Nach der aufopferungsvollen und offenbar sehr intensiven Pflege ihres Vaters in dessen Mietwohnung über mehr als eineinhalb Jahre hinweg bis zu dessen Tod im Frühjahr 2017 hat die Tochter dessen Mietwohnung übernehmen wollen. Vier Wochen nach dem Tod des Vaters hatte sie gegenüber der Vermieterin, einer Stiftung, erklärt, als Mieterin in die Drei-Zimmer-Wohnung in München-Nymphenburg ziehen zu wollen - und inzwischen erkennen müssen, dass ihr moralischer Anspruch vor Gericht nicht anerkannt wird.
Die Stiftung hatte die Tochter nicht in das Mietverhältnis ihres verstorbenen Vaters eintreten lassen, sondern stattdessen erklärt, das Mietverhältnis zu kündigen. Der Streit darüber ging vor das Amtsgericht München, wo die Stiftung schließlich in einem Prozess (AZ 452 C 17000/17) ein Urteil gegen die Tochter erwirkte, wonach sie die Wohnung des Vaters herausgeben musste. Das Urteil des Amtsgerichts erging bereits am 27. Juni 2018, wurde aber erst jetzt rechtskräftig.
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Elena M. soll ihre Wohnung verlassen, weil der Sohn des Vermieters einziehen will. Beide Parteien treffen sich vor Gericht - doch die Verhandlung wird sich über Monate hinziehen.
Das offenkundig hohe Maß an Pflege-Engagement der Tochter spielte für die Entscheidung keine große Rolle, wiewohl etwa der behandelnde Arzt des Vaters attestierte, dass dessen Betreuung rund um die Uhr nötig gewesen sei. Es sei zwar auch ein ambulanter Pflegedienst eingebunden gewesen. Weil der Patient aber auch in der Nacht betreut werden musste, "gehe ich davon aus, dass die Beklagte dort gewohnt hat", so der Arzt.
Für das Gericht war die Frage der gemeinsamen Haushaltsführung und des Lebensmittelpunktes das entscheidende Kriterium. "Die Führung eines gemeinsamen Haushalts erfordert über das gemeinsame Wohnen in derselben Wohnung hinaus ein in gewisser Weise arbeitsteiliges Zusammenwirken bei der Lebensführung in Bezug auf die typischerweise im Haushalt anfallenden Verrichtungen." Weil die Arbeitsteilung mit einem Pflegebedürftigen naturgemäß schwierig werde, legte das Gericht "keine überspannten Anforderungen" an, betonte aber dafür die Frage des Lebensmittelpunktes. Im juristischen Resümee las sich das dann so: "Der Beklagte ist der Nachweis, dass sie in der Wohnung ihres Vaters gelebt hat, nicht gelungen." Und deshalb wurde ihr trotz ihres enormen Pflegeeinsatzes der Anspruch versagt, ins Mietverhältnis ihres Vaters eintreten zu dürfen.