Pleite von Thomas Cook:Staatshilfen für Condor sind sinnvoll

Flughafen München

Condor gilt als gesundes Unternehmen, das nicht aus eigener wirtschaftlicher Schwäche in Schwierigkeiten geraten ist, sondern durch die Pleite seines Mutterkonzerns Thomas Cook.

(Foto: dpa)

Die Bundesregierung will für den Klimaschutz Flugtickets verteuern, nun aber ausgerechnet eine Ferienfluggesellschaft mit Staatshilfe retten. Verkehrt ist das nicht.

Kommentar von Hendrik Munsberg

Deutsche Spitzenpolitiker, das sollte die kritische Öffentlichkeit gelegentlich anerkennen, werden von den Zeitläuften mitunter hart auf die Probe gestellt. Ende voriger Woche hatten die Berliner Koalitionäre ein Klimapaket zu schnüren, das staatlich verteuerte Flugticketpreise vorsieht, um den umweltschädlichen Luftverkehr wenigstens ein bisschen einzudämmen. Prompt hagelte es unisono Kritik wegen Mutlosigkeit. Nur wenige Tage später erreicht die Politik der Notruf, ausgerechnet eine Ferienfluggesellschaft, das Traditionsunternehmen Condor, vor dem Aus zu bewahren. Plötzlich gilt es, Zehntausende gestrandete deutsche Urlauber aus ihren verkorksten Ferien zurückzuholen und fast 5000 Arbeitsplätze bei Condor zu retten.

Leicht ist es jedenfalls nicht, allen Ansprüchen und dabei sogar dem Rigorismus zu genügen, den die jetzt mit dem Alternativen Nobelpreis geadelte 16-jährige Greta Thunberg gerade vor den Vereinten Nationen in New York gefordert hat.

Trotzdem hat CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier nun mit gut vertretbaren Gründen angekündigt, der Staat werde Condor finanziell helfen, damit die Fluglinie dem Pleitestrudel ihrer insolventen Mutter Thomas Cook entrinnen kann. Condor soll von der staatlichen Förderbank KfW einen Kredit über 380 Millionen Euro bekommen, der Bund und das Land Hessen sollen dafür jeweils zur Hälfte Garantien geben. Noch fehlt die Zustimmung der EU. Altmaier betont deshalb, Condor habe "eine Perspektive", zudem gebe es eine sehr hohe Chance, dass der Steuerzahler das Geld zurückbekomme.

Tatsächlich gilt Condor als gesundes Unternehmen, das nicht aus eigener wirtschaftlicher Schwäche in Schwierigkeiten geraten ist, sondern durch die Pleite seines Mutterkonzerns Thomas Cook. Rasches Handeln der Bundesregierung ist deshalb geboten. Andernfalls könnte das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit der deutschen Fluggesellschaft irreparablen Schaden nehmen. Wichtig ist aber auch, dass Condor ein Schutzschirmverfahren beantragt hat, das die Firma vor weiterem finanziellen Zugriff des Thomas-Cook-Konzerns bewahrt, sonst flösse staatlich garantiertes Geld in ein Fass ohne Boden. So aber gewinnt Condor Zeit, einen Investor zu suchen.

Für die Bewertung des Falls Condor gibt es einen naheliegenden Maßstab: die Pleite der Fluggesellschaft Air Berlin. Auch diese erhielt 2017 mit Hilfe des Bundes einen KfW-Kredit von 150 Millionen Euro, nicht mal die Hälfte dessen, was Condor bekommen soll. Allerdings sind beide Firmen nur sehr begrenzt vergleichbar. Anders als Condor war die Air Berlin ökonomisch gescheitert, aufgerieben zwischen Billigfliegern und Fluggesellschaften wie der Lufthansa. Die Politik wollte Air Berlin damals am Leben halten, um ihren Verkauf zu erleichtern. Genützt hat das wenig, die Firma wurde zerschlagen, das Gros ihrer Maschinen landete bei der Lufthansa. Immerhin hat die insolvente Air Berlin ihren Kredit zurückgezahlt, wie ihr Insolvenzverwalter mitteilte, Darlehenszinsen stehen aber noch aus.

Die klare Linie der EU bewahrt die Bundesregierung vor teuren Fehlern

Die Beispiele Condor und Air Berlin zeigen aber auch, welch heilsamen Einfluss das europäische Wettbewerbsrecht auf die deutsche Politik hat. Brüssel will verhindern, dass Staaten durch Beihilfen heimischen Firmen unbillige Vorteile im europäischen Wettbewerb verschaffen. Das wird die EU-Kommission auch bei Condor gründlich prüfen. Die deutsche Politik bewahrt das vor einem Fehler. Sie darf maroden Firmen nicht helfen, bloß um öffentlichkeitswirksam Arbeitsplätze zu retten, die kurze Zeit später trotzdem wieder in Gefahr sein können. Genau aus diesem Grund muss die Bundesregierung - anders als im Falle der deutschen Fluglinie Condor - einen Überbrückungskredit für die deutsche Tourismus-Tochter von Thomas Cook, zu der auch Neckermann Reisen zählt, entschieden ablehnen. Deren Geschäftsmodell kann als ebenso gescheitert gelten, wie das des Mutterkonzerns.

Die Berliner Koalitionäre sollte aber auch den Ratschlag von Achim Wambach, dem Chef der Monopolkommission, prüfen: Der empfiehlt dem Staat, die Absicherung für Reisende erheblich zu verbessern, denkbar wäre ein kollektives Schutzsystem, orientiert an der Einlagensicherung im Bankensektor. Auf diese Weise könnten Notwendigkeit und Neigung zu staatlichen Rettungseinsätzen auch im Luftverkehr gemindert werden.

Zur SZ-Startseite
British Tourism In Benidorm

Thomas Cook
:Albtraum Urlaub

Auch die hiesige Tourismus-Tochter von Thomas Cook meldet Insolvenz an. Was Reisende jetzt tun können.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: