Familie:Die Rolle ihres Lebens

Familie: Bilder und Spielsachen, sie sind im Haus der Zieglers allgegenwärtig.

Bilder und Spielsachen, sie sind im Haus der Zieglers allgegenwärtig.

(Foto: Claus Schunk)

Brigitte und Peter Ziegler sind Oma und Opa mit Leib und Seele. In ihrem Haus haben sie alles auf die Enkel eingerichtet. Auf einen Großelterntag legen sie allerdings keinen Wert

Von Julia Fietz

Die alte Katze Luzi liegt in ihrem Körbchen auf der Fensterbank und döst friedlich vor sich hin. In der Küche ist es gemütlich warm. An der Wand hängt ein großer Fotokalender mit Bildern von acht fröhlichen und herumalbernden Enkelkindern, fünf Jungs und drei Mädchen im Alter von wenigen Monaten bis zwölf Jahren. Der älteste, Aaron, setzt sich zu seiner Oma an den Küchentisch. Brigitte Ziegler stellt ihm einen Teller mit Apfelpfannkuchen hin, den er noch schnell verputzen kann, bevor ihn Opa Peter nach Hause fährt. Natürlich gibt es die Pfannkuchen mit ganz viel Schlagsahne - aber nur, so lange die Oma nicht richtig hinschaut.

Am Sonntag wird zum ersten Mal der neu eingeführte "Großelterntag" in Bayern gefeiert. Ähnlich wie beim Mutter- oder Vatertag soll dieser eine öffentliche Wertschätzung für die Verdienste der Großeltern in den Familien sein. Sozialministerin Kerstin Schreyer (CSU) hat anlässlich des neuen Feiertages Omas und Opas aus ganz Bayern ins Schloss Nymphenburg eingeladen. "Eine wirklich sympathische und wichtige Entscheidung", so Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) nach der Kabinettssitzung im September. "Symbolpolitik", kritisiert SPD-Landtagsabgeordneter Markus Rinderspacher. Senioren wären andere Investitionen wichtiger als ein warmer Händedruck des Ministerpräsidenten.

Immer alles gemeinsam gemeistert

Brigitte Ziegler ist ähnlicher Meinung. "Da weiß ich nicht, ob ich gähnen oder mich ärgern soll", sagt die 71-Jährige. "Gähne lieber", antwortet ihr Mann und lächelt sie verschmitzt an. Die beiden sind seit 1971 verheiratet. Kennengelernt haben sie sich auf einer Demonstration gegen Nixon und den Vietnamkrieg. Ein Jahr nach ihrer Hochzeit kam mit Sohn Andreas das erste Kind auf die Welt, 1976 und 1982 folgten mit Tobias und Lorenz die beiden anderen Söhne.

"Wir beide haben immer alles gemeinsam gemeistert", betont Peter Ziegler. Im nächsten Jahr will er nach 35 Jahren im Gemeinderat sein Amt niederlegen, um seine ganze Aufmerksamkeit der Familie und seinen Enkeln widmen zu können.

Familie: Großelternstolz: Brigitte und Peter Ziegler mit sieben ihrer acht Enkelkinder. Sie betreuen sie an drei Tagen in der Woche.

Großelternstolz: Brigitte und Peter Ziegler mit sieben ihrer acht Enkelkinder. Sie betreuen sie an drei Tagen in der Woche.

(Foto: Claus Schunk)

Über die Anfangszeit in Haar erzählt Peter Ziegler eine ganz besondere Anekdote. 1971 zogen seine Frau und er ins Hochhaus im Jagdfeld in Haar, da wurde der ausgebildete Sozialpädagoge gleich als Nikolaus rekrutiert. "Den Bart hatte ich ja schon, den Rest habe ich mir selbst zusammengebastelt." Den Nikolaus spielt er immer noch, heute für seine Enkel. "Psst, der Aaron ist doch da", fährt Brigitte Ziegler lachend dazwischen.

"Ich weiß das doch längst", protestiert der Enkel und isst das letzte Pfannkuchenstück. Sein Opa fährt schon mal das Auto aus der Garage, während Aaron sich von seiner Oma verabschiedet. "Es täte mir in der Seele weh, könnte ich Aaron und die anderen immer nur auf einem Bildschirm sehen", sagt Brigitte Ziegler. Ihren Computer und die Handys hätten sie abgeschafft, als die Enkel kamen.

An drei Tagen sind die Enkel bei den Großeltern

An drei Tagen in der Woche sind die Enkelkinder bei ihren Großeltern. Nicht alle auf einmal, sondern aufgeteilt auf Dienstag, Mittwoch und Donnerstag. "In die Rolle als Großeltern sind wir hineingewachsen", erzählt die gelernte Erzieherin, während sie das Licht im ehemaligen Kinderzimmer ihrer Söhne anschaltet. Beim zweiten Enkelkind hätte sie sich erst Sorgen gemacht, ob sie die Liebe zu ihren Enkeln überhaupt gerecht aufteilen könne, aber die Zeit habe bewiesen: "Wir schaffen so viel, was wir vorher nicht gedacht hätten."

Am Türrahmen der ehemaligen Kinderzimmer kleben bunte Buchstabenmagnete mit den Namen der Enkelkinder. An der Wand hängen Dutzende selbstgemalte Kunstwerke, in den Regalen stehen ordentlich aufgereiht Kinderbuchklassiker von Christine Nöstlinger bis Astrid Lindgren. Überall sind Bastelutensilien zu finden, einige Gespensterpuppen für Halloween sind schon fertig. Das Bett ist eine kuschelige (Vor-)Leseecke und zugleich Bühne für ein buntes Kasperltheater. Besonders gern hörten die Kinder Märchen, erzählt die ehemalige Leiterin des Familienzentrums. Sie sei eine leidenschaftliche Märchenerzählerin, ihr Mann stets geduldiger Statist, der bei Frau Holle für den Goldregen der Goldmarie sorge oder die Kinder in der Decke schaukle, wenn die Protagonistinnen in den Brunnen fielen. "Mit viel Fantasie kann man aus den kleinsten Sachen eine riesige Gaudi machen", so Ziegler.

Der kleine Fernseher in der Ecke sieht unbenutzt aus. "Meistens ist ihnen das Fernsehen gleich wieder zu langweilig und sie wollen lieber weiterspielen", so Brigitte Ziegler. Es komme bei Kindern gar nicht darauf an, dass sie in jeder Minute bespielt würden. Zeit miteinander, das Gefühl, gesehen und gehört zu werden, seien viel wichtiger. "Wir sind so gerne Großeltern, rumbazeln, Quatsch machen und kindisch sein macht uns genauso viel Spaß wie den Kindern", betont die achtfache Großmutter schmunzelnd.

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