Schwandorf:Mit dem Mittelfinger gegrüßt

Polizei bei Geschwindigkeitskontrolle vor Schule in München, 2019

Ziehen nicht selten den Zorn der Autofahrer auf sich, die sie eines Verkehrsverstoßes überführen: Geschwindigkeitsmesser (Symbolbild).

(Foto: Robert Haas)

Ein Mann fährt in eine Radarfalle, das Blitzerfoto zeigt seine linke Hand mit verdächtig weit abgespreiztem Mittelfinger. Eine Beleidigung gegen die Polizisten? Vor Gericht hat der Fahrer eine bessere Erklärung.

Glosse von Andreas Glas

Neulich ist ein Bierlaster umgekippt. Auf der Bundesstraße 16 bei Ingolstadt, knapp zwei Wochen ist das her. Das Foto vom Unfallort zeigte eine riesige Bierpfütze, ein Meer aus Scherben. Die Polizei rückte an und sperrte die B 16, die Feuerwehr räumte Bier und Scherben weg. Nach drei Stunden war die Strecke wieder frei und ein Sprecher der Polizei gab Entwarnung. Er sagte: "Es ist nicht so dramatisch, es war alkoholfreies Bier."

Man muss dieses Bonmot vorausschicken, bevor man auf die Sache mit dem Blitzer und dem Stinkefinger zu sprechen kommt. Einfach als Beleg, dass die Verkehrspolizei auch Humor kennt, sogar guten Humor. Bei der Sache mit dem Blitzer und dem Stinkefinger war aber Ende mit Spaß. Um die Eckpunkte zu nennen: Im April 2018 bretterte ein Mann bei Schmidgaden (Kreis Schwandorf) in eine Radarfalle. Auf dem Blitzerfoto war dann aber nicht nur das Gesicht des Mannes zu sehen. Sondern auch seine linke Hand plus verdächtig weit abgespreiztem Mittelfinger.

Die Polizisten, die das Foto auf den Tisch bekommen hatten, erstatteten Anzeige. Wegen Beleidigung. Klarer Fall, oder? Darüber musste nun das Schwandorfer Amtsgericht entscheiden. Zwar bestand kein Zweifel am ausgestreckten Mittelfinger, auch die übrigen Finger waren "teilweise abgewinkelt", wie die Zeitung Der Neue Tag berichtete. Es könne aber auch sein, "dass er einen im Pkw entgegenkommenden Freund gegrüßt habe", sagte der Angeklagte demnach zum Richter. Es sei nämlich üblich, "sich im Freundeskreis im Begegnungsverkehr so zu grüßen".

Nun ist es bekannt, dass hierzulande vulgäre Gesten anderswo harmlose Handzeichen sein können. Nur dachte man da eher an ferne Länder, an Brunei oder Samoa, nicht direkt an die Oberpfalz. Aber der Schwandorfer Richter wird es schon wissen, er hat jeden Tag mit Oberpfälzern zu tun. Eine absichtliche Ehrverletzung der Polizei durch den geblitzten Autofahrer hielt er jedenfalls für "eher unwahrscheinlich". Er sprach ihn frei, "weil im Zweifelsfall für den Beschuldigten entschieden werden muss". So zitiert die Lokalzeitung aus der Urteilsbegründung. Mit welchem Handzeichen sich die Polizisten vom Richter verabschiedet haben, ist nicht überliefert.

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