Renault:Carlos Ghosns letzter Mann

Renault: Thierry Bolloré muss offenbar gehen.

Thierry Bolloré muss offenbar gehen.

(Foto: Fabrice Coffrini/AFP)

Bei Renault kündigt sich der Abgang des bisherigen Vorstandschefs an.

Von Leo Klimm, Paris

Carlos Ghosn ist weg. Doch fast ein Jahr nach dem Fall des Ex-Chefs ist bei Renault die Erneuerung der Konzernspitze immer noch in Gang: Jetzt soll der Vorstandschef des französischen Autoherstellers ausgetauscht werden. Thierry Bolloré - einst enger Getreuer des über Finanzaffären gestürzten Ghosn - muss gehen, schreibt Le Figaro unter Berufung auf Konzerninsider. Der neu berufene Chef des Verwaltungsrats, Jean-Dominique Senard, werde mit dem Gremium die Suche nach einem neuen Firmenlenker starten.

Innerhalb der Auto-Allianz aus Renault und dem japanischen Schwesterkonzern Nissan ist Bolloré der letzte Ghosn-Vertraute auf einem Spitzenposten. Die zwei Hersteller, die der Ex-Chef früher in Personalunion führte, pflegen seit dem Skandal ein angespanntes Verhältnis. Nissan berief in dieser Woche einen neuen Vorstandschef. Damit steht Renault unter Druck, ebenfalls den Neuanfang zu ermöglichen.

Bolloré fehlt Vertrauen von zwei Seiten: Dem Vernehmen nach ist es ihm nicht gelungen, ein gutes Verhältnis zu Senard aufzubauen, der Anfang des Jahres vom Reifenhersteller Michelin kam. Zum anderen soll auch Nissan Bolloré misstrauen. Der Manager hatte nach Ghosns Sturz im November 2018 Renault-intern die Theorie gestützt, sein Mentor sei das Opfer einer japanischen Verschwörung. Das kam bei Nissan nicht gut an. Der Hauptauftrag des neuen Verwaltungsratschefs Senard ist aber gerade, das Bündnis mit Nissan zu reparieren. So hat es ihm das französische Finanzministerium aufgegeben, das mit 15 Prozent der Anteile Hauptaktionär von Renault ist.

Bei Nissan sind die Aufräumarbeiten in der Chefetage jetzt erledigt. Der angeschlagene Konzern, der von Renault beherrscht wird, berief am Dienstag Makoto Uchida zum Vorstandschef. Der 53-jährige Uchida leitet bisher das China-Geschäft von Nissan. Er soll, wie die französische Seite, eine Stärkung des Bündnisses anstreben. Uchida löst Hiroto Saikawa ab. Der wiederum hatte zwar den Skandal um Ghosn aufgedeckt. Trotzdem muss er weichen, weil er selbst unzulässige Boni eingestrichen hat, wie sich jüngst erwies. Der Wechsel bei Nissan erzeuge "eine neue Konstellation", so Senard. Der vieldeutige Kommentar dürfte sich auch auf Bolloré beziehen. Weder Renault noch das Finanzministerium in Paris wollten sich zur Chefpersonalie äußern.

Wer Bolloré nachfolgen könnte, ist unklar. Dem Figaro zufolge stehen die Suchkriterien aber fest: Der künftige Vorstandschef soll nicht nur aus der Autobranche stammen, sondern auch Franzose sein. Renault ist in Frankreich fast ein Nationalsymbol, zumal der Staat seit 1945 daran beteiligt ist. Ein ausländischer Topmanager dürfte allerdings schon deshalb nicht infrage kommen, weil Renault keine international übliche Multimillionenvergütung zahlen will. Auch das ist eine Folge des Skandals um Ghosn, der bei Renault und Nissan in Summe am Ende etwa 15 Millionen Euro jährlich einstrich.

Ghosn steht derzeit unter Hausarrest in Japan. Er wird unter anderem verdächtigt, umgerechnet 70 Millionen Euro an Einkünften verschleiert zu haben. Im Frühjahr soll ein Prozess beginnen. Ghosn bestreitet alle Vorwürfe.

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