Deutsche Bahn:Neue Sitze sollen's richten

Vorstellung des ICE 4 in München, 2016

Kamen eher nicht so gut an: die Sitze in den neuen ICE-4-Zügen der Deutschen Bahn.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Die Deutsche Bahn hält für das kommende Jahr einige Neuerungen für Kunden bereit.
  • Dazu gehören neue, bequemere Sitze, eine neue Ansage-Stimme und ein Chatbot.
  • Die Gütertochter DB Cargo wird für die Bahn indes zum ersten Problem.

Von Markus Balser, Berlin

Was sich bei der Deutschen Bahn im kommenden Jahr für die Passagiere ändern soll? Der 45-jährige Profisprecher Heiko Grauel hat gerade zwei Wochen hinter verschlossenen Türen an der wohl auffälligsten Neuerung gearbeitet. Von 2020 an werden dann bundesweit die künstlich klingenden Ansagen zu Abfahrten, Ankünften oder Verspätungen gegen natürliche eingetauscht. Grauel, der sich in einem Casting durchsetzte, leiht dem Konzern dafür seine tiefe Stimme und macht sie damit wohl schlagartig zu einer der bekanntesten im Land.

Rund 14 000 Sätze hat Grauel über zwei Wochen dafür im Tonstudio in einen Computer gesprochen. Die sogenannte Text-to-Speech-Technik wird Wörter, Silben und Betonungen zu ganz neuen Ansagen formen. Zumindest für Grauel wird Bahnfahren so eine ganz neue Erfahrung. Er werde künftig wohl länger an den Bahnhöfen bleiben als sonst, um sich zuzuhören, sagt der Sprecher am Mittwoch in Berlin, wo die Deutsche Bahn die Neuerungen für Kunden vorgestellt hat.

Zwar bekommt der zuletzt viel kritisierte Konzern die Probleme mit der anhaltenden Unpünktlichkeit nur schleppend in den Griff. Wer lange im Zug sitzt, soll es aber wenigstens bald bequemer haben. Nach viel Kritik an den Sitzen der neuen ICE-Generation sollen weichere Polster, neue Armlehnen und mehr Platz im Schulterbereich mehr Komfort schaffen. Von März 2020 an will die Bahn die neuen Sitze in ihre Hochgeschwindigkeitszüge bringen. Insgesamt sollen bis Ende 2021 fast 60 000 der neuen Sessel in ICE-3- und ICE-4-Züge eingebaut werden. 40 Millionen Euro will sich die Bahn das kosten lassen. Bei der Entwicklung floss auch das Votum von 5800 Kunden ein, die die neuen Sitzmöbel vorab testen konnten. Mit dem Projekt räumt die Bahn allerdings auch ein, dass die Entwicklung der erst zwei oder drei Jahre alten, aktuellen Sitze wohl an den Kunden vorbei lief. Im vergangenen Jahr hatten sich die Beschwerden bei der Bahn über unbequeme Sitze verschärft.

Bequemer reisen sollen die Kunden der Bahn künftig auch mit neuen digitalen Angeboten. Der Konzern will seine App, den Navigator, zum informativeren Begleiter auf Reisen aufrüsten und etwa für die 200 größten Bahnhöfe Informationen für Züge oder den Nahverkehr liefern, damit sich Passagiere am Ziel oder beim Umsteigen besser orientieren können. Um das Umsteigen zwischen Auto und Zug zu erleichtern, testet der Konzern in Stuttgart eine neue App für Park- and-Ride-Angebote. Die sollen für gewünschte Strecken die besten Kombinationen aus Auto- und Zugstrecken angeben - und auch noch prüfen, ob Parkplätze am Bahnhof frei sein werden.

Gütertochter DB Cargo wird für die Bahn zum ernsten Problem

Über ihre Smartphones sollen Passagiere vom kommenden Jahr an auf Pilotstrecken im Bordrestaurant Speisen und Getränke bestellen können. Wie das die Bequemlichkeit erhöhen soll, bleibt allerdings Geheimnis der Bahn: Denn abholen muss der Kunde die Bestellung auch weiterhin - es sei denn, er fährt erste Klasse.

Zu den Verbesserungen zählt die Bahn auch das neue Angebot für einen sogenannten Chatbot, einen Computer, der rund um die Uhr Kundenfragen auf der Internetseite des Konzerns beantworten soll. Der Testbetrieb läuft bereits, pro Tag finden derzeit etwa 1400 Chats statt. Allerdings kann das System bislang keine individuellen Fragen zu Zugverbindungen beantworten, sondern nur Standardfragen etwa zum Ablauf von Stornierungen.

Zum ernsten Problem wird für den Konzern derweil die Gütertochter DB Cargo. Wegen Engpässen stehen derzeit viele Züge still, Kunden droht die verzögerte Lieferung von Waren. DB Cargo verzeichne in allen Netzwerken derzeit "eine sehr angespannte betriebliche Lage", heißt es in einem aktuellen internen Schreiben, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. "Dadurch kommt es zu teils signifikanten Verzögerungen bei der Bereitstellung der Sendungen der Kunden." Schon im vergangenen Jahr hatte die Krisentochter der Deutschen Bahn einen Verlust von 190 Millionen Euro eingefahren.

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