Wahl: PR-Aktion gegen Steinmeier:Sexgefahr Steini-Girl

Ein Videoportal erfand die Figur eines drallen "Steini-Girls", das angeblich für den SPD-Kanzlerkandidaten schwärmt - und so zum Star im Internet wurde. Die Genossen sind gewarnt.

Das letzte Ass im Ärmel des SPD-Spitzenkandidaten Frank-Walter Steinmeier ist 22 Jahre alt, angeblich Jura-Studentin - und geizt nicht mit körperlichen Reizen: Das "Steini-Girl" macht auf Youtube Karriere. Als wäre der Wahlkampf noch nicht banal genug, singt ein spärlich bekleidetes Fräulein davon, wie ihr Steinmeier den Kopf verdreht habe: "Weißes Haar und Silberblick, da machte es bei mir gleich Klick."

Steini-Girl, SPD, dpa

Das Steini-Girl neben ihrem Liebling.

(Foto: Foto: dpa)

Im dazugehörigen Video liebkost die Sängerin ein Foto des Kanzlerkandidaten und fordert ihren "Toyboy" auf, "unter meine Decke" zu kommen. "Du und dein Deutschland-Plan, werfen mich so aus der Bahn", singt das Steini-Girl, während es sich lasziv auf der Wiese vor dem Reichstag räkelt.

Das Video ist zu professionell, um bloß Schabernack unterbeschäftigter Blogger zu sein - deshalb fiel der Verdacht schnell auf die SPD-Wahlkampfzentrale. Dort beeilte man sich jedoch, jede Urheberschaft von sich zu weisen: "Es kommt auf keinen Fall von uns", heißt es aus dem Willy-Brandt-Haus.

Wer steckt dahinter?

Einige Genossen vermuteten prompt eine Kampagne des politischen Gegners - doch auch bei der CDU hieß es: Wir waren das nicht. Dabei dürfte es den Konservativen ganz recht sein, dass Angela Merkels Herausforderer wenige Tage vor der Wahl noch einmal kräftig durch den Kakao gezogen wird.

Tatsächlich ist das Steinmeier-Girl eine Kreation des Videoportals Sevenload, einem Unternehmen aus Köln, an dem unter anderem eine Tochterfirma der Telekom und der Münchner Burda-Verlag beteiligt sind. Sevenload nutzt das Steinmeier-Girl, um auf das eigene Wahlkampf-Magazin "Wahlzeit" aufmerksam zu machen, das auch auf der Website von T-Online zu sehen ist.

Angeblich keine Veralberung der SPD

Verantwortlich für die Produktion der Sendung ist die Firma "27 Kilometer Entertainment" mit Sitz in Hamburg. Dort heißt es, man habe die SPD keinesfalls veralbern wollen - vielmehr sei das Steinmeier-Girl, das seinen Namen nicht verraten möchte, von sich aus an die PR-Agentur herangetreten. "Wir haben ihr gerne geholfen", sagt ein Sprecher des Unternehmens.

Bei der Produktion orientierten sie sich an der Barack-Obama-Girl-Kampagne aus dem amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf 2008: Damals hatte eine leichtbekleidete Schauspielerin in zahlreichen Videos für Barack Obama geworben. "I got a crush on Obama" war ihr Slogan, mit dem sie zunächst bei Youtube auftrat und dann durch zahlreiche Medien tingelte.

Auch hierzulande zeigt der Auftritt des Steini-Girls Wirkung: Zahlreiche Online- und TV-Medien sprangen auf die vollbusige SPD-Anhängerin an. In einem Video-Interview mit Spiegel Online durfte das Steinmeier-Girl - ausnahmsweise in einen Rollkragenpullover gehüllt - ausführlich zu ihrem Lied Stellung nehmen: "Der Steini und die SPD sind ja ganz schön weit nach hinten gefallen, wir wollten da mal was puschen."

Gepuscht wird jedoch in erster Linie das Videoportal Sevenload, das sich über zahlreiche Klicks freuen darf. Der deutsche Youtube-Konkurrent ist nicht das erste Unternehmen, das den Wahlkampf für kommerzielle Zwecke gebraucht: Hape Kerkeling schaffte es in seiner Rolle als Horst Schlämmer mit einer "Hasenpower"-Kampagne, Aufmerksamkeit für seinen Kinofilm zu generieren.

Das politische Berlin war zwiegespalten: Während einige Politiker - darunter die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth und Linken-Spitzenkandidat Gregor Gysi - sich gerne im Glanze Schlämmers sonnten und sogar zur Filmpremiere erschienen, befürchteten andere den Untergang des Abendlandes. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) wetterte, Schlämmer schade dem Ansehen der Politiker und könne daher zu mehr Politikverdrossenheit führen.

Auch das Steini-Girl dürfte für die SPD eher negative Folgen haben: Ältere Wechselwähler könnten sich von dem aggressiv-lasziven Video abgeschreckt fühlen, befürchten wahlkämpfende Genossen. Sie verweisen darauf, dass der Clip von einigen Youtube-Usern für ein offizielles SPD-Video gehalten wird. Die Kommentare der User reichen von "peinlich" bis "Blamage für Steinmeier".

Das Steini-Girl hat inzwischen zugegeben, dass sie nicht nur auf einen Wahlsieg des SPD-Kandidaten hofft - sondern auch auf "ein paar lukrative Jobs". Auch in dieser Hinsicht orientiert sie sich am Obama-Girl: Die Schauspielerin Amber Lee Ettinger, die die amerikanische Demokraten-Hupfdohle verkörperte, konnte sich nach der Wahl über zu wenig TV-Präsenz nicht beklagen.

Auch eine CD von Ettinger ist erschienen. Der Titel: "Queen of the Web."

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