Mozilla:So soll Firefox Nutzern ihre Privatsphäre zurückgeben

Mozilla Firefox Office San Francisco

Hinter Firefox stehen die gemeinnützige Mozilla Foundation und das Unternehmen Mozilla Corporation.

(Foto: Mozilla)
  • Firefox blockiert standardmäßig bestimmte Elemente von Webseiten, die Nutzer durchs Netz verfolgen.
  • Die neue Version des Browsers weitet den Tracking-Schutz aus und erstellt einen Schutzbericht, der gefilterte Elemente auflistet.
  • Mozilla will sich mit dem Fokus auf Privatsphäre von Google absetzen, dessen Chrome-Browser Firefox abgehängt hat.

Von Simon Hurtz

Manche Menschen lesen diesen Text in einer gedruckten Zeitung, andere stoßen in einer App darauf. Die meisten Leser kommen über einen Web-Browser - und deren Privatsphäre will die gemeinnützige Mozilla-Stiftung künftig besser schützen.

Bereits seit Juni blockiert der Firefox-Browser standardmäßig bestimmte Elemente von Webseiten, die Besucher quer durchs Netz verfolgen. Mit der neuen Version 70 geht Firefox-Entwickler Mozilla einen Schritt weiter. "Bislang haben wir Nutzer im Hintergrund geschützt", sagt Mozilla-Managerin Celeste Kinswood. "Viele haben davon vermutlich gar nichts mitbekommen." Künftig filtert Firefox noch mehr Elemente und erstellt außerdem einen sogenannten Schutzbericht. "Nutzer sollen sehen, wer ihnen im Netz über die Schulter schauen will", sagt Kinswood.

Um zu verstehen, warum sich Mozilla für diesen Schritt entschieden hat, hilft ein bisschen Infrastruktur-Kunde. Das moderne Internet ist mehr als ein Netzwerk aus Milliarden Servern, Rechnern und Smartphones. Es gleicht einem Spinnennetz, in dem Tausende Unternehmen auf Beutejagd gehen. Sie haben es auf Daten abgesehen: Standort, Verweildauer, IP-Adresse, Browser-Version, Bildschirmauflösung, Betriebssystem - und das ist nur ein Bruchteil der Informationen, die gesammelt werden.

In eigener Sache:

Auch die SZ setzt Tracking-Technologie ein. SZ.de erklärt auf dieser Seite, welche Tracker auf unseren Seiten eingesetzt werden und wie sie deaktiviert werden können.

Keine Mausbewegung bleibt unbemerkt, jeder Klick wird analysiert. Diese Informationen sind für Webseitenbetreiber wertvoll. Online-Medien wie SZ.de können damit etwa nachvollziehen, für welche Themen sich ihre Besucher interessieren, wie lange sie bestimmte Texte lesen und an welchen Stellen sie aus einem Artikel aussteigen. Dabei geht es nicht darum, einzelne Leser auszuspionieren. Diese Werkzeuge helfen, journalistische Inhalte so aufzubereiten, dass sie mehr Menschen erreichen.

Manche Seiten binden vierzig bis fünzig externe Tracker ein

Doch fast alle großen Webseiten sammeln die Daten mit Hilfe von Drittanbietern. Sie bauen unsichtbare Tracking-Pixel ein und integrieren Skripte von Google, Facebook, Amazon oder Werbenetzwerken. Außerdem setzen sie fremde Cookies, also kleine Dateien, die im Browser gespeichert werden und Nutzer identifizierbar machen. "Wer eine Webseite aufruft, geht davon aus, dass sein Rechner nur mit dieser Seite kommuniziert", sagt Kinswood. "Tatsächlich lesen oft noch mehr Unternehmen mit. Das wollen wir verhindern."

Der neue Firefox gibt Nutzern mehr Kontrolle über ihre Daten. Ein kleines Schildsymbol in der Adresszeile zeigt an, welche Elemente auf der aktuell geöffneten Webseite blockiert wurden. Auf SZ.de filtert Firefox etwa ein Dutzend Skripte, auf anderen Seiten laufen drei bis viermal so viele Tracker. Bereits nach wenigen Minuten Surfen zeigt der Schutzbericht Hunderte blockierte Cookies, Skripte und Social-Media-Tracker an. Wer einen Tag lang soziale Medien liest, Informationen nachschlägt und Nachrichtenseiten öffnet, sieht in dem Protokoll Zehntausende Einträge.

Chrome hat Firefox abgehängt - Mozilla hat Fehler gemacht

Der Tracking-Schutz ist kein Werbeblocker. Es kann zwar sein, dass Nutzer auf einigen Seiten weniger Anzeigen sehen, weil sie Teil der Elemente sind, die Firefox filtert. Doch Mozilla versucht nicht, Online-Werbung an sich zu verhindern - schließlich lebt das halbe Internet davon. Außerdem überweist Google Mozilla Hunderte Millionen Dollar, damit Google die Standardsuchmaschine in Firefox bleibt. Mozilla wäre schlecht beraten, es sich mit Google zu verscherzen, das mehr als 100 Milliarden Dollar pro Jahr mit Werbung verdient.

Der neue Firefox lässt Anzeigen durch und versucht nur, die Daten zu begrenzen, die dabei an Dritte abfließen. Das können Nutzer auch mit anderen Browsern wie Google Chrome erreichen, wenn sie spezielle Erweiterungen installieren. Der entscheidende Unterschied: Bei Firefox ist der Privatsphäre-Schutz standardmäßig aktiv.

Der Fokus auf Privatsphäre und Datenschutz soll helfen, Nutzer zurückzugewinnen. In den vergangenen Jahren hat Mozilla Fehler gemacht. Zwischenzeitlich war Chrome schlicht schneller und intuitiver als Firefox, erst mit dem Quantum-Update konnte Mozilla die Lücke schließen. Auch deshalb dominiert Google den Browsermarkt.

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