Arbeitsmarkt:Begehrte Lehrlinge

Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen hat sich seit 2010 mehr als verdoppelt

Von Maximilian Gerl, Nürnberg/München

Viele Azubis auf der einen Seite, aber immer noch zu wenige auf der anderen: Geht man nach einer am Mittwoch veröffentlichten Ausbildungsbilanz, herrscht zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine anhaltend große Lücke auf dem Ausbildungsmarkt. Zwar scheint die duale Ausbildung für viele junge Menschen attraktiver geworden zu sein. Gleichzeitig droht sich der Fachkräftemangel weiter zu verschärfen. "Die Zahl der unbesetzten Berufsausbildungsstellen hat sich seit 2010 etwas mehr als verdoppelt", schreibt die Regionaldirektion Bayern der Arbeitsagentur. Bis Ende September dieses Jahres blieben demnach 15 562 Plätze unbesetzt. Im Ausbildungsjahr 2010/2011 wussten die Jobcenter lediglich von 7733 unbesetzten Stellen.

Arbeitsmarkt: Glücklich, wer einen Kochlehrling findet: Denn vor allem im Hotel- und Gaststättengewerbe ist es schwierig, Auszubildende zu bekommen.

Glücklich, wer einen Kochlehrling findet: Denn vor allem im Hotel- und Gaststättengewerbe ist es schwierig, Auszubildende zu bekommen.

(Foto: Catherina Hess)

Dabei liest sich Bayerns Ausbildungsbilanz gar nicht so schlecht, wie es diese Zahlen vermuten lassen. Etwa 95 000 Azubis dürften nach Hochrechnungen der Jobcenter im Herbst ihre Ausbildung begonnen haben; das wären etwa so viele wie im Vorjahr. Auch liege rein rechnerisch der Anteil der Schulabsolventen, die sich für eine Ausbildung entschieden, bei rund 72 Prozent. 2012 seien es noch 69 Prozent gewesen. Trotzdem ist der Bedarf der Wirtschaft nicht gestillt, seit 2010 gab es jedes Jahr konstant mehr Ausbildungsstellen als Bewerber. Besserung ist aufgrund des demografischen Wandels nicht in Sicht. Stattdessen dürfte es wohl noch schwerer werden, dem Azubi- und damit Fachkräftemangel zu begegnen.

Ein Problem ist, dass nicht nur Anspruch, sondern auch Wunsch und Wirklichkeit bisweilen auseinanderklaffen - bei allen Beteiligten. So konzentrierten sich rund 40 Prozent aller Bewerber auf gerade einmal zehn Ausbildungsberufe. Das führte in einigen Branchen zu einem extremen Ungleichgewicht, etwa bei der Ausbildung zum oder zur "Kaufmann/-frau im Einzelhandel". Diesen Wunsch gaben 3240 junge Menschen in den Jobcentern an. Die Zahl der gemeldeten Stellen lag indes mit 7087 mehr als doppelt so hoch. Vom Deutschen Gewerkschaftsbund in Bayern heißt es, ein Großteil der unbesetzten Ausbildungsplätze entfielen wieder einmal auf den Einzelhandel, das Lebensmittelhandwerk sowie das Hotel- und Gaststättengewerbe. "Damit sind vor allem die Branchen betroffen, die in Sachen Ausbildungsqualität noch enormen Nachholbedarf haben." Vor allem schlechte Ausbildungsbedingungen - etwa regelmäßige Überstunden oder ausbildungsfremde Tätigkeiten - seien für viele Azubis in Bayern Alltag und führten nicht selten zum Ausbildungsabbruch. Auch Geschlechter- und Rollenklischees scheinen weiter ihren Teil beizutragen. Laut dem Bericht der Regionaldirektion entschieden sich junge Frauen vornehmlich für eine Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten oder zur Industriekauffrau. Bei ihren männlichen Kollegen lagen dagegen Kfz-Mechatroniker und Industriemechaniker vorn. Das könnte auch ein Grund sein, warum gerade im Handwerk mit seinen vermeintlichen "Männerberufen" die Nachwuchssorgen groß sind. Zuletzt waren hier noch 20 Prozent der Ausbildungsstellen offen. In Industrie und Handel waren es zwölf Prozent.

Am Mittwoch veröffentlichte die Regionaldirektion zudem ihre aktuelle Arbeitslosenstatistik. Zum Oktober waren bayernweit 200 516 Menschen arbeitslos gemeldet - 8953 Personen weniger als im September. Die Arbeitslosenquote sank um 0,1 Punkte auf 2,7 Prozent. Der Rückgang gilt als saisonüblich: Viele Schulabgänger melden sich im Sommer erst einmal arbeitslos, bevor sie sich für den weiteren Karriereweg entscheiden. Zumindest an Ausbildungsplätzen herrscht in Bayern ja großes Angebot.

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