Thalkirchen:So könnten die Verkehrsprobleme rund um den Tierpark gelöst werden

Weltweit sind Standseilbahnen wie hier an der Station Ocean Park in Hongkong im Einsatz.

Bewährtes Transportmittel: Weltweit sind Standseilbahnen wie hier an der Station Ocean Park in Hongkong im Einsatz.

(Foto: Doppelmayr/oh)
  • Der Tierpark ist Münchens größte Freizeitattraktion. Das bringt natürlich auch Probleme mit sich - etwa den fast ständigen Stau an den Wochenenden.
  • Eine private Machbarkeitsstudie bietet eine Lösung für die Verkehrsprobleme rund um Hellabrunn an.
  • Eine unterirdisch geführte Standseilbahn zwischen S-Bahnhof Siemenswerke und Wettersteinplatz wäre demnach erheblich günstiger als ein U-Bahn-Projekt.

Von Hubert Grundner

"Es darf keine Denkverbote geben." Günther Görlich (Freie Wähler) hat in der jüngsten Sitzung des Bezirksausschusses (BA) Untergiesing-Harlaching vermutlich für die Mehrheit der Mitglieder gesprochen. Und tatsächlich scheint das Gremium bereit zu sein, für die Lösung der Verkehrsprobleme im Stadtbezirk die ausgetretenen Pfade zu verlassen - im konkreten wie im übertragenen Sinn: Die Lokalpolitiker haben Gefallen an einer Standseilbahn gefunden, die einmal die Stationen Siemenswerke, Hellabrunn und Wettersteinplatz bedienen könnte. Eine Machbarkeitsstudie dazu hat jetzt Thomas Kantke auf Einladung des Lokalgremiums vorgestellt.

Nach Meinung des selbständigen Verkehrsplaners handelt es sich dabei um eine geradezu ideale Verkehrsverbindung. Denn damit würde der Tierpark Hellabrunn, der mit jährlich rund 2,5 Millionen Besuchern beinahe doppelt so viele wie Schloss Neuschwanstein verzeichne, an sämtliche Schienenverkehrsmittel im Münchner Süden angeschlossen und das bestehende ÖPNV-System optimal vernetzt. So könnten Fahrgäste über die drei Stationen der Standseilbahn folgende weiterführenden Verbindungen erreichen: die Bayerische Oberlandbahn aus Richtung Bayrischzell, Lenggries und Tegernsee; den Meridian aus Richtung Rosenheim, Bad Aibling und Deisenhofen; die S-Bahn S 7 nach Wolfratshausen; die Straßenbahnlinie 25 nach Grünwald sowie die U-Bahn-Linie 1, um Fahrgästen aus dem übrigen Bayern, die am Hauptbahnhof ankommen, die Weiterfahrt zum Tierpark mit der U 1 zu ermöglichen.

Gleichzeitig würden die 3000 neuen Arbeitsplätze am Bahnhof Siemenswerke und die neuen Wohngebiete im Bereich des S-Bahnhofs Siemenswerke besser an Harlaching und Giesing angebunden. Derzeit benutzten beispielsweise 60 Prozent der Beschäftigten im Gewerbegebiet Sirius das eigene Auto. Der Stadtplaner vermutet, dass dafür die derzeit schlechte öffentliche Anbindung verantwortlich ist.

Für das Projekt spreche außerdem die geplante Kapazitätserhöhung des Grünwalder Stadions. Mehr Fußballfans bedeuten auch mehr Verkehrsdruck. Wobei Befragungen ergeben haben sollen, dass zehn Prozent der Besucher die Standseilbahn benutzen würden, sodass dieses Fortbewegungsmittel auch bei Fußballspielen eine spürbare Verkehrsentlastung bewirken würde.

Im Unterschied zu einer Luftseilbahn würde die von Kantke vorgeschlagene Standseilbahn in einer Variante auf ganzer Strecke unterirdisch in einem Tunnel verkehren. In einer zweiten Variante wäre dies großteils der Fall, am möglichen Haltepunkt Hellabrunn hingegen würden die Fahrgastkabinen auf einer Länge von etwa 400 Metern oberirdisch in dem dortigen Waldstück unterwegs sein. Die Kosten für die Standseilbahn schätzt Kantke auf 165 Millionen Euro, was in etwa einem Drittel der für eine U-Bahn notwendigen Investitionssumme entspräche.

Laut Kantke funktioniert die Standseilbahn so, dass auf der Strecke zwei Fahrzeuge mit jeweils bis zu 400 Passagieren unterwegs sind, die im Gleis fahren. Im Gegensatz zur Eisenbahn haben sie keinen Antrieb, sondern werden über ein Zugseil bewegt. Der Antrieb befindet sich stationär am Wettersteinplatz. Beide Fahrzeuge sind über ein Zugseil, welches durch die Station Wettersteinplatz läuft, und ein Gegenseil, das über die Station Siemenswerke geführt wird, miteinander fest verbunden. Beide Fahrzeuge fahren gegenläufig und stets gleichzeitig, sodass Fahrzeug 1 vom Endbahnhof Siemenswerke stets so weit entfernt ist wie Fahrzeug 2 vom Endbahnhof Wettersteinplatz und umgekehrt. Die gesamte Strecke ist eingleisig mit Ausnahme des Streckenmittelpunkts auf der Hälfte der Distanz beim Bahnhof Hellabrunn, wo die Strecke auf einer Länge von 150 Metern zweigleisig ist und die beiden Passagierfahrzeuge einander passieren.

Nach den Berechnungen des Verkehrsplaners könnte die Standseilbahn mit einer Geschwindigkeit von bis zu 50,4 Stundenkilometern fahren. Die Fahrzeit für die gesamte Strecke Siemenswerke bis Wettersteinplatz betrüge sechs Minuten, was wesentlich schneller wäre als die Fahrt mit dem Auto oder konventionellen ÖPNV-Verkehrsmitteln.

Auslöser für den Aufwand, den Thomas Kantke bislang auf eigene Initiative betrieben hat, sind alte "Leiden" des Öffentlichen Personennahverkehrs im Stadtbezirk: An erster Stelle ist dabei der Umstand zu nennen, dass über die Thalkirchner Brücke keine MVG-Busse fahren können, da sie viel zu schwer sind. Bei der Straßenbahn komme erschwerend hinzu, dass die Siebenbrunner Straße beziehungsweise der Harlachinger Berg für eine Trassierung zu steil sind. Demzufolge müsste eine sehr teure zweigleisige Tunnelstrecke für die Trambahn errichtet werden, falls man sie an die bestehende Tram in der Grünwalder Straße anschließen möchte.

Eine Luftseilbahn zwischen Siemenswerke, Hellabrunn und Wettersteinplatz, wie sie bereits 2013 die Grünen im Bezirksausschuss gefordert hatten, wäre aus Sicht des Verkehrsplaners zwar technisch machbar. Sie würde aber städtebaulich einen erheblichen Eingriff am Wettersteinplatz bedeuten und für den Bau einer Station die gesamte Grünanlage in Anspruch nehmen. Auch dies wäre technisch möglich, aber juristisch kaum durchsetzbar, zumal die Gondeln über die benachbarten Häuser schweben würden. Die Standseilbahn hingegen lasse die Grünanlage am Wettersteinplatz unberührt.

Von diesen und weiteren Ausführungen Thomas Kantkes ließ sich eine Mehrheit im Bezirksausschuss überzeugen. Auf Vorschlag von CSU-Sprecher Andreas Babor forderte das Gremium in einem Antrag den Stadtrat auf, sich mit der Standseilbahn ernsthaft zu befassen - als ein Mittel, um die vertrackte Verkehrssituation rund um den Tierpark zu entzerren.

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