Klosterkirche Schlehdorf:Großbaustelle Sankt Tertulin

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Die Gemälde in der Klosterkirche werden jetzt saniert. (Foto: Manfred_Neubauer)

Das Gotteshaus wird seit Jahren restauriert. Derzeit sind Stuckaturen und Gemälde in Bearbeitung. Das Gebäude sollte ursprünglich mit einem Turm dem Kloster Benediktbeuern Konkurrenz machen - nicht nur das scheiterte

Von Petra Schneider, Schlehdorf

Seit mehr als fünf Jahren ist die Schlehdorfer Klosterkirche Sankt Tertulin geschlossen. Der Innenraum gleicht einer Großbaustelle: Deckenhohe Gerüste bilden ein raumfüllendes Netz; Bänke, Beichtstühle, Taufbecken und Altar sind ausgeräumt. Lange prägten Gerüste an der Westfassade die Außenansicht der Kirche mit den beiden Türmen. Seit Kurzem ist die Hauptfassade, die nach den historischen Vorgaben in "Benediktbeurer Grün" eingefasst ist, wieder unverstellt zu sehen.

Peter Aumann vom Staatlichen Bauamt Weilheim hat ein Auge auf die Arbeiten. (Foto: Manfred Neubauer)

Am Dach, das teilweise neu eingedeckt ist, wurden erhebliche, statische Mängel beseitigt. Auch innen wird fleißig gearbeitet: Die Raumschale im Gewölbebereich ist fertig, die Arbeiten an den Zierrahmen der Fresken werden in Kürze abgeschlossen, ebenso die Fenster auf der Nordseite. Seit September wird die künstlerische Ausstattung - Stuckmarmor, Naturstein, Gemälde - restauriert. Auch die Technik wird erneuert, ein Beleuchtungskonzept und Bankheizungen sind geplant. Die Generalsanierung ist ein Mammutprojekt, "das uns seit Jahren beschäftigt", wie Peter Aumann vom Staatlichen Bauamt Weilheim beim Rundgang sagt. Eine Wiedereröffnung für die Öffentlichkeit sei aber absehbar: Angestrebt werde Sommer 2021.

Innen werden jetzt die künstlerischen Ausgestaltungen wie Stuckarbeiten und Gemälde restauriert. (Foto: Manfred Neubauer)

Trotz der jahrelangen Schließung müssen die Gläubigen nicht auf Gottesdienste in Schlehdorf verzichten. Messen finden in der Kapelle im Klostertrakt statt. Seit der Säkularisation im Jahr 1803 ist die Klosterkirche im Eigentum des Staates. Für die Sanierung ist deshalb das Staatliche Bauamt Weilheim zuständig.

Keine feste Burg

Die laufende Renovierung ist nicht die erste, denn der im Jahr 1726 begonnene Bau ist keine feste Burg. Grund ist eine weitreichende Umgestaltung, die bereits in der Anfangsphase vorgenommen wurde: In der ursprünglichen Planung sollte die Schaufassade auf der Ostseite entstehen. Ein mächtiger Turm, der weit über das Moor sichtbar sein sollte, war als Konkurrenz zum älteren Kloster in Benediktbeuern gedacht. Der Turm stürzte bereits 1728 ein, erst ab 1773 wurde der Bau weitergeführt. Allerdings nach geänderten Plänen, auf welche die Ausrichtung nach Westen und die Doppelturmfassade zurückgehen. In Folge dessen wurde das Satteldach zu einem Walmdach umgebaut.

Außen ist die Kirche wieder hui: Die Fassade ist nach historischen Vorgaben in "Benediktbeurer Grün" gefasst. (Foto: Manfred Neubauer)

"Aus technischer Sicht zeugt die Umgestaltung nicht von besonderer Handwerkskunst", sagt Aumann. Die Kirche sei instabil, weil sie sehr schmal und hoch sei und keine Seitenschiffe habe. 45 Meter lang und gut 18 Meter hoch ist das Kirchenschiff. Der felsige Untergrund tut ein Übriges: Die Kirche stehe nicht fest, sondern "rutscht ein bisschen". Und ein Walmdach sei "immer schwierig", sagt Aumann. Das zeigten die "deutlichen Verformungen" im Bereich des Westwalmes. Bei historischen Gebäuden gelte eigentlich: Der Dachstuhl hält die Mauer. "Das hat hier nicht funktioniert", sagt Aumann.

Um die Gewölbekonstruktion oberhalb der Empore zu sichern, wurde ein Stahlbetonbogen eingebaut, Stahlseile sollen das Gebäude stabilisieren. Trotz aller statischen Maßnahmen müsse die Kirche auch künftig überwacht werden; kontinuierliche Messungen an der Portalfassade zeichnen kleinste Verformungen auf.

Die spätbarocke Konstruktion, deren Bau mangels Geld jahrzehntelang unterbrochen wurde, besitzt eine klassizistische Ausstattung. Die Deckenbilder und Fresken stammen aus der Zeit um 1780. Bei der aktuellen Restaurierung werden die Bilder vorgemalt und in Rastern auf die Decke übertragen. Im Unterschied zu früheren Retuschen, die flächiger waren, will man sich durch feine Pinseltechnik den Originalen stärker annähern. Die Finanzierung der umfangreichen Maßnahmen sei geklärt, sagt Benjamin Kleineberg, Abteilungsleiter im Staatlichen Bauamt. 7,5 Millionen Euro zahlt der Freistaat, die Kirche beteiligt sich pauschal mit einer Million.

Die Schwestern wollen verkaufen

Mit der Sanierung einher geht die Frage nach der Zukunft des Klosters. Der Wohntrakt steht leer; die letzten Missions-Dominikanerinnen sind im vergangenen Jahr in Alterswohnungen umgezogen. Vorübergehend betreibt die Wohnungsgenossenschaft Wogeno dort ein "Cohaus" und vermietet Räume an Seminarteilnehmer, Feriengäste und Künstler. Seit Kurzem gibt es in einem Teilbereich eine Co-Working-Area. Eigentümerinnen des denkmalgeschützten Wohnbereichs sind die Schwestern, die den Trakt verkaufen wollen. Die Wogeno will im Oktober über einen möglichen Kauf entscheiden.

Der Fortbestand der ehemaligen Mädchenrealschule, die vor einigen Jahren wegen sinkender Schülerzahlen in Bedrängnis geraten ist, sei nach der Öffnung für Buben gesichert, so Kleineberg.

Beim Tag des offenen Klosters am Samstag, 28. September, kann man sich ein Bild von den Veränderungen am Kloster Schlehdorf machen. Um 14 Uhr startet eine Führung, von 15 Uhr an stellt die Wohnungsgenossenschaft Wogeno ihre Pläne zur Nachnutzung vor

© SZ vom 27.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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