Deutliches Defizit:Das Kreuz mit der Kohle

Trianel Kohlekraftwerk Lünen NRW

Das Trianel-Kohlekraftwerk in Lünen ist aus Sicht der Stadt Dachau alles andere als wirtschaftlich.

(Foto: Trianel)

Die Stadtwerke Dachau schreiben rote Zahlen: Das Minus aus dem vergangenen Jahr beträgt 1,6 Millionen Euro. Schuld daran sind vor allem gestiegene Personalkosten, aber auch ein Kraftwerk in Nordrhein-Westfalen.

Von Petra Schafflik und Christiane Bracht, Dachau

Im vorigen Jahr haben die Stadtwerke ein sattes Minus von 1,6 Millionen Euro erwirtschaftet. Das Defizit fällt deutlich größer aus, als es der kaufmännische Werkleiter Robert Haimerl bei der Etatplanung vorausgesehen hatte. Die Ursachen für die roten Zahlen sind trotz eines mit 66 Millionen Euro stabilen Umsatzes vielfältig. Allein die Personalkosten sind um 13 Prozent oder 1,3 Millionen Euro gestiegen, weil inzwischen mehr Mitarbeiter beschäftigt sind. Auch das nicht realisierte Windrad im Sigmertshauser Holz hat Planungskosten verursacht. Ausgaben verursachte zudem die Beteiligung am Trianel-Kohlekraftwerk in Lünen, das seit Jahren Miese macht.

Nach einem Bürgerentscheid vor neun Jahren sollten die Stadtwerke Dachau eigentlich nicht mehr am Kohlekraftwerk beteiligt sein. Doch so einfach ließ sich der Wille der Bürger nicht umsetzen. Als die Stadtwerke verkaufen wollten, fand sich kein Käufer. Der einzige Interessent, den es je gab, verlangte neben dem 0,53-prozentigen Anteil am Kohlekraftwerk Lünen eine inakzeptabel hohe Summe, so Bündnis-Stadtrat Michael Eisenmann. Er war auch einer der Mitbegründer der damaligen Bürgerinitiative. "Die Stadtwerke hätten sämtliche voraussichtlichen Defizite der nächsten 20 Jahre übernehmen müssen." Kurz gesagt: Sein Angebot sah die Zahlung eines zweistelligen Millionenbetrags vor. Das bestätigt auch Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). "Wir haben es einstimmig abgelehnt, weil es nicht wirtschaftlich ist", erklärt er.

"Leider wurde damals aufs falsche energetische Pferd gesetzt"

Momentan sei der Preis für Strom an der Börse etwa einen Cent günstiger, als was die Stadtwerke beim Kohlekraftwerk Lünen zahlen müssen, erklärt Eisenmann. Doch als Eigner müssten sie einen bestimmten Anteil abnehmen. "Und das kostet richtig viel Kohle: Ein Cent macht pro Jahr einen Unterschied von 300 000 Euro." Das Ärgerlichste sei jedoch, dass das Geld hier "sinnlos ausgegeben wird, denn man hat keinen Mehrwert". "Leider wurde damals aufs falsche energetische Pferd gesetzt", bedauerte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) in der öffentlichen Sitzung. Laut Werkleiter Robert Haimerl sei das Defizit in den vergangenen Jahren etwa gleichbleibend. Vor allem sei dies nicht das Problem, weshalb das Defizit heuer höher sei.

Neubau Hallenbad Dachau

Kaufmännischer Werkleiter Robert Haimerl.

(Foto: Markus Müller)

Dennoch hoffen Eisenmann und mit ihm viele andere auf einen schnellen Kohleausstieg. "Dann hätten wir diese Verluste nicht mehr", sagte er. Ganz so einfach sei die Sache nicht, hält dem der Trianel-Sprecher Maik Hünefeld entgegen. Bis Mitte der 2030er-Jahre müsste das Kraft werk noch Kredite zurückzahlen. Das müssten die 14 Eigner auch dann noch tun, wenn das Kraftwerk stillgelegt wäre. Da das Werk eines der jüngsten ist, wird es voraussichtlich auch mit am längsten laufen. Derzeit hat die Bundesregierung den Ausstieg aus der Kohle auf 2038 festgelegt. Damit würde das Werk 25 Jahre laufen. "Vielleicht läuft es auch noch länger, denn es ist ein sehr modernes Kraftwerk mit einem hohen Wirkungsgrad", mutmaßte Oberbürgermeister Hartmann. Denn für einen Ausstieg müsste das gesamte Energienetz umgestellt werden. Wer wisse schon, ob das rechtzeitig gelingt. Allerdings ist immer noch nicht gerichtlich geklärt, ob die Betriebsgenehmigung des Lünener Kraftwerks rechtens ist. Die Klage des Bundes Naturschutz ist noch immer anhängig.

Unbedingt zu klären sei auch die finanzielle Lage der Verkehrsbetriebe

1,6 Millionen Euro

So viel Minus haben die Stadtwerke im vergangenen Jahr gemacht. Hauptgrund sind laut Werksleiter Heimerl die deutlich gestiegenen Personalkosten. Deshalb will man künftig auf Neueinstellungen verzichten, womöglich auch auf die Doppelspitze.

Das größte Problem hinsichtlich des hohen Defizits bei den Stadtwerken sieht Leiter Robert Haimerl jedoch eher bei den hohen Personalkosten. Um diese wieder in den Griff zu bekommen, müssten die Stadtwerke "den Betrieb so organisieren, dass wir ohne wesentliche Neueinstellungen auskommen." Tatsächlich hätten sich diese Kosten seit 2011 verdoppelt, merkte Peter Strauch (CSU) in der Sitzung kritisch an. Und im Vergleich zu anderen Stadtwerken sei der Personalaufwand zu hoch. "Wir müssen Maßnahmen diskutieren, wie wir hier wieder auf einen grünen Zweig kommen", betonte Strauch.

Unbedingt zu klären sei auch die finanzielle Lage der Verkehrsbetriebe, so Haimerl. Denn schon im kommenden Jahr müssen die Stadtwerke finanziell in Vorleistung gehen, etwa mit der Anschaffung von zwölf neuen Erdgasbussen und dem Aufbau weiterer Infrastruktur, damit zum Fahrplanwechsel im Dezember 2020 der Zehnminutentakt im Linienbusnetz starten kann. Das Geld für diese Investitionen müssen die Stadtwerke vorschießen, weder vom Münchner Verkehrsverbund noch vom Landkreis gebe es dafür Zuschüsse, erklärte Haimerl. Der Landkreis müsse da stärker in die Pflicht genommen werden, forderte Michael Eisenmann (Bündnis für Dachau). Denn die Karlsfelder Buslinien erwirtschafteten bei höherer Kilometerleistung kein Defizit, während der Dachauer Linienverkehr schon jetzt mit zwei Millionen im Minus liege. Die Unterfinanzierung der Dachauer Linien nannte Eisenmann eine "verdeckte zweite Kreisumlage". Tatsächlich seien Gespräche zur Finanzierung der Dachauer Buslinien "schon terminiert", sagte der Oberbürgermeister.

Auch investiert haben die Stadtwerke 2018 wieder viel, allein zwei Millionen Euro flossen in den Ankauf von Flächen für den neuen Trinkwasserbrunnen Dachau-Ost. 1,8 Millionen wurden für die Hallenbadbaustelle ausgegeben und 790 000 Euro steckten die Stadtwerke in den Ausbau des Glasfasernetzes. Einen schnellen Weg aus den Miesen werde es nicht geben, sagte Haimerl. Dennoch befinden sich die Stadtwerke nach wie vor in einer guten Finanzlage. Das Unternehmen verfügt über 53,9 Millionen Euro Eigenkapital, die Eigenkapitalquote beträgt 55 Prozent. Trotzdem werde man an einer Verbesserung der Ertragslage arbeiten müssen, sagte der Werkleiter. Haimerl hält es für durchaus realistisch, dass bald wieder Gewinne erwirtschaftet werden. Der Fehlbetrag aus 2018 wird deshalb nicht direkt mit Eigenkapital verrechnet, sondern ins nächste Wirtschaftsjahr vorgetragen.

Der technische Werkleiter Gerald Nübel verlässt Ende des Jahres die Stadtwerke. 20 Jahre hat er im Betrieb gearbeitet, seit Anfang 2011 in dieser Position, zuvor als Abteilungsleiter Marketing und Vertrieb. "Ich scheide im allerbesten beiderseitigem Einvernehmen aus der Werkleitung aus, um eine andere Führungsposition in der Versorgungsbranche anzutreten", so Nübel. Mit 51 Jahren habe er sich noch einmal eine neue Herausforderung und neue Tapeten gewünscht. Anderslautenden Gerüchten tritt er entgegen: "Es hat keine Zwistigkeiten gegeben." Natürlich habe die Doppelspitze unterschiedliche Auffassungen gehabt, aber davon lebe eine Doppelspitze. Das sei wichtig, um tragfähige Entscheidungen zu treffen, erklärt Gerald Nübel. Er hat am Ausbau der Versorgungsnetze sowie der erneuerbaren Energien, der Sanierung des Altstadtparkhauses mitgearbeitet, war für neue Busse und die Linie ins Himmelreich verantwortlich, sowie die Modernisierung von Wasserkraftwerk und Kläranlage in Dachau.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: