Freie Wähler:Duell um Spitzenkandidatur

Freie Wähler: Koch oder Kellner? Für den zweiten Gang im parteiinternen Machtkampf ist alles angerichtet: Landratsstellvertreter Otto Bußjäger beim Empfang des Landtags vor Schloss Schleißheim.

Koch oder Kellner? Für den zweiten Gang im parteiinternen Machtkampf ist alles angerichtet: Landratsstellvertreter Otto Bußjäger beim Empfang des Landtags vor Schloss Schleißheim.

(Foto: Claus Schunk)

Bei den Kommunalwahlen will der Landtagsabgeordnete und Kreisvorsitzende Nikolaus Kraus dem amtierenden Landratsstellvertreter Otto Bußjäger die abermalige Nominierung streitig machen.

Von Iris Hilberth

Feind, Todfeind, Parteifreund. Diese Steigerung ist bei den Freien Wählern (FW) im Landkreis München spätestens jedem präsent, seit sich deren oberste Vertreter im vergangenen November bei der Jahreshauptversammlung öffentlich ordentlich in die Haare bekamen. Es war der Höhepunkt eines schon lange schwelenden Konflikts zwischen dem Landtagsabgeordneten und Kreisvorsitzenden Nikolaus Kraus aus Ismaning und dem stellvertretenden Landrat Otto Bußjäger aus Höhenkirchen-Siegertsbrunn. Die Rivalität ist offenbar nicht beendet, der Streit geht am Freitag bei der Aufstellungsversammlung für die Kommunalwahl 2020 in die nächste Runde: Wie vorab bekannt wurde, wollen beide als Landratskandidat antreten.

Beide versuchen zwar den Zwist vor dem Treffen im Ismaninger Gasthof Neuwirt etwas abzumoderieren, sprechen davon, dass es doch normal sei in der Demokratie, wenn es zwei Bewerber gebe. "Demokratie lebt von der Vielfalt", sagt etwa Bußjäger und Kraus betont: "In der Demokratie sollen die Leute entscheiden." Doch lassen beide durchblicken, wie sehr sie sich eigentlich über den anderen erneut ärgern. "Besonders glücklich bin ich über die Situation nicht", sagt Bußjäger. Kraus wiederum sagt: Er habe sich schon sehr gewundert, als Bußjäger kurz nach der kontroversen Versammlung in Höhenkirchen-Siegertsbrunn vor einem Jahr seine erneute Kandidatur ankündigte, "ohne das abgesprochen zu haben".

Bußjäger findet, die Arbeitsteilung habe sich bewährt

Bußjäger war bereits 2014 als Landratskandidat der Freien Wähler angetreten und hat, wie er findet, die fünfeinhalb Jahre als einer der Landratstellvertreter viel für die Menschen im Landkreis erreicht. Die FW-Fraktion im Kreistag habe sich im Wettbewerb um die besten Ideen als "Taktgeber" profiliert. Als Beispiele führt Bußjäger die Themen Schulen und Mobilität an, mit den Konzepten für Magnetschwebebahnen und Seilbahnen. "Ich möchte das genauso fortführen", begründet Bußjäger seine Bewerbung um eine erneute Kandidatur. Er stehe für Kontinuität, "nicht für Revolution, sondern für Evolution".

Freie Wähler: FW-Kreischef und Landtagsabgeordneter Nikolaus Kraus will als Landratskandidat antreten.

FW-Kreischef und Landtagsabgeordneter Nikolaus Kraus will als Landratskandidat antreten.

(Foto: Claus Schunk)

Nach Bußjägers Ansicht hat sich die Arbeitsteilung bei den Freien Wählern bewährt. Kollege Kraus solle sich daher um die Landespolitik kümmern, er um die Kommunen. So sei die "Schlagkraft" am besten. Der Höhenkirchner hat früh seinen Hut in den Ring geworfen: Bereits vergangenen Dezember, also kurz nach der zum Teil tumultartigen Jahreshauptversammlung, bekundete er sein Interesse an einer erneuten Landratskandidatur. Er brenne für die Kommunalpolitik und für den Landreis, sagt Bußjäger. Nach eigenen Worten weiß er die Fraktion im Kreistag und den erweiterten Kreisvorstand hinter sich.

Kraus will kein "Öl ins Feuer gießen"

Bei Nikolaus Kraus klingt das etwas anders. Bußjäger habe diese Ankündigung "ohne Rücksprache" gemacht, sagt er, geht aber nicht weiter darauf ein, wie sehr er sich darüber offenbar geärgert hat. An den Eklat von Höhenkirchen-Siegertsbrunn wollen weder Kraus noch Bußjäger erinnert werden. Statt von Streit wird rückblickend lieber von "atmosphärischen Störungen" gesprochen. Tatsächlich hatte Kraus damals Bußjäger vorgeworfen, hinter seinem Rücken gegen ihn und Kreisgeschäftsführerin Ilse Ertl zu arbeiten. Es fielen Worte wie "Verleumdungen", "Unwahrheiten" und "Unterstellungen". Am Ende wurden Kraus und Ertl, denen Bußjäger damals vorwarf, zu wenig zu tun, in ihren Ämtern bestätigt. Bußjäger gehört dem erweiterten Vorstand an. Dass ihn der Zoff gegrämt hätte, war nicht festzustellen. Im Gegenteil: Er fand nach der Versammlung gar, es könne ein "neues Zeitalter" für die Freien Wähler im Landkreis" angebrochen sein.

Ob Kraus das auch so sieht? Er will nicht mehr über den Ärger reden, sondern spricht von "unterschiedlicher Auffassung", Politik zu machen. Das Wort "Streit" vermeidet er bewusst. Er wolle "kein Öl ins Feuer gießen". Nach Bußjägers Vorpreschen im Dezember habe er sich "seine Gedanken gemacht", auch über die Vor- und Nachteile einer Kandidatur. Die Gründe seiner Bewerbung will er erst bei der Versammlung am Freitagabend in Ismaning erläutern, bei der auch die Liste für die Kreistagswahl aufgestellt wird. Zum gegenseitigen Verhältnis sagt Kraus: "Wir arbeiten als Kreistagskollegen zusammen." Bei Bußjäger klingt das so: "Man muss keine Freunde sein."

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