Luftfahrt:Boeing sortiert unerwartet die Führungsspitze neu

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Boeing-Chef Dennis Muilenburg (Foto: JOHANNES EISELE/AFP)
  • Dennis Muilenburg gibt den Verwaltungsratsvorsitz bei Boeing ab. Nachfolger als Verwaltungsratsvorsitzender wird David L. Calhoun als nicht geschäftsführender Vorsitzender.
  • Boeing ist nach zwei Abstürze des Flugzeugtyps 737 Max massiv in die Kritik geraten.

Kurz nachdem in einem Untersuchungsbericht sowohl die US-Luftfahrtbehörde FAA als auch Boeing scharf kritisiert worden waren, verliert Boeing-Chef Dennis Muilenburg einen wichtigen zweiten Posten im Unternehmen: Er gibt den Verwaltungsratsvorsitz ab.

Auch wenn die Veröffentlichung des Berichts einer Expertenkommission mit der Personalentscheidung in keinem Zusammenhang stehen muss, macht Boeing damit doch klar, worum es geht: Muilenburg soll sich in seiner Rolle als Boeing-Chef nun vor allem um die Wiederzulassung der 737 Max, die Bedürfnisse der Kunden und die Produkt- und Service-Sicherheit kümmern. Denn auch mehr als ein halbes Jahr nach Verhängung des Flugverbots nach zwei Abstürzen mit insgesamt 346 Toten stehen die Maschinen weltweit am Boden. Wann das Verbot aufgehoben werden könnte, ist unklar - erst kürzlich strich eine Fluglinie alle 737-Max-Flüge bis Mitte Januar aus dem Flugplan.

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Rückendeckung für den Boeing-Chef

Für Boeing ist das gefährlich. Nicht nur wegen möglicher Schadenersatzforderungen, sondern weil die 737 für das Unternehmen eine so herausragende wirtschaftliche Bedeutung hat: Es ist das Massenmodell des Konzerns, das normalerweise in hohen Stückzahlen verkauft wird.

Künftig soll den Verwaltungsrat David Calhoun leiten - als nicht geschäftsführender Vorsitzender. Das bedeutet: Er kümmert sich vor allem um die Kontrolle des Unternehmens. Calhoun arbeitet schon seit zehn Jahren im Verwaltungsrat Boeings und ist zugleich in führender Position bei dem Finanzinvestor Blackstone tätig. Der 62-jährige gab Muilenburg im Namen des Gremiums Rückendeckung: "Der Rat hat volles Vertrauen in Dennis als Vorstandschef." Muilenburg wiederum erklärte tapfer, dass er die Entscheidung des Verwaltungsrats, die für ihn eine Entmachtung bedeutet, voll unterstütze. Das gesamte Team sei darauf fokussiert, die 737 Max wieder sicher in den Betrieb zu bringen. Mit dem Personalwechsel nimmt Boeing den zuletzt oft kritisierten und mit Rücktrittsforderungen bedachten Muilenburg auch aus der Schusslinie.

In dem Untersuchungsbericht der von der FAA eingesetzten Kommission mit internationaler Experten der Europäischen Union und aus Ländern wie China, Kanada und Japan hatte es geheißen, dass Boeing die Aufsicht nicht angemessen über laufende Veränderungen an der MCAS-Automatik informiert habe, die bei beiden Abstürzen eine entscheidende Rolle gespielt haben soll. Der FAA sei das MCAS-System zwar nicht von Boeing verschwiegen worden. Doch der Informationsfluss sei bruchstückhaft und an getrennte Gruppen innerhalb der Aufsicht erfolgt, so dass diese die tatsächliche Funktionsweise und Wirkung schwer habe einschätzen können.

Die Experten gehen aber auch mit der Behörde selbst hart ins Gericht. So zweifeln die Experten etwa an, ob alle für die 737-Max-Zertifizierung zuständigen FAA-Beamten ausreichend Erfahrung und Fachkenntnis für die Aufgabe hatten.

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