Sachsen-Anhalt:Täter in Halle legte offenbar Sprengsätze vor Synagoge

Lesezeit: 2 min

  • In Halle (Saale) sind nahe einer Synagoge zwei Menschen erschossen worden.
  • Eine Person wurde festgenommen.
  • Ein Täter legte offenbar Sprengsätze vor die Synagoge.
  • Auch im "Bereich Landsberg", wenige Kilometer außerhalb von Halle, sind Schüsse gefallen.
  • Der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen übernommen. Möglicherweise hat die Tat einen rechtsextremistischen Hintergrund.

In Halle an der Saale (Sachsen-Anhalt) ist es nahe einer Synagoge im Paulusviertel zu mehreren Schüssen gekommen. Die Polizei bestätigt auf Twitter, dass es nach derzeitigen Erkenntnissen zwei Todesopfer gibt, ein Mann und eine Frau. Laut einem Sprecher des Uniklinikums Halle wurden zwei Personen mit Schussverletzungen eingeliefert.

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Nach Angaben aus Sicherheitskreisen deutet alles auf einen Einzeltäter hin. Nach den tödlichen Schüssen hat die Polizei ihre Warnung vor einer akuten Gefährdungslage für die Bevölkerung aufgehoben. "Sie können wieder auf die Straße, die Warnungen sind aufgehoben", twitterte die Polizei am Mittwochabend.

Offenbar hatte ein schwer bewaffneter Täter die Synagoge am Mittag direkt angegriffen. Er habe selbstgebastelte Sprengsätze vor der Synagoge abgelegt, berichtet die Deutsche Presse-Agentur unter Berufung auf Sicherheitskreise.

Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Halle, Max Privorozki, sagte der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten: "Wir haben über die Kamera unserer Synagoge gesehen, dass ein schwer bewaffneter Täter mit Stahlhelm und Gewehr versucht hat, unsere Türen aufzuschießen." Diese hätten jedoch gehalten. Die Frankfurter Allgemeine berichtet unter Berufung auf den örtlichen Rabbiner, dass keine Mitglieder der jüdischen Gemeinde getötet worden seien.

Auf dem Friedhof der Synagoge soll es eine Explosion gegeben haben

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In der Synagoge habe die Gemeinde den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur gefeiert, sagte Privorozki. Die Menschen seien geschockt gewesen. Vor der Tür habe ein Todesopfer des Angreifers gelegen. "Wir haben die Türen von innen verbarrikadiert und auf die Polizei gewartet." Der Spiegel berichtet unter Berufung auf Privorozki, dass in der Synagoge zu diesem Zeitpunkt 70 bis 80 Menschen gewesen seien.

Augenzeugen in Halle berichteten von einem Täter, der einen Kampfanzug und eine automatische Waffe getragen haben soll. Außerdem hätte der Täter versucht, das Tor des benachbarten jüdischen Friedhofs aufzuschießen, sagte Privorozki. Dort soll es nach Augenzeugenberichten eine Explosion gegeben haben.

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Im Internet kursiert ein Video, das einen Mann in einer Art Kampfmontur mit Helm zeigt, der Schüsse in eine unbekannte Richtung abgibt. Ein Augenzeuge, den n-tv zitiert, berichtet, dass ein Angreifer auch in einen Dönerimbiss geschossen habe. Dieser befindet sich etwa 600 Meter von der Synagoge entfernt.

Die Motiv hinter der Tat ist noch unklar

Die Polizei hat bestätigt, dass sie eine Person festgenommen hat. Aus dem Bundesinnenministerium von Horst Seehofer (CSU) verlautete, die Hintergründe der tödlichen Schüsse seien noch unklar. Allerdings hat der Generalbundesanwalt die Ermittlungen wegen der besonderen Bedeutung des Falls übernommen. Es gebe ausreichend Anhaltspunkte für einen möglichen rechtsextremistischen Hintergrund der Tat, meldet der Evangelische Pressedienst unter Berufung auf eine Sprecherin der Generalbundesanwaltschaft.

Dem Generalbundesanwalt obliegen die Ermittlungen bei Straftaten, die gegen die innere Sicherheit der Bundesrepublik gerichtet sind, insbesondere bei terroristischen Gewalttaten. Ob es sich um eine antisemitische Tat handele, sei allerdings noch unklar, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft. Die Stadt Halle hatte zunächst von einer "Amoklage" gesprochen. Oberbürgermeister Bernd Wiegand habe den Stab für außergewöhnliche Ereignisse einberufen, heißt es.

Die Polizei und die Stadt bat die Bevölkerung den Mittwochnachmittag über, in ihren Wohnungen zu bleiben oder sichere Orte aufzusuchen. Das sei zum Schutz der Bevölkerung unbedingt erforderlich, teilte der parteilose Oberbürgermeister Bernd Wiegand mit. Erst nach 18 Uhr wurde die Bedrohungslage nicht mehr als akut eingestuft. Die Warnungen seien aufgehoben, schrieb die Polizei auf Twitter.

Zunächst hatte die Polizei mitgeteilt, dass mehrere bewaffnete Täter auf der Flucht seien. Es liegt zudem eine amtliche Gefahrendurchsage vor, wonach es auch im "Bereich Landsberg" zum "Schusswaffengebrauch" gekommen ist, das berichtet auch die Nachrichtenagentur dpa. Landsberg liegt wenige Kilometer östlich von Halle.

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