Mieten:Berliner Kulturbruch

Der Senat hat sich in einem schwierigen Prozess auf den Mietendeckel geeinigt. Sollte er juristisch Bestand haben, kann er ein Signal für ganz Deutschland sein: Die Politik kann doch etwas gegen obszöne Gewinne mancher Wohnungskonzerne tun.

Von Jan Heidtmann

Wenn man sich während eines Drahtseilaktes zusammenraufen könnte, dann wäre es genau das, was der Berliner Koalition gerade gelungen ist. Fast wäre das rot-rot-grüne Bündnis über die Mietenpolitik gestürzt, doch nach wochenlangem und quälendem Hin und Her hat es sich nun auf den sogenannten Mietendeckel geeinigt.

Das ist in mehrfacher Hinsicht gut. Die schon leicht ramponierte Koalition hat bei ihrem wichtigsten Projekt gezeigt, dass sie handlungsfähig ist; wenn die Regelung vor den Gerichten Bestand hat, verschafft sie den Berliner Haushalten etwas Ruhe vor den rapide steigenden Wohnkosten. Und die Mietenpolitik der linken Regierung könnte ein Signal für andere Städte und den Bund sein: Die Politik ist durchaus imstande, den teils obszönen Gewinninteressen so mancher Bauunternehmer etwas entgegenzusetzen.

Menschlich ist es verständlich, dass die Immobilienwirtschaft den Kompromiss massiv kritisiert. Gerade im Westen Berlins gab es über Jahrzehnte ein sehr gedeihliches Nebeneinander von Baupolitik und Bauwirtschaft. Der Mietendeckel ist da ein Kulturbruch. Doch nach Jahren guter Geschäfte könnten sich auch die Wohnungskonzerne darauf besinnen, worum es in ihrem Gewerbe eigentlich geht - nämlich um Dächer über dem Kopf von Millionen Menschen.

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