Klimapaket II:Steinmeier: Politische Prozesse nicht abtun

Der Bundespräsident hat vor dem Hintergrund heftiger Kritik am Klimapaket mehr Verständnis für politische Prozesse angemahnt. Aus seiner Sicht überzogene Kritik, auch aus der Wissenschaft, wies er zurück.

Von Nico Fried, Berlin

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat vor dem Hintergrund heftiger Kritik am Klimapaket der Bundesregierung mehr Verständnis für politische Prozesse angemahnt. In einer Rede vor der Allianz der Wissenschaftsorganisationen in Berlin nahm Steinmeier zwar die Beschlüsse der großen Koalition nicht ausdrücklich in Schutz. Er wies aber aus seiner Sicht überzogene Kritik auch aus der Wissenschaft zurück. "Demokratie funktioniert nicht wie Wissenschaft", sagte Steinmeier laut verbreitetem Redemanuskript. Die Politik in der Demokratie folge eigenen Regeln, solle deshalb aber nicht "als prinzipiell entscheidungsunfähig oder gar störend abgetan werden", so der Bundespräsident.

Steinmeier warb für ein besseres Miteinander von Politik und Wissenschaft, stellte aber auch die Unterschiede heraus: "Wissenschaft ist ihrem Wesen nach zuallererst erkenntnisorientiert - Politik ihrem Wesen nach handlungsorientiert", so der Bundespräsident. Demokratie brauche Wissenschaft, so Steinmeier, "unbedingt sogar". Aber Demokratie brauche auch vieles andere mehr: "das Abwägen von Sichtweisen und Prioritäten, den Ausgleich von Interessen, das Werben um Mehrheiten, das Ringen um Kompromisse, die Verantwortung für Menschen und Familien, die Sorge um die, die auf der Straße des Fortschritts zurückbleiben". Gerade die Klimapolitik sei "umso wirksamer, je mehr Menschen die Chance haben, mitzutun und mitzuziehen", sagte Steinmeier.

Der Bundespräsident deutete an, dass er weitergehende Maßnahmen der Regierung gegen den Klimawandel für möglich gehalten hätte: "Politik muss die Spielräume nutzen, die gerade zurzeit von der Zivilgesellschaft eröffnet werden", sagte er offenbar mit Blick auf die Protestwelle gegen den bisherigen Klimaschutz und das wachsende Bewusstsein in der Bevölkerung. "Politik soll treiben - und nicht getrieben sein, wie es beim Klimawandel allzu oft den Anschein hat." Sie dürfe nicht "den einfachen Weg gehen, den Weg des kleinsten gemeinsamen Nenners, des geringsten Widerstandes", so Steinmeier.

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