Bayerns Benjamin Pavard:Angekommen auf einem neuen Level

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Überzeugt beim FC Bayern in drei Rollen: Benjamin Pavard. (Foto: AFP)
  • Nach dem 7:2 der Bayern in der Champions League wird wenig über die Leistung von Benjamin Pavard geredet.
  • Dabei überzeugt der Franzose in seinen ersten Wochen gleich in mehreren Rollen in der Abwehr.
  • Uli Hoeneß bezeichnet in als einen der besten Transfers, die der FCB je gemacht habe.

Von Maik Rosner, München

Auch mit etwas Abstand wurde beim FC Bayern mehr über das 7:2 in Tottenham gesprochen als über das Ligaspiel gegen Hoffenheim an diesem Samstag. Wirklich erstaunlich war das wegen der denkwürdigen Ereignisse in London nicht. Ebenso wenig, dass es besonders oft um Serge Gnabrys vier Tore ging, um Manuel Neuers Rettungstaten zuvor und um Robert Lewandowskis Pflichtspieltore 13 und 14 - im zehnten Saisonspiel.

Um Benjamin Pavard ging es beim Rundgang durch die Schlagzeilenthemen nicht, was der Franzose aber als Kompliment werten durfte. Zumal nach einem Spiel, in dem er in den ersten 45 Minuten rechts hinten gearbeitet hatte, ehe er nach links hinten umzog. 2:1 führten die Bayern bei seinem Seitenwechsel, danach gab Pavard mit seinem Doppelpass den Impuls zu Gnabrys vorentscheidendem 3:1.

Anerkennung verdiente vor allem der Gesamteindruck, den Pavard in den zweiten 45 Minuten hinterließ. Die gewannen die Bayern 5:1, mit einem stabilen Linksverteidiger, der bisher eher kein solcher war. Erst fünfmal hat Pavard in seiner Profikarriere links ausgeholfen, zuletzt 2016 in Frankreichs U21. Nun in ungewohnter Rolle zu überzeugen, fügte sich in die erstaunliche Zwischenbilanz des 35-Millionen-Euro-Zugangs aus Stuttgart.

Geräuschlos hat sich Pavard, 23, als Stammkraft und Überraschung der Saison etabliert, nebenbei ein Tor und zwei Vorlagen beigesteuert, nach nur zwei Toren und Vorlagen in 88 VfB-Spielen. "Eine andere Dimension" sei der FC Bayern, hatte Pavard zuletzt gesagt, "jetzt lebe ich in einer anderen Welt." Dort kommt er auch deshalb gut zurecht, weil er viel Wertschätzung von Niko Kovac verspürt. "Meine Beziehung zum Coach ist perfekt", sagt Pavard. In allen zehn Pflichtspielen wurde er eingesetzt, nur im Supercup nicht von Beginn an. Mit 820 von 900 Einsatzminuten hat er hinter Neuer, Süle, Kimmich und Lewandowski die meiste Spielzeit im Kader.

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Pavard überzeugt auf drei Positionen in der Abwehr

In der Abwehrkette hat Pavard schon drei von vier möglichen Jobs erledigt. Allein in der Champions League gegen Belgrad und Tottenham durchlief er die Positionen linker Innen-, Rechts- und Linksverteidiger. Meist spielt er hinten rechts - überwiegend sicher, was dem Trainer die Beförderung von Joshua Kimmich zum Sechser erlaubt. Honoriert wird dies auch von Nationalcoach Didier Deschamps, der Pavard erneut für Frankreichs Nationalelf nominiert hat - übrigens wie den Bayern-Kollegen Lucas Hernández, bei dem Niko Kovac erwartet hatte, dass dieser sein schmerzendes, im März operiertes Knie in der Länderspielpause kurieren könne. Deschamps beteuerte zwar, kein Risiko einzugehen, dennoch riecht die Sache nach einem möglichen Konflikt zwischen ihm und Kovac - noch so ein aktuelles Bayern-Thema, bei dem es um andere ging.

Pavards Aufschwung wird eher am Rande wahrgenommen. Uli Hoeneß jedoch will es früh geahnt haben: "Er zeigt jetzt schon nach ein paar Wochen, dass er einer der besten Transfers wird, die wir je gemacht haben", so der Präsident vor 14 Tagen: "Mir war immer klar, dass er ein überragender Transfer wird. Vor allem, weil er charakterlich wunderbar ist." Eine Überraschung ist Pavards flinke Eingewöhnung dennoch. Nach seinen starken Auftritten für Weltmeister Frankreich in Russland 2018 und seinem schönen Turniertor gegen Argentinien fielen seine Leistungen ab. Als Absteiger in die zweite Liga verließ er Stuttgart. Auch deshalb begleitete seinen Wechsel Skepsis. Doch der selbstbewusste Pavard gibt in aller Stille den wertvollen Lückenfüller in der Abwehr. Bei Trainern kommen derart flexible Kräfte gut an, besonders bei Kovac, der auf Zuverlässigkeit und Arbeitseifer Wert legt.

Als es nun vor Hoffenheim um Linksverteidiger David Alaba (Rippenprellung) und den Verzicht auf den Ersatz-Linksverteidiger Lucas Hernández ging, nutzte Kovac mit einigem Vergnügen die Gelegenheit, den Ersatz-Ersatz-Linksverteidiger Pavard fast überschwänglich zu loben. Kovac grinste bereits bei der Frage, ob Pavard erneut hinten links auflaufen werde - oder Alphonso Davies. "Eigentlich würde ich gerne wissen, was Sie gedacht haben, als urplötzlich Benji auf der linken Seite gespielt hat", erinnerte Kovac mit Stolz an seinen Kniff in Tottenham, "wahrscheinlich haben Sie gesagt: 'Was macht er denn, hat er jetzt wieder einen Geistesblitz?'" Kovac ahnt: "Wenn es schlecht gelaufen wäre, hätten Sie gesagt: 'Was hat er denn da schon wieder fabriziert?'"

Doch sein Vertrauen in Pavard ist groß. "Sehr, sehr zufrieden" seien sie mit ihm, sagt Kovac, "was er abspult, ist sehr gut, auf der Innenverteidiger- und auch auf der Außenverteidiger-Position." Hinten links habe es Pavard erneut "sehr gut" gemacht, und die Tor-Kombination mit Gnabry "war schon toll". Gegen Hoffenheim sei Pavard als Linksverteidiger "auf jeden Fall eine Alternative".

© SZ vom 05.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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