Frankreich:Hass und Kalkül

Anschlag auf Muslime: Die tolerante Gesellschaft ächzt und schwächelt.

Von Nadia Pantel

Ein 84-jähriger Franzose will eine Moschee anzünden. Als zwei Männer ihn dabei überraschen, schießt er sie nieder. Ermittler werden nun darüber nachdenken müssen, in welchen Anteilen dieser Angriff in Bayonne davon ausgelöst wurde, dass der Täter psychische Probleme hatte, und in welchen Teilen davon, dass er Rassist war. Das Umfeld des Mannes berichtet, dass beides wahr ist.

Sicher ist, wem der Täter schaden wollte: Muslimen. In Frankreich gab es keine rassistische Mordserie wie durch den NSU in Deutschland. Doch das Land steht vor ähnlichen Herausforderungen. Im Oktober 2017 wurden Männer mit Verbindungen ins rechtsradikale Milieu festgenommen, die Anschläge auf Politiker geplant hatten; im Juni 2018 eine rechtsradikale Gruppe, die Imame und verschleierte Frauen attackieren wollte.

Genährt wird der Hass von drei Gruppen. Da wären Berufspolemiker wie der Publizist Éric Zemmour, die auf allen Kanälen ihre Abneigung gegen Muslime und Eingewanderte verbreiten. Dann all jene, die dazu übergegangen sind, die Politikerin Marine Le Pen zu behandeln, als sei sie "die Stimme des Volkes" und nicht Chefin einer im Faschismus verwurzelten Partei. Und schließlich jene, die im Namen der Terrormiliz IS Tod und Angst brachten. Das Kalkül geht auf: Die tolerante Gesellschaft ächzt.

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