NS-Raubkunst:Nach 80 Jahren

NS-Raubkunst: Friedrich Olivier: „An der Isar“, Bleistiftzeichnung von 1844.

Friedrich Olivier: „An der Isar“, Bleistiftzeichnung von 1844.

(Foto: Lenbachhaus)

Lenbachhaus restituiert zwei Zeichnungen

Von Evelyn Vogel

Das Münchner Lenbachhaus hat mit Unterstützung der Israelitischen Kultusgemeinde Wien zwei Zeichnungen aus dem eigenen Sammlungsbestand an die rechtmäßigen Erben der Künstlerbrüder Olivier restituiert. Es handelt sich um die Bleistiftzeichnung "An der Isar" des 1791 geborenen Friedrich Olivier sowie um die Kreidezeichnung mit dem Titel "Landschaftskomposition" seines sechs Jahre älteren Bruders Ferdinand. Recherchen des Lenbachhauses und der Albertina in Wien hatten ergeben, dass die beiden Blätter Marianne Schmidl, einer Urenkelin von Friedrich Olivier, 1939 NS-verfolgungsbedingt entzogen worden waren. Das Lenbachhaus hatte die beiden Zeichnungen im April 1939 auf einer Auktion des Kunst- und Buchantiquariats von C. G. Boerner in Leipzig erworben.

Marianne Schmidl, 1890 in Berchtesgaden geboren, wuchs in Wien auf und promovierte an der dortigen Universität 1915 als erste Frau in Ethnologie. Sie war in völkerkundlichen Museen tätig, von 1921 an arbeitete sie als Bibliothekarin an der Österreichischen Nationalbibliothek. Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 wurde sie aufgrund der jüdischen Abstammung ihres Vaters von den Nationalsozialisten verfolgt und in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Die von den Nationalsozialisten eingeführten antijüdischen Sondersteuern verschärften ihre ohnehin angespannte finanzielle Situation, so dass sich Marianne Schmidl 1939 gezwungen sah, die seit langer Zeit im Familieneigentum befindlichen Kunstwerke zu veräußern. Dazu gehörten auch die beiden nun restituierten Werke.

Am 9. April 1942 wurde Marianne Schmidl nach Polen in das Transitghetto Izbica deportiert. Von dort wurden die meisten Insassen in Vernichtungslager gebracht, hauptsächlich nach Bełżec oder Sobibór. In Izbica verliert sich die Spur von Marianne Schmidl. Sie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg auf Antrag einer ihrer Nichten "für tot erklärt".

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