Medienkolumne "Abspann":Superheld Donald räumt endlich auf

Lesezeit: 1 min

Ein manipuliertes Video zeigte US-Präsident Trump, wie er seine Feinde in der "Kirche der Fake News" erledigt. Es wurde entfernt, doch die Botschaft aus der Kirche des Heiligen Donald kam an.

Von Willi Winkler

Natürlich hat er nichts damit zu tun. Natürlich ist er nicht selber mit der Knarre in eine Kirche eingedrungen, um dort mit seinen politischen Gegnern aufzuräumen: John McCain, Sanders, Obama, Clinton. Natürlich ballert er nicht persönlich auf die Logos der ihm übelgesonnenen Medien: Washington Post, PBS und CNN. Es handelt sich um eine Bearbeitung des Agentenfilms Kingsman: The Secret Service (2014), bei der Colin Firths Gesicht durch ein Meme des amerikanischen Präsidenten ersetzt wurde ist, der sich, wie könnte es anders sein, als Sieger über seine Feinde erweist. Ein bisher unbekannter Trump-Sympathisant war es, der das Video fabriziert und über GeekzTeam in die Welt und in den Kampf um Trumps Wiederwahl gebracht hat.

Das Video hat, auch das ist nicht weiter überraschend, fast überall Abscheu ausgelöst. Schließlich war 2015 ein Rassist in eine Kirche in Charleston gestürmt und hatte neun Schwarze erschossen, und in Annapolis ist erst vor einem Jahr ein Attentäter in eine Redaktion eingedrungen und hat fünf Journalisten umgebracht. Selbstverständlich hat das nichts mit der aggressiven Rhetorik zu tun, mit der Donald Trump seinen Anhängern einheizt. Zufällig fand sich ein weiterer Trump-Unterstützer aus der Szene, der das Video als "eindeutig satirisch" verteidigte. Die Gewalt, die da zu sehen sei, sei doch keine, sondern bloß "metaphorisch". Am vergangenen Wochenende wurde Trumps satirisches Treiben in der "Kirche der Fake News", wie das Video den Schauplatz des Massakers bezeichnet, bei einem Treffen einer Pro-Trump-Truppe, an dem auch einer von Trumps Söhnen teilnahm, in einem Trump-Hotel vorgeführt. Bei Youtube kam es auf 200 000 Aufrufe, bis es am Montag entfernt wurde.

Der beabsichtigte Effekt war da bereits eingetreten: Die übelgesonnenen Medien berichteten voller Empörung über das metaphorische Massaker, der Präsident ließ erklären, dass er natürlich nichts damit zu tun habe, und wetterte dann wieder gegen die Medien mit ihren Fake News, die ihn wegen seiner wirren Politik kritisierten. Doch die Botschaft aus der Kirche des Hl. Donald war angekommen und nicht nur bei seinen Anhängern: Superheld Donald räumt endlich auf. Demnächst, auch das wird niemanden überraschen, demnächst mehr davon.

© SZ vom 16.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: