SZ-Werkstatt:Weltraum-Recherchen

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Marlene Weiß hat sich damit abgefunden, dass sie bei Raumfahrt-Themen nie ,,vor Ort" nachfragen kann. Andere Zugänge als Reportagen sind nötig - und Grafiken; und trotzdem versteht auch die Physikerin nicht immer alles.

Die meisten Journalisten, die ich kenne, schreiben am liebsten Reportagen. Menschen treffen, Dinge beobachten und dann einen hervorragenden Text mit zurückbringen, klar, das klingt toll. Aber es ist auch anstrengend und anspruchsvoll. Und dann soll der Artikel auch noch besonders gut werden, wenn man schon hingefahren ist.

Diese Art der Recherche geht allerdings nicht immer. Unter den Themen, über die ich schreibe, gibt es eines, bei dem man kaum unter Reportagedruck stehen kann: den Weltraum. Zum Mars, der in dieser Ausgabe Thema der Wissen-Doppelseite ist, kann man nicht fliegen (schon gar nicht, wenn man sich gegen bemannte Raumfahrt ausspricht). Auch die anderen Planeten und sogar der Mond werden auf absehbare Zeit für Journalisten unerreichbar bleiben, von fernen Galaxien oder Schwarzen Löchern ganz zu schweigen. Aber dadurch ist man umso freier in den Zugängen zu einem Thema, die Fakten stehen ja im Kern fest. Für die aktuelle Mars-Seite hat mein Kollege Felix Hütten mit Illustrator Julian Schindler zusammengearbeitet. Herausgekommen ist eine Marsreise in Bildern - nicht so, wie es ist, aber so, wie es sein könnte.

Vor einiger Zeit habe ich mit Rainer Weiss gesprochen, einem der Entdecker der Gravitationswellen aus dem All. Weiss - wir sind nur Namensvettern - erzählte mir sehr lebhaft, wie er über Jahrzehnte diese erstaunlichen Detektoren zusammengebastelt hat und wie das war, als ihm dämmerte, dass sich all die Arbeit gelohnt hat. Aber das Wesentliche konnte auch er mir nicht wirklich beschreiben: dass da vor Äonen zwei Schwarze Löcher in den Tiefen des Alls kollidierten; dass sie dabei ein Zittern der Raumzeit auslösten, das auf seiner Reise durchs Universum schließlich bei uns auf der Erde vorbeigekommen ist. So etwas wird nie ein Mensch mit eigenen Augen sehen können. Trotzdem ist es unsere Aufgabe, Leserinnen und Lesern hierzu eine möglichst detailgenaue Vorstellung zu vermitteln. Das Unnahbare nahbar machen. Auch das ist Teil unserer Arbeit. Ein Trost dabei ist: Die schönsten Bilder entstehen immer noch im Kopf.

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