Stadtrat:Bürger dürfen bei der Stadtplanung mitreden

Stadtrat: Da rührt sich was: Im Zuge des ersten Beschlusspakets wurde die Fläche vor der St.-Pauls-Kirche vom öden Parkraum zum ansehnlichen Platz umgestaltet.

Da rührt sich was: Im Zuge des ersten Beschlusspakets wurde die Fläche vor der St.-Pauls-Kirche vom öden Parkraum zum ansehnlichen Platz umgestaltet.

(Foto: Catherina Hess)
  • Die Münchner wollen da kein fertiges Konzept vorgesetzt bekommen, sondern nach ihrer Meinung zur Planung gefragt werden.
  • Der Stadtrat hat beschlossen, dass ein neues Bürgerbeteiligungsverfahren "zukünftig als Standard bei allen Platzgestaltungsprojekten angewendet" wird.
  • Zwei Mal soll das Verfahren im kommenden Jahr genutzt werden.

Von Stefan Mühleisen

Die Topografie der Stadt ändert sich rasant, ebenso rapide wächst die Besorgnis der Bürgerschaft. Die Münchner beobachten mit Unbehagen, wie sich die Gestalt ihrer Stadt verändert - und sie fordern immer lauter Mitsprache ein, bei Großprojekten wie der Bayernkaserne, aber auch und gerade, wenn die Stadt Plätze im öffentlichen Raum umgestaltet. Die Münchner wollen da kein fertiges Konzept vorgesetzt bekommen, sondern nach ihrer Meinung zur Planung gefragt werden. Bisher wurden sie das immer mal wieder - jetzt soll das immer geschehen. Qua Beschluss des Stadtrates wird ein neues Bürgerbeteiligungsverfahren "zukünftig als Standard bei allen Platzgestaltungsprojekten angewendet".

Nach einem erfolgreichen Testlauf wird das Baureferat kommendes Jahr dieses Verfahren ein zweites Mal für die Aufwertung von fünf städtischen Plätzen durchziehen - und en passant hat der Bauausschuss des Stadtrates dabei dieses Procedere zur Norm erklärt. Das Besondere dabei: Bevor die Behörde in die Planung einsteigt, werden zunächst die groben Ideen mit Bürgern und Bezirksausschüssen ausführlich diskutiert.

"Fünf Plätze attraktiv neu gestalten" hieß das erste und nun auch das zweite Beschlusspaket für die Frischzellenkur vernachlässigter Stadträume. Der erste Streich umfasste Willibaldplatz, St.-Pauls-Platz, Siegestor-Umfeld, Aubinger Ortskern um die Ubostraße und die Spitze Lilien-/Zeppelinstraße vor dem Lichtspiele-Kino. Auf Initiative der SPD-Stadtratsfraktion werden nach dem Beschluss des Bauausschusses nun folgende öde Orte angegangen: der Esperantoplatz an der Theresienwiese, der Europaplatz beim Friedensengel, der Lorettoplatz am Waldfriedhof, der Bonner Platz in Schwabing und der Zwickel Barer Straße/Nordendstraße in der Maxvorstadt. "Es ist heute nicht mehr denkbar, die Bürger bei der Gestaltung des öffentlichen Raums nicht zu beteiligen", sagt Florian Hochstätter, als Hauptabteilungsleiter im Baureferat für Gartenbau und den öffentlichen Verkehrsraum zuständig. "Es ist nicht die Frage, ob, sondern wie wir die Bürger beteiligen."

Es ist nun sechs Jahre her, dass der Stadtrat auf Antrag der SPD das Baureferat anhielt, auf eben diese Frage Antworten zu finden. Öffentliche Plätze stifteten Identität und Gemeinsinn, hieß es in dem Beschluss: Daher sollten nicht nur die Bezirksausschüsse, sondern auch die Bürger beteiligt werden - und zwar noch vor der Entwurfsplanung. Schon damals gab es Bürger-Workshops, vor allem für große Neugestaltungsprojekte wie am Harras oder dem Pasinger Zentrum. Wenn die Vorhaben eine oder zwei Nummern kleiner ausfielen, war ein Bürger-Workshop eine Kann-, aber keine Muss-Regel: Die Behörde plante - und stellte Bürger und Lokalpolitiker vor vollendete Planungstatsachen, was nicht selten Unmut auslöste.

So entwickelte das Baureferat ein Beteiligungsverfahren und probierte es bei den erwähnten fünf Plätzen aus. "Es hat sich als richtig und wichtig erwiesen, die Bürger nicht mit einer fertigen Planung zu konfrontieren, sondern sie von Anfang an mit einzubeziehen", resümiert Florian Hochstätter aus Behörden-Sicht. Zufrieden über die neue Mitmach-Offensive zeigt man sich auch im Rathaus. "Wir freuen uns sehr, dass unser Wunsch nach mehr und frühzeitiger Bürgerbeteiligung umgesetzt wird", kommentierte SPD-Stadträtin Constanze Söllner-Schaar den Beschluss des Bauausschusses.

Stadtrat: Da wird sich was rühren: Die triste Asphaltwüste am Esperantoplatz, mit Sichtbeziehung zur Bavaria (linker Bildrand), soll aufgewertet werden.

Da wird sich was rühren: Die triste Asphaltwüste am Esperantoplatz, mit Sichtbeziehung zur Bavaria (linker Bildrand), soll aufgewertet werden.

(Foto: Catherina Hess)

Das Procedere läuft wie folgt ab: Das Baureferat erstellt für jeden Einzelfall zunächst eine Konzeptstudie mit einer Analyse, welche Möglichkeiten es für eine Verschönerung gibt. Alles im Konjunktiv, als "Optionen" formuliert. "Wir wollen mit den Bürgern erst einmal diskutieren, ob überhaupt eine Neugestaltung sinnvoll ist", beschreibt Hochstätter die Ausgangslage, über die bei Veranstaltungen mit Bürgern und Bezirksausschuss debattiert wird. Die vorgebrachten Anregungen arbeitet das Baureferat im dritten Schritt in die Konzeptstudie ein und erstellt eine Beschlussvorlage für den Stadtrat, der den Planungsauftrag erteilen muss.

Die fünf Plätze, die nun im Fokus stehen, nehmen sich nichts in ihrer Tristesse: Am Esperantoplatz stehen zwar prächtige Gründerzeitvillen; die Äste der Schubert-, Mozart- und Kobellstraße ergeben aber ein unschönes Asphaltgefüge. Auch am Europaplatz finden sich Villen mit Vorgärten, der Straßenraum selbst ist aber eine ähnlich graue Wüste, wie sie nun am Siegestor beseitigt wird, wobei der Stadtwüsten-Charakter am Bonner Platz noch getoppt wird. "Potenziale zur Schaffung von mehr Aufenthaltsqualität" erkennt das Baureferat auch am Lorettoplatz sowie am unwirtlichen Grünspitz, an dem Barer Straße und Nordendstraße zusammenlaufen. Wobei in diesem Fall und auch für Europa- und Esperantoplatz die ansässigen Bezirksausschüsse schon Anträge für eine Umgestaltung gestellt haben.

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