Flüchtlingskrise:Gutachten: Ungarn, Polen und Tschechien haben gegen EU-Recht verstoßen

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Das spanische Flüchtlingsrettungsschiff Open Arms vor der Küste von Lampedusa (Italien) (Foto: AFP)
  • Polen, Ungarn und Tschechien weigerten sich, die 2015 von der Mehrheit der EU-Staaten beschlossene Umverteilung von Flüchtlingen umzusetzen.
  • Die EU-Kommission klagte daraufhin gegen die drei Länder.
  • Nun befindet die Generalanwältin des EuGH: Die Staaten haben durch ihre mangelnde Solidarität gegen EU-Recht verstoßen - mit einem Urteil wird in den kommenden Monaten gerechnet.

Wegen mangelnder Solidarität in der Flüchtlingskrise haben Ungarn, Polen und Tschechien nach Ansicht einer wichtigen EU-Gutachterin gegen EU-Recht verstoßen. Die drei Länder hätten sich nicht weigern dürfen, einen Beschluss zur Umverteilung syrischer und anderer Asylbewerber aus Griechenland und Italien umzusetzen, befand die Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), Eleanor Sharpston, in Luxemburg ( Rechtssachen C-715/17, C-718/17 und C-719/17).

Die Mitgliedstaaten seien nicht befugt gewesen, die Aufnahme der Geflüchteten mit dem Argument der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung abzulehnen, heißt es in den EuGH-Anträgen. Den Ländern sei es ohne weiteres möglich gewesen, Sicherheit und Wohlergehen ihrer Bürger zu schützen. Die Umsiedlung eines Asylbewerbers hätte jederzeit mit berechtigten Gründen abgelehnt werden können.

"Dies ist das Wesen von Solidarität"

Sharpston argumentiert, dass sowohl die Mitgliedstaaten an den Außengrenzen als auch die potenziellen Aufnahmestaaten in einer "klaren Notsituation" für eine angemessene Umsetzung der Umsiedlung verantwortlich gewesen seien, um den "unerträglichen Druck" auf die Außen-Staaten zu mildern. "Dies ist das Wesen von Solidarität", so die Generalanwältin.

Die Schlussanträge sind Teil eines Vertragsverletzungsverfahren, das gegen die drei osteuropäischen Mitgliedstaaten in der Sache läuft. Ein Urteil in dem Rechtsstreit dürfte in den kommenden Monaten fallen. Dann könnte der EuGH Zwangsgelder gegen die drei Länder verhängen. Die Richter sind nicht verpflichtet, sich an die Schlussanträge zu halten.

Die EU-Staaten hatten 2015 in zwei Mehrheitsentscheidungen die Umverteilung von bis zu 160 000 Asylbewerbern beschlossen, um Italien und Griechenland zu entlasten. Tschechien, Ungarn und Polen weigerten sich allerdings, den Beschluss umzusetzen - obwohl der EuGH die Rechtmäßigkeit der Entscheidung in einem späteren Urteil bestätigte. Die EU-Kommission, die in der Staatengemeinschaft unter anderem die Einhaltung von EU-Recht überwacht, klagte gegen die Länder.

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