehrenamtlichen zur Arbeit und stehen für Tageinsätze nicht zur Verfügung.
  • Auch die Feuerwehren spüren den Trend, dass sich viele Menschen nicht mehr langfristig an eine Aufgabe oder eine Organisation binden wollen.

Von Matthias Köpf, Garmisch-Partenkirchen

Bald ist Johann Eitzenberger selbst ein Beispiel für das Problem. Momentan sind es von seinem Arbeitsplatz im Rathaus von Garmisch-Partenkirchen über die Ludwigstraße und dann links in die Münchner Straße zum Gerätehaus der Partenkirchner Feuerwehr etwa 600 Meter. Wenn sein Piepser geht, was im Schnitt ungefähr einmal in der Woche passiert, ist der 53-Jährige schnell zur Stelle.

Doch spätestens von Januar an, wenn Eitzenberger nicht mehr Geschäftsleiter im Rathaus ist, sondern auch im Hauptberuf Vorsitzender des Landesfeuerwehrverbands, werden es vom Verbandsbüro in Unterschleißheim bis ins Feuerwehrhaus mehr als 100 Kilometer sein. In weniger als eineinhalb Stunden ist das kaum zu schaffen. Die Freiwillige Feuerwehr Partenkirchen wird wieder einen Aktiven weniger haben, der nicht zum Arbeiten irgendwohin pendelt und auch tagsüber für Einsätze zur Verfügung steht.

Die sogenannte Tagesalarmsicherheit ist für Bayerns Feuerwehren "das zentrale Thema, das uns immer beschäftigt", sagt Eitzenberger. Der Garmischer Kreisbrandrat ist gerade auf der Landesversammlung in Dingolfing zum neuen Vorsitzenden des Landesfeuerwehrverbands gewählt worden ist. Als Nachfolger des nach 16 Jahren altersbedingt aus dem Amt scheidenden Alfons Weinzierl ist dessen bisheriger Stellvertreter Eitzenberger nun oberster Repräsentant von rund 7800 bayerischen Feuerwehren mit mehr als 326 000 aktiven Feuerwehrleuten plus einer halben Million passiver Mitglieder in den jeweiligen Vereinen.

Zum Vergleich: Im Bayerischen Fußballverband sind rund 4600 Vereine mit knapp 1,6 Millionen Mitgliedern organisiert. Die Mitglieder- und Aktivenzahlen bei den Feuerwehren sind zuletzt ungefähr gleich geblieben, und trotz gleichzeitig wachsender Bevölkerung in Bayern sieht Johann Eitzenberger es schon als Erfolg an, dass sie nicht gesunken sind. Denn auch die Feuerwehren spüren den oft beklagten Trend, dass sich viele Menschen durchaus engagieren, aber sich dafür nicht mehr langfristig an eine Aufgabe oder eine Organisation binden wollen. Doch mit punktuellem Engagement ist es bei der Feuerwehr nicht getan. Schon all die dauernden Übungen und Lehrgänge erfordern viel Zeit und einiges Durchhaltevermögen.

Der Ernstfall ist ohnehin nicht planbar, erinnert Eitzenberger: "Wir wissen nicht, wann der Piepser geht und wir von einer Sekunde auf die andere ausrücken müssen und was uns dann erwartet." Im Schnitt alle zweieinhalb Minuten werde irgendwo in Bayern eine Feuerwehr alarmiert, sei es zu einer brennenden Mülltonne oder zu einem Autounfall, wie es sie immer häufiger gebe. Oder ein ganzer Löschzug rast zu einem dieser Fehlalarme durch falsch eingestellte oder fahrlässig ausgelöste Brandmeldeanlagen. Diese Anlagen werden immer mehr, und auch die Fehlalarme nehmen laut Eitzenberger langsam überhand und gehen den Aktiven inzwischen deutlich an die Motivation. So gibt es kleinere Feuerwehren, die weitaus die meisten ihrer Einsätze in immer den gleichen Betrieb am Ort fahren, weil dort der Brandmelder spinnt. Wenn sie hören, dass es wieder dorthin geht, haben sie es nicht mehr ganz so eilig - nur wehe, wenn es wirklich brennt.

Bayern: Johann Eitzenberger ist oberster Repräsentant von rund 7800 bayerischen Feuerwehren mit mehr als 326.000 aktiven Feuerwehrleuten.

Johann Eitzenberger ist oberster Repräsentant von rund 7800 bayerischen Feuerwehren mit mehr als 326.000 aktiven Feuerwehrleuten.

(Foto: oh)

Doch auch ohne Fehlalarme werden die Einsätze immer zahlreicher, und wie andere Einsatzkräfte auch mussten sich manche Feuerwehrleute schon beschimpfen lassen, wenn sie irgendwo eine Straße gesperrt, den Verkehr umgeleitet oder Gaffern die Sicht verdeckt haben. Versicherungen versuchen, die Rechnungen für aus ihrer Sicht überzogene oder gänzlich überflüssige Hilfsdienste der Feuerwehren zusammenzustreichen, sodass am Ende die jeweiligen Gemeinden auf den Kosten sitzen bleiben. Die Städte und Gemeinden sind auch für die Ausstattung ihrer Wehren zuständig, und viele Räte geben sich da gern großzügig, denn 7800 Feuerwehren in 25 Städten und 2031 Gemeinden haben lokalpolitisch einiges Gewicht.

Zugleich muss sich auch Johann Eitzenberger als neuer Verbandsvorsitzender der Frage stellen, ob es nicht zu viele kleine Feuerwehren gibt, die sich hart an der untersten Grenze von 27 Aktiven bewegen und eben nicht sicherstellen können, dass sie zu jeder Tageszeit eine komplette Löschgruppe aus neun Leuten in den Einsatz schicken können - schon gar nicht innerhalb der zehn Minuten, in denen in Bayern die Feuerwehr jeden an einer Straße gelegenen Einsatzort spätestens erreicht haben soll. Doch Feuerwehrfusionen sind ein diplomatischer Drahtseilakt, oft spielen alte lokale Rivalitäten mit. "Wo das im guten Miteinander geht", da könne eine Fusion aber "eine Lösung für die Zukunft sein".

Noch viel Zeit, Geduld und Beharrlichkeit wird Eitzenberger nach eigener Einschätzung auch für ein Vorhaben brauchen, den bayerischen Feuerwehrleuten eine Anerkennung zu verschaffen, "die monetär bewertbar ist". Den einzelnen Feuerwehrlern gehe es nicht ums Geld, beteuert der Verbandsvorsitzende, und bei allem Ärger bekomme man für sein Engagement auch viel an Wertschätzung zurück. Doch darüber hinaus solle "ehrenamtlicher Einsatz in einem sicherheitsrelevanten Bereich" wie bei der Feuerwehr aus seiner Sicht auch finanziell honoriert werden. So könnte die Dienstzeit in der Feuerwehr bei der Rentenberechnung berücksichtigt werden, ähnlich wie die Erziehungszeit bei Eltern - ein Thema, das der Feuerwehrverband bundesweit verfolgen müsse. Auf Landesebene kann sich Eitzenberger eine aus öffentlichen Quellen gespeiste kleine Zusatzrente für Feuerwehrleute vorstellen, wie es sie etwa in Thüringen gibt.

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