Arbeitsmarkt:Mehr Frauen und Jugendliche in die Technik

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Der Fachkräftemangel in Mint-Berufen ist beachtlich, nun soll eine bayernweite Veranstaltungswoche Nachwuchs anlocken

Von Maximilian Gerl, Nürnberg

Die Arbeitsagentur spricht von einem "Engpass", wenn Firmen länger als 30 Tage benötigen, um eine Stelle zu besetzen. Das Problem in den sogenannten Mint-Berufen - alles rund um Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik - muss also beachtlich sein: 146 Tage Geduld müssen bayerische Unternehmen im Schnitt aufbringen, bis sie jemanden gefunden haben. Mit einer bayernweiten "Woche der Aus- und Weiterbildung" wollen von diesem Montag an Unternehmen, Verbände, Politik und Jobcenter jungen Menschen das Arbeiten im mathematisch-technischen Bereich nahebringen. Geplant sind rund 100 Veranstaltungen, darunter Betriebsbesichtigungen und Ausbildungsmessen. "Mint, das ist ja nicht jedem geläufig", sagt Christian Bockes, Mitglied der Geschäftsleitung der Regionaldirektion Bayern der Arbeitsagentur. Deshalb sei es wichtig, jungen Menschen Chancen auf dem Arbeitsmarkt aufzuzeigen.

Tatsächlich haben Berufsanfänger wie Fachkräfte derzeit gute Karriereaussichten. Allein im Mint-Bereich sind rund 86 000 Stellen unbesetzt. Etwa 58 000 davon entfallen auf Ausbildungsberufe. Sanitär- und Heizungstechniker zählen genauso dazu wie Informatiker oder Chemielaboranten. Viele Mint-Berufe werden schon in der Ausbildung vergleichsweise gut bezahlt. Trotzdem fehlen vielerorts seit Jahren Mitarbeiter. Das liegt nur zum Teil am demografischen Wandel. Die Generation der Babyboomer geht allmählich in den Ruhestand, während weniger junge Leute nachkommen. Ein ebenso großes Problem sind Klischees bei manchen Menschen und gläserne Decken in Unternehmen.

In Zahlen ausgedrückt: Nur 15 Prozent aller Azubis im Mint-Bereich sind laut Regionaldirektion Frauen. Angehende Elektrotechnikerinnen und Metallbauerinnen kommen sogar auf einen Anteil von nur ein bis vier Prozent. Man dürfe aber nicht alle Mint-Berufe über einen Kamm scheren, sagt Jenny Laue, Beauftragte der Arbeitsagentur Nürnberg für Chancengleichheit. Gerade der akademische Bereich verzeichne mehr Frauen. Viele Ausbildungsberufe indes seien Schicht-Berufe; tendenziell wenig geeignet für Teilzeit und damit eine Familiengründung. Kollege Helmut Grail, Mint-Beauftragter der Nürnberger Jobcenter, beobachtet zudem immer wieder Vorbehalte von Eltern. Etwa, dass ihre Tochter den körperlichen Anstrengungen eines technischen Berufs nicht gewachsen sei, obwohl das nicht stimme. Die regelmäßige Folge: Eltern redeten ihren Töchtern eine technische Ausbildung aus. "Wir müssen rein in die Köpfe", sagt Grail - etwa mit Informationsveranstaltungen für Eltern.

Um den Engpass im Mint-Bereich abzumildern, wolle die Arbeitsagentur zwischen Arbeitslosen und Unternehmen künftig mehr Kompromisse suchen, sagt Bockes, selbst wenn auf den ersten Blick die Anforderungen nicht passten. Die Fortbildung von Beschäftigten sei so wichtig wie auch das "internationale Geschäft". Schon heute würden viele Stellen durch ausländische Fachkräfte besetzt. Letztlich aber müssen sich die Unternehmen weiter gedulden. Mit Veranstaltungen allein, sagt Grail, ließe sich nichts von heut auf morgen hochziehen. "Es ist ein langfristiger Prozess."

© SZ vom 14.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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