Landtagswahl in Thüringen:Aufruhr in der CDU

  • Nach der Wahlschlappe in Thüringen debattiert die CDU über die Frage, ob eine Koalition mit der Linkspartei denkbar ist.
  • Spitzenkandidat Mohring zeigt sich dafür zunächst offen, rudert nach heftiger Kritik aus der Partei aber zurück.
  • Mohrings Vize in der Fraktion bringt hingegen ein Bündnis mit AfD und FDP ins Spiel.

Von Detlef Esslinger

Nach der Wahl in Thüringen ist in der CDU eine heftige Debatte ausgebrochen: vorgeblich über eine Zusammenarbeit mit der Linken, tatsächlich aber über die Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer. Die Partei war am Sonntag nur auf Platz drei gekommen, hinter der Linken und der AfD. Nach der Vorstandssitzung am Montag in Berlin musste Kramp-Karrenbauer zugeben, "dass von dem Vorsitzenden der Jungen Union die Führungsfrage gestellt worden" sei. Sie bleibe aber dabei: Über Vorsitz und Kanzlerkandidatur werde erst in einem Jahr entschieden. Und die Führungsdebatte, die seit Monaten läuft, sei ein Grund für die Niederlage.

Der nächste CDU-Parteitag wird Ende November in Leipzig sein. Dabei stehen eigentlich keine Wahlen an, aber angesichts der Stimmung in der Partei mag offenbar niemand für dessen Verlauf garantieren. Dem JU-Chef Tilman Kuban sprang zwar am Montag niemand ausdrücklich bei. Doch es gab vor der Sitzung eine Äußerung von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, die zu Interpretationen einlud: "Nur wenn man die Sachen wirklich klar beim Namen benennt und bereit ist, auch Konsequenzen zu ziehen, kann es hier einen Aufwärtsschub geben."

Die Nervosität in der CDU wurde befeuert, weil sich Mike Mohring, ihr Landeschef in Thüringen, am Morgen scheinbar offen gezeigt hatte für ein Bündnis mit der Linken von Ministerpräsident Bodo Ramelow. Er schließe "keine Gespräche mit denen aus, die auf dem Boden der Verfassung stehen", sagte Mohring - und fügte hinzu: "Ich brauche ja nicht Berlin für die Frage, wie wir in Thüringen künftig Verantwortung für das Land übernehmen können."

Der Protest war umfänglich. "Wenn wir mit Linkspartei und AfD koalieren würden, dann braucht es uns nicht mehr", sagte Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner. "Wir müssen endlich Haltung zeigen statt Beliebigkeit", sagte der Chef der Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann. "Mir sträubt sich wirklich alles, wenn ich an eine Zusammenarbeit der CDU mit der Linken denke", sagte der baden-württembergische Landeschef Thomas Strobl. Sein Generalsekretär Manuel Hagel sagte: "Wer an dieser Stelle offen ist, ist womöglich nicht ganz dicht."

Und auch in Thüringen regte sich Protest. "Höchst irritiert" äußerte sich Mohrings Stellvertreter im Landesvorsitz, Mario Voigt. Eine besondere Form des Widerspruchs wählte Mohrings Vize in der Fraktion, Michael Heym. Er sagte: "Rechnerisch reicht es für ein Bündnis aus AfD, CDU und FDP. Ich finde, das sollte man nicht von vornherein ausschließen." Da die AfD am Sonntag stärker als die CDU geworden war, würde sie in einer solchen Koalition nach den parlamentarischen Gepflogenheiten den Ministerpräsidenten stellen, also Björn Höcke. AfD-Bundessprecher Alexander Gauland bezeichnete die Konstellation mit CDU und FDP als "bürgerliche Mehrheit". Es wäre richtig, sie umzusetzen.

Was die Regierungsbildung in Thüringen betrifft, mündete die CDU-interne Debatte darin, dass Mike Mohring erklärte, zwar mit Ramelow zu reden, sich aber keine Situation vorstellen zu können, "dass Rot-Rot-Grün durch die CDU in eine neue Regierungsverantwortung gehoben wird". Später schloss er eine Koalition mit der Linken nochmal dezidiert aus. Auch die FDP lehnte Koalitionsgespräche mit Ramelow ab. "Auch eine Tolerierung sehe ich nicht", sagte ihr Spitzenkandidat Thomas Kemmerich. Dieser bedarf es nach Artikel 70 der Landesverfassung indes nicht. In einem dritten Wahlgang ist in dem Bundesland an die Regierungsspitze gewählt, "wer die meisten Stimmen erhält" - egal ob es förmliche Partner gibt. Kemmerich sagte, über "einzelne Sachfragen" wäre er aber bereit, mit einer Regierung Ramelow zu sprechen. Die Linke will aber ohnehin zunächst die bisherigen Koalitionspartner SPD und Grüne zu Gesprächen einladen.

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