Stechmücken-Plage am Ammersee:Gift spritzen oder nicht?

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Erstmals dürfen Anwohner über die Bekämpfung mit dem umstrittenen Mittel BTI abstimmen. Eching hat einen Bürgerentscheid beschlossen, die Nachbargemeinde Inning unterstützt das nicht.

Von Isabella Falkner, Eching/Inning

Nach der sommerlichen Plage dürfen am Ammersee erstmals Anwohner über die Mückenbekämpfung abstimmen - und zwar in Eching. Auf der jüngsten Gemeinderatssitzung wurde der Bürgerentscheid auf den 17. November gelegt und folgende Frage formuliert: "Sind Sie dafür, dass die Gemeinde Eching am Ammersee die Genehmigung bei der Oberen Naturschutzbehörde zur Ausbringung des Bakterienextraktes BTI (Bacillus thuringiensis israelensis) auf den als Mückenbrutstätten festgestellten Überschwemmungsflächen durch Drohnen und Handspritzgeräte beantragt, wenn die Obere Naturschutzbehörde aufgrund einer Mückenplage eine solche Genehmigung in Aussicht stellt?" Wie die Abstimmung wohl ausgehen mag? Bürgermeister Siegfried Luge traut sich keine Prognose zu.

Der Wirkstoff BTI ist ein Eiweißkristall, der sich an den Rezeptoren - quasi Andockstellen - der Darmzellen der Mückenlarven ablagert, worauf diese Zellen zerplatzen und so die Larven abtöten. Für Menschen ist der Wirkstoff ungefährlich, weil die speziellen Rezeptoren, an die sich der Eiweißkristall anheftet, im menschlichen Organismus nicht vorhanden sind.

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Kritiker geben allerdings die Auswirkungen der Anwendung von BTI zu bedenken. Wenn die Mücken bereits im Larvenstadium getötet werden, geht für Vögel und Amphibien ein Großteil der Nahrung verloren. Zudem trifft der Wirkstoff laut einer Studie der Universität Koblenz-Landau auch Organismen, die nicht Ziel der Bekämpfung sind, wie zum Beispiel nicht-stechende Zuckmücken. Der Bund Naturschutz befürchtet die Abtötung von 50 Prozent der unschädlichen Zuckmückenlarven. Auch Amphibien sind laut der Studie bedroht: Zwar werden diese durch den Wirkstoff nicht direkt vergiftet, aber bei direktem Kontakt könne BTI sich negativ auf ihre spätere Fortpflanzungsfähigkeit und Lebensdauer auswirken.

Am Chiemsee ist BTI schon erprobt. Die Vorgaben sind allerdings streng: Das betroffene Gebiet muss einer Kartierung unterzogen werden, bei der Daten wie die Larvendichte erhoben werden. Ist in dem streng begrenzten Zeitraum, in dem BTI einmal pro Jahr angewendet werden darf, die vorgegebene Larvendichte nicht erreicht, darf das Mittel nicht versprüht werden. Ob die Mücken in Eching bekämpft werden dürfen, hängt von einer Genehmigung der Oberen Naturschutzbehörde ab. Wie wahrscheinlich die Erlaubnis sei, konnte die Regierung von Oberbayern noch nicht beantworten, da noch keine Ausbringungskonzepte oder Fachgutachten vorlägen. Erst wenn diese erstellt seien, könne festgestellt werden, ob das Mittel ohne Beeinträchtigung der betroffenen Arten und Lebensräume angewendet werden könne. Zudem müsste Eching die Kartierung der Überschwemmungsfläche durchführen.

Der Bürgermeister der Nachbargemeinde Inning, Walter Bleimaier, ist überzeugter Gegner der Mückenbekämpfung. Er hätte aber auch keine Probleme damit, wenn der Bürgerentscheid positiv ausfallen würde. Da BTI direkt auf die befallenen Flächen aufgetragen werden muss, bestehe keine Gefahr, dass sich der Wirkstoff auch nach Inning ausbreiten könnte. Bleimaier bleibt gelassen: "Sollen sie's machen, aber wir werden es nicht unterstützen."

© SZ vom 17.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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