Rürup-Rente:Entscheidung fürs Leben

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Selbständige können bei der Vorsorge Steuern sparen. Doch an ihr Geld kommen sie lange nicht heran.

Von Friederike Krieger, Köln

Der selbständige Handwerker aus Leverkusen fiel aus allen Wolken. Er wollte seine 2008 abgeschlossene staatlich geförderte Rürup-Rente kündigen und sich seine Beiträge in Höhe von 52 000 Euro auszahlen lassen. Doch der Versicherer lehnte ab: Laut den Vertragsbedingungen ist es allenfalls möglich, die Policen beitragsfrei zu stellen. Eine Auszahlung des Guthabens vor der Rente ist nicht vorgesehen.

In diese Falle tappen viele, weiß Thomas Schmit. "Über die Nachteile der Rürup-Rente wird im Beratungsgespräch oft nicht geredet", sagt der Rechtsanwalt von der Kanzlei Blum Lang in Schifferstadt "Da geht es meist nur um die Steuervorteile." Die Rürup-Rente, benannt nach dem ehemaligen Wirtschaftsweisen Bernd Rürup, ist wie die Riester-Rente Teil der staatlich geförderten Altersvorsorge. Statt Zulagen gibt es aber ausschließlich Steuerersparnisse. Sparer, die auf die eigentlich Basisrenten genannten Verträge setzen, können einen jährlich steigenden Anteil der Beiträge als Altersvorsorgeaufwendungen bei der Einkommensteuer geltend machen. In diesem Jahr sind es 88 Prozent, bis 2025 steigt der Anteil auf 100 Prozent. 2019 können Singles maximal 24 305 (Verheiratete: 48 610) Euro steuerbegünstigt in die Rürup-Rente einzahlen. Im Gegenzug müssen sie die ausbezahlte Rente im Alter versteuern. 2019 zu 78 Prozent, im Jahr 2040 dann zu 100 Prozent ( Tabelle)

. Die Verträge sind vor allem für Selbständige gedacht. "Für sie ist es oft die einzige Möglichkeit, staatlich gefördert für das Alter vorzusorgen", sagt Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Denn oft steht ihnen weder die Riester-Rente noch die betriebliche Altersversorgung offen.

Vor allem Gutverdiener, die eine entsprechend hohe Steuerlast haben, können von einem Rürup-Vertrag profitieren. "Es gibt Situationen, in denen sich die Rürup-Rente lohnen kann", sagte Scherfling. Abschlusswillige sollten zuvor aber einen Steuerberater konsultieren, um herauszufinden, ob die Steuerersparnis die Belastungen durch die spätere Besteuerung in der Rentenphase aufwiegt.

Insbesondere bei der Generation 50 plus kann diese Rechnung aufgehen, heißt es beim Institut für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP). So kann eine 58-Jährige, die in fünf Jahren in Rente gehen will, im Durchschnitt während dieser Zeit 92 Prozent der Rürup-Prämien von der Steuer absetzen. Wenn die Rentenzahlung 2024 beginnt, müsste sie anfänglich aber nur 84 Prozent versteuern. Bei einem Beitrag von jährlich 15 000 Euro prognostiziert ihr das IVFP bei einer klassischen Basisrente und einer Durchschnittsverzinsung von drei Prozent inklusive der Überschüsse eine Nachsteuerrendite von 4,09 Prozent jährlich über die Anspar- und Leistungsphase.

Großer Beliebtheit erfreut sich das Produkt dennoch nicht. Seit Einführung im Jahr 2005 haben die Versicherer nur 2,2 Millionen Rürup-Renten verkauft. Das Neugeschäft ist seit Jahren rückläufig.

Das mag auch daran liegen, dass die Basisrente relativ unflexibel ist. Die Verträge sind nicht kündbar und nicht vererbbar. Zudem lassen sie sich weder übertragen noch veräußern oder beleihen. Auch zur Finanzierung einer Immobilie kann die Rürup-Rente nicht als Sicherheit eingesetzt werden.

Das Kapital bleibt bis zur Rente im Vertrag. Bei Policen, die vor 2012 abgeschlossen wurden, erfolgt die Auszahlung frühestens ab dem 60. Lebensjahr, bei allen anderen ab dem 62. Lebensjahr. Anders als bei der Riester-Rente, bei der sich Sparer zu Rentenbeginn 30 Prozent des Kapitals auszahlen lassen können, gibt es Rürup nur als monatliche Rente. "Das ist kein Vertrag, den man nur für fünf bis zehn Jahre abschließt, um kurzzeitig die Steuerlast zu reduzieren", sagt Verbraucherschützer Scherfling. "Es muss alles passen, weil man ihn bis zum Lebensende hat."

Trotz der Einschränkungen ist der Handwerker aus Leverkusen übrigens doch noch aus seinem Vertrag herausgekommen. Er verklagte seinen Versicherer auf Falschberatung und setzte sich in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht Köln durch (Az: 20 U 185/18). Deshalb musste ihm der Versicherer die 52 000 Euro erstatten.

© SZ vom 17.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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