Energiegesetz:Nur kleine Schritte

Energiegesetz: Kaufen oder pachten: Ein Haus auf Erbbaugrund zu bauen, kann eine kostengünstige Alternative zu hohen Grundstückspreisen sein.

Kaufen oder pachten: Ein Haus auf Erbbaugrund zu bauen, kann eine kostengünstige Alternative zu hohen Grundstückspreisen sein.

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Die Klimapolitik der Bundesregierung bringt im Gebäudebereich wenig Neues. Die Standards für Neubauten bleiben unverändert.

Von Ralph Diermann

Drei Jahre lang hat die Bundesregierung daran gearbeitet, den Wildwuchs an Vorgaben und Verordnungen zum Klimaschutz im Gebäudesektor zu lichten - ein neues Gesetz sollte her, das die Rechtslage vereinfacht und entbürokratisiert. Mehrere Anläufe scheiterten, unter anderem, weil sich Union und SPD nicht einigen konnten, welche Effizienzstandards im Neubau künftig gelten sollen. Mit dem Klimapaket ist nun der Knoten geplatzt: Das Bundeskabinett hat am vergangenen Mittwoch den Entwurf für ein Gebäudeenergiegesetz (GEG) verabschiedet, das Energieeinspargesetz (EnEG) und -verordnung (EnEV) sowie das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zusammenführt.

Das Gesetz soll dazu beitragen, die CO₂-Emissionen im Gebäudesektor bis 2030 von heute 118 Millionen Tonnen auf 70 Millionen Tonnen zu senken. In einem wesentlichen Punkt gilt allerdings auch künftig die alte Rechtslage: Die energetischen Anforderungen an Neubauten lässt das GEG unangetastet. Damit haben sich Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und der für Bauen zuständige Innenminister Horst Seehofer (CSU) gegenüber Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) durchgesetzt. Auch nach dem neuen Gesetz dürfen Neubauten mit einem Energiebedarf von bis zu sechzig Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr errichtet werden. Dabei kommen sehr viele Immobilien schon heute mit deutlich weniger Energie aus. Konsequenterweise taucht das lange von der Bundesregierung propagierte Ziel, bis 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu schaffen, im Gesetzesentwurf nicht mehr auf - angesichts der langen Sanierungszyklen müssten Immobilien dann nämlich bereits heute standardmäßig so gebaut werden, dass sie praktisch kein CO₂ ausstoßen. Die Bundesregierung will 2023 prüfen, ob das GEG verschärft werden muss.

Mit dem neuen Gesetz will die Bundesregierung zudem die Ölkessel aus den Heizungskellern drängen. Von 2026 an ist es nicht mehr zulässig, einen neuen Ölbrenner einzubauen, wenn die alte Anlage ausgetauscht werden muss. Allerdings lässt die schwarz-rote Koalition mehrere scheunentorgroße Hintertüren: Hausbesitzer können das Verbot umgehen, indem sie zusätzlich zu einem neuen Kessel eine Solarthermie-Anlage installieren. Ausnahmen macht das GEG auch für Bestandsgebäude, die nicht an Erdgas- oder Fernwärmenetze angeschlossen werden können und wo der Einbau einer Wärmepumpe oder Holzheizung unwirtschaftlich oder technisch unmöglich ist. Eine weitere Neuerung im GEG: Wechselt ein Ein- oder Zweifamilienhaus den Eigentümer oder wird das Gebäude umfassend saniert, ist eine Energieberatung obligatorisch.

"Mutlos" und "Desaster": Umweltschützer kritisieren das neue Energiegesetz

Darüber hinaus gibt das Gesetz Bauherren mehr Flexibilität bei der Erfüllung der Effizienzvorgaben. Sie können diese künftig auch auf Basis einer CO₂-Rechnung umsetzen. Nicht wie üblich der Primärenergiebedarf eines Gebäudes, sondern der Treibhausgas-Ausstoß ist dann zentrale Zielgröße der Effizienzmaßnahmen - ein neuer Bilanzierungsansatz, der nun in der Praxis erprobt werden soll. Die Wohnungswirtschaft begrüßt dies als Schritt in die richtige Richtung. "Angesichts der Klimaziele müssen die Treibhausgasemissionen zur Steuerungsgröße nicht nur des Ordnungsrechts, sondern auch der Förderung werden", fordert Axel Gedaschko, Präsident des Branchenverbandes GdW. Danach würde es für Maßnahmen, die viel CO₂ einsparen, mehr Geld geben als für solche, die nur wenig zum Klimaschutz beitragen.

Die Deneff, ein Zusammenschluss von Unternehmen der Energieeffizienz-Branche, bezeichnet das neue Gesetz als mutlos. Dem Klima bringe der Entwurf kaum etwas. Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, kritisiert, dass das GEG keinen nennenswerten Beitrag zum Erreichen des Klimaziels 2030 im Gebäudesektor leiste. "Wir fordern ein Verbot neuer Ölheizungen ab 2020 und ohne Ausnahmen. Gasheizungen dürfen nur noch bis 2025 eingebaut werden", so Müller-Kraenner. Julia Verlinden, energiepolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, spricht von einem "klima-, bau- und energiepolitisches Desaster". Sie ist überzeugt: "Die Pariser Klimaziele können so nicht erreicht werden."

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