Wahl in Polen:Ein teuer erkaufter Sieg

Großzügige Wahlversprechen haben der polnischen Regierungspartei PiS einen fulminanten Erfolg beschert. Für die Demokratie im Land ist das keine gute Nachricht.

Kommentar von Florian Hassel, Warschau

Wähler sind käuflich, auch das einst als Pionier der Demokratie im Ostblock glänzende Polen macht hier keine Ausnahme. Dass die nationalpopulistische Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) bei der Parlamentswahl den mit Abstand höchsten Sieg seit Ende des Kommunismus vor 30 Jahren erzielte, hat mehrere Gründe: Die Schwäche einer gespaltenen Opposition; die beispiellose Propaganda durch das Staatsfernsehen, das seit Beginn der PiS-Herrschaft mit Manipulationen, Auslassungen und Lügen vor allem auf dem Land die Meinung bestimmt. Das entscheidende Moment für die Höhe des PiS-Erfolgs aber ist schlicht: Stimmenkauf.

Die Partei hat erfolgreich auf jene Polen gesetzt, die genug haben von Versprechen und Vertröstungen auf die Zukunft, die hier und heute besser leben wollen - gleichgültig, wer wann später die Zeche zahlt. Die PiS ist nicht nur von fast all jenen wieder gewählt worden, die schon 2015 für sie gestimmt haben. Umfrageanalysen zufolge kamen Millionen Neuwähler erst in den vergangenen Monaten hinzu. Gelockt wurden sie durch PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski, der das Kindergeld ausweitete, junge Polen bis 26 von der Einkommensteuer befreite und Sonderzahlungen für alle Schulkinder einführte.

Sie kamen auch, nachdem Kaczynski für die Zeit nach der Wahl weitere Wohltaten versprach, von höheren Renten bis zu einer Verdoppelung des Mindestlohns. Es waren diese Wohltaten, welche die PiS von 37,6 Prozent vor vier Jahren auf nun wahrscheinlich gut 44 Prozent emporhoben. Seine teuren Versprechen wird Kaczynski zum großen Teil umsetzen, schließlich sollen diese ihn auch nach 2023 an der Macht halten.

Viele PiS-Wähler machen sich nicht einmal Illusionen über die Partei

Viele PiS-Wähler gaben einer Partei ihre Stimme, die sich nach rein demokratischen Gesichtspunkten die Abwahl redlich verdient hatte. Durch die nahezu vollständige Beseitigung des Rechtsstaats in Polen ebenso wie durch eine schier endlose Reihe immer atemberaubender Skandale. Ernüchternd ist, dass viele PiS-Wähler sich keinerlei Illusionen über die Partei machen. 40 Prozent von ihnen haben diese Regierung wiedergewählt, obwohl auch sie damit rechnen, dass diese den Abbau von Rechtsstaat und Demokratie fortsetzt.

Dass er dies vorhat, daraus hat Kaczynski, der eigentliche Regierungschef Polens, vor der Wahl keinen Hehl gemacht. Die letzten Bastionen einer unabhängigen Justiz, vor allem das Oberste Gericht, dürften schon in den nächsten Monaten geschleift werden. Dabei setzt Kaczynski offenbar darauf, dass die neue EU-Kommission lieber bellt als beißt und die Sanktion, die Polen wirklich treffen würde - das Streichen oder Einfrieren der Fördermilliarden aus Brüssel - auf dem Papier bleibt.

Auch Polens Bürgerrechtskommissar und die wenigen noch unabhängigen Medien werden verstärkt unter Druck geraten. Polens Demokraten bleibt fürs erste nur eine kleine Hoffnung auf die im Frühjahr 2020 folgende Präsidentenwahl. Ein Staatsoberhaupt aus den Reihen der Opposition könnte sein Veto gegen rechtswidrige Gesetze einlegen, anders als der jetzige PiS-Mann Andrzej Duda, der noch die übelsten Rechtsbrüche mitgetragen hat.

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