Sprachlabor:O Gott, oh Gott!

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Wann mit und wann ohne ,,h", ist schon eine Wissenschaft für sich. Wenn dann auch noch ein japanischer Firmenchef über Frauen und ihre Eignung für seinen Job parliert, wird es ganz kompliziert.

Von Hermann Unterstöger

"OH JEMINE" ODER "O JEMINE"? Eine vermeintliche Kleinigkeit, doch heißt es, wie oft bei Kleinigkeiten, auch hier aufgepasst. Beobachtet man das Phänomen länger, gewinnt man den Eindruck, dass im Zweifel lieber "oh" als "o" verwendet wird, was in der SZ zu der - für überkommene bayerische Verhältnisse fast skandalösen - Überschrift "Oh Maria, hilf!" geführt hat. Der Rechtschreib-Duden lässt "oh weh!" ebenso gelten wie "o weh!", protokolliert damit aber nur die Unsicherheit seiner Kundschaft. Nun hängt an dieser Sache gewiss nicht die ewige Seligkeit, aber dass zwischen dem vokativisch geprägten "o" in "O Gott!" und der Interjektion "oh" in "Oh, diese Götter!" ein Unterschied besteht, darf ruhig wieder mal in Erinnerung gerufen werden.

EIN JAPANISCHER BOSS wurde, was seine Nachfolge angeht, bei uns folgendermaßen zitiert: "Der Job ist für eine Frau besser geeignet." Das wiederum ließ Leser E. keine Ruhe. Nicht, dass er sich um den Job bewerben wollte, aber den "pragmatischen Sinn" der Aussage hätte er schon gern schärfer herausgearbeitet. In der vorliegenden Form könnte der Satz leicht so weitergeführt werden: "Der Job (der Geschäftsführerin) ist für eine Frau besser geeignet als der des Putzkolonnenchefs." Gemeint war aber: "Eine Frau ist für diesen Job besser geeignet als ein Mann." Gerafft: Nicht der Job ist für die Frau geeignet, sondern sie für ihn.

DAS WORT "SELTEN" hat neben seiner Funktion als Adverb (selten so gelacht) oder Adjektiv (ein seltener Fund) noch die Aufgabe, Adjektive intensivierend herauszuheben (ein selten dämlicher Kerl). Vor diesem Hintergrund prüfte unser Leser Dr. R. folgenden Untertitel: "Ungarns Ministerpräsident gibt sich selten moderat - und plädiert für einen Neustart im Streit um die EU-Migrationspolitik". Erst wer den ganzen Satz gelesen habe, könne erkennen, dass selten hier intensivierend gemeint war. Der schnellen Klarheit halber hätte er die Formulierung "moderat wie selten" vorgezogen.

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