Die Ärzte gehen:"Wir können nichts mehr tun"

Die Ärzte gehen: Angelika Pflaum gehörte zu den führenden Köpfen im Kampf um den Erhalt des Hersbrucker Krankenhauses. Die Mutter von vier Kindern sitzt seit elf Jahren im Hersbrucker Stadtrat. Die Gesundheitspolitik will sie im Auge behalten.

Angelika Pflaum gehörte zu den führenden Köpfen im Kampf um den Erhalt des Hersbrucker Krankenhauses. Die Mutter von vier Kindern sitzt seit elf Jahren im Hersbrucker Stadtrat. Die Gesundheitspolitik will sie im Auge behalten.

(Foto: oh)

Hersbrucker Bürgerinitiative gibt ihren Kampf ums Krankenhaus auf

Interview von Dietrich Mittler

Um ihr Krankenhaus vor der Schließung zu bewahren, ließ die Bürgerinitiative "Unser Herz schlägt fürs Hersbrucker Krankenhaus" nichts unversucht. Geholfen hat das alles nichts, die Bürgerinitiative stellt nun ihren Kampf ein. Das Krankenhaus in Lauf hat die Behandlung der Hersbrucker übernommen. Angelika Pflaum - Mitorganisatorin des Widerstands - zieht Bilanz.

SZ: Sie geben jetzt tatsächlich auf?

Angelika Pflaum: Für unser Hersbrucker Krankenhaus können wir nichts mehr tun.

Vergangenes Jahr sah es so aus, als ob sich einflussreiche Politiker an die Seite der Bürgerinitiative stellen - allen voran Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler.

Herr Aiwanger hat vor der Landtagswahl große Versprechen gemacht, sich für den Erhalt unseres Krankenhauses einzusetzen. Seitdem er stellvertretender Ministerpräsident ist, hören wir nichts mehr von ihm.

Gesundheitsministerin Melanie Huml?

Auch sie hat uns enttäuscht. Nicht einmal die Praxis des ärztlichen Bereitschaftsdienstes bleibt uns erhalten.

Ist es wirklich so tragisch, dass es das Krankenhaus nicht mehr gibt? Sie haben doch viele Fachärzte in Hersbruck.

Stopp! Wir hatten hier viele praktizierende Ärzte. Von den sieben Belegärzten, die im Krankenhaus gearbeitet haben, sind fünf abgewandert. Zudem: Eine orthopädische Praxis wird gehen, und eine gynäkologische Praxis ist auch verkauft worden. Weil die Kassenarzt-Sitze mitgenommen werden, besteht auch keine Chance, dass Hersbruck wieder Ärzte hinzugewinnt.

Und das hat aus Ihrer Sicht Folgen - nur medizinische?

Nein, Arbeitsplätze gehen verloren, etwa in der Pflege. Wir bangen auch um die Apotheken. Die Patienten, die nun nach Lauf fahren, werden dort ihre Medikamente abholen und weitere Besorgungen machen. So geht für Hersbruck viel Kaufkraft verloren.

Von Hersbruck aus sind es gut 14 Kilometer nach Lauf. So weit ist das doch nicht.

Wirklich schlimm wird es für die Menschen im Umland. Die müssen jetzt teilweise mit dem Bus erst nach Hersbruck fahren, dort in einen Zug umsteigen, um dann in Lauf noch einmal in einen Bus zu wechseln, der sie zum Krankenhaus bringt. Eine Tortur für alte Menschen, aber nicht nur für sie.

Wären nicht die Kosten zu hoch gewesen, um das Hersbrucker Haus zu sanieren?

Uns wurde immer vorgehalten, dass die Renovierung des Hersbrucker Krankenhauses 26 Millionen Euro gekostet hätte. Jetzt zahlt der Freistaat 36 Millionen Euro, damit in Lauf zwei neue Operationsräume angebaut werden. Zwei OP-Räume, die in Hersbruck schon da waren. Das ärgert mich unsäglich.

Das Hersbrucker Krankenhaus war beliebt - aber . . .

Aber dort wurden Fälle behandelt, die nicht so viel Geld bringen. Die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung wird einfach zu schlecht finanziert.

War ihr Kampf also umsonst?

Nein. Wir würden es immer wieder tun. Wir hatten den Kampf begonnen mit dem Spruch von Bertolt Brecht: "Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren." Wir werden weiterhin ein Auge auf die Gesundheitspolitik haben!

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