Telekommunikation im Landkreis:Da funkt's

Telekommunikation im Landkreis: In Königsdorf wurde das "Kein" auf dem Protestbanner erst dick durchgestrichen, dann ganz herausgeschnitten.

In Königsdorf wurde das "Kein" auf dem Protestbanner erst dick durchgestrichen, dann ganz herausgeschnitten.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Der geplante Ausbau von Sendemasten für die neue Mobilfunkgeneration 5G spaltet die Gesellschaft. Die einen stellen große Protestplakate auf, die anderen reißen diese wieder nieder oder beschmieren sie.

Von Petra Schneider und Claudia Koestler

Es ist ein regelrechter Kleinkrieg, der da an den Straßenrändern und auf Feldern in der Region derzeit betrieben wird. "Kein 5 G in Königsdorf" steht da zum Beispiel auf einem großen Banner an der B 11. Ein unübersehbares Statement, das aber anscheinend nicht jedem passt. Kein 5 G? Erst hatte jemand mit einem dicken Filzstift das "Kein" durchgestrichen, inzwischen ist das ganze Wort offenbar mit einer gehörigen Portion Groll aus dem Banner herausgeschnitten worden. So wird die Aussage in ihr Gegenteil verkehrt.

Wie in Königsdorf so stehen derzeit auch an vielen anderen Orten Protestplakate gegen den geplanten Ausbau der Funkmasten für die neue Mobilfunkgeneration 5 G. Mancherorts organisieren Bürgerinitiativen Vorträge und Veranstaltungen, um über vermeintliche Gesundheitsrisiken zu informieren - in Icking und in Münsing zum Beispiel. Doch offenbar stößt der Widerstand nicht auf ungeteilten Zuspruch. In Egling zum Beispiel: Da haben Befürworter des Netzausbaus die Plakate einfach wieder umgemäht.

Die Kommunen wissen derzeit noch nicht so richtig, wie sie mit dem Streit umgehen sollen, der da draußen auf den Straßen und Äckern tobt. Ob 5 G tatsächlich gefährlicher ist als andere Sendemasten, ist schließlich noch gar nicht erwiesen (siehe Infokasten). Aber auch die Unbedenklichkeit ist wissenschaftlich eben noch nicht endgültig nachgewiesen. Wie soll man mit einem Thema also umgehen, das so emotional besetzt ist, über das aber noch so wenig bekannt ist?

Was in den Rathäusern dazu läuft, kann man sich derzeit auch in Lenggries anschauen. In der Brauneck-Gemeinde hat sich als Teil der überregionalen Bewegung "Stoppt 5 G" ebenfalls eine Bürgerinitiative gegründet. Anlass dafür ist der Abschluss eines Privatvertrags zwischen der Telekom und dem Inhaber der Bayerischen Wellpappenfabrik im Ortsteil Fleck, der die Errichtung eines Funkmasts mit 5 G-Ausbaumöglichkeit im Zentrum des dortigen Gewerbegebiets vorsieht. Die Bürgerinitiative hat eine Unterschriftenaktion gestartet, um ein Moratorium des 5 G-Ausbaus in Lenggries zu erwirken. Anträge für 5 G-Anlagen sollen von der Gemeinde abgelehnt und stattdessen ein eigenes Mobilfunkkonzept erstellt werden.

Im Lenggrieser Gemeinderat hat man Verständnis für die Sorgen der Bürger. Gleichwohl machten Bürgermeister und Verwaltungsmitarbeiter in der jüngsten Sitzung deutlich, dass Kommunen nur sehr begrenzte Möglichkeiten haben, geplante Mobilfunkmasten abzulehnen. Über gesundheitliche Risiken der neuen Technik wurde nicht diskutiert. Man habe nicht die nötige Kompetenz, um eine Einschätzung vorzunehmen, sagte Bürgermeister Werner Weindl (CSU).

Übereinstimmend wurde ein Vorschlag von Josef Wasensteiner (CSU) aufgegriffen, im Rahmen einer gemeindlichen Infoveranstaltung einen "neutralen Experten" einzuladen. Das von der Bürgerinitiative geforderte Moratorium für 5 G könne eine Kommune nicht umsetzen, sagte Weindl. Der Ausbau sei politisch gewollt, die Zuständigkeit liege bei der Bundesregierung. Entsprechend werde man das Schreiben der Bürgerinitiative an die zuständigen Ministerien weiterleiten.

Ob ein kommunales Mobilfunkkonzept rechtlich tragfähig sei, müsse erst geprüft werden. Mit einem solchen Konzept könnten Städte und Gemeinden auf der Basis von Gutachten Standorte zur Verfügung stellen oder ausschließen. Ob solche Vorgaben für Mobilfunkbetreiber allerdings rechtlich bindend wären, will die Gemeinde juristisch klären lassen und hat deshalb bereits im September eine Anfrage an den Bayerischen Gemeindetag gestellt. Eine Antwort liege bislang noch nicht vor, sagte Weindl.

Kommunen können im Rahmen des Mobilfunkpakts II bei der Standortsuche mitreden. Netzbetreiber müssen die Vorschläge der Kommunen prüfen. Entscheidend sind letztlich aber ihre eigenen Standortuntersuchungen, über die sie die Kommunen dann lediglich informieren. In Lenggries macht man von diesem Mitspracherecht Gebrauch: Im März hat der Gemeinderat mit Verweis auf das Landschaftsbild und die vorhandene Wohnbebauung einen Antrag der Firma Abel-Mobilfunk abgelehnt, die im Bereich des Bauhofs im Ortsteil Anger einen 40 Meter hohen Funkmast bauen wollte. Die Gemeinderäte forderten den Netzanbieter auf, einen verträglicheren Standort zu suchen.

Für den Ortsteil Fleck hat der Gemeinderat der Telekom im vergangenen Jahr vorgeschlagen, den bestehenden Funkmast auf dem ehemaligen MKM-Gebäude auszubauen, oder einen Standort nah an der Isar und möglichst weit weg von der Wohnbebauung zu wählen. Die Telekom lehnte die Vorschläge ab: Eine Erweiterung der bestehenden Funkstation sei nicht möglich und ein Standort am Isarufer nicht geeignet, weil von dort aus der Ort und die Bundesstraße nicht ausreichend abgedeckt werden könnten.

Bauanträge für Masten, auf denen die Antennen aufgebracht werden, können unter Umständen aus baurechtlichen Gründen abgelehnt werden. Die Möglichkeiten seien allerdings begrenzt, wie der Lenggrieser Bauamtsleiter Toni Bammer kürzlich im Gemeinderat darstellte. Demnach sind im Außenbereich Mobilfunkanlagen grundsätzlich privilegiert. Im Innenbereich gelten sie als eine "nicht störende gewerbliche Nutzung", die in besonderen Wohngebieten, in Dorf- und Mischgebieten und in Gewerbe- und Industriegebieten zulässig sind. In einem allgemeinen Wohngebiet ist ein Funkturm aber nur ausnahmsweise, in einem reinen Wohngebiet nur über eine Befreiung zulässig.

Mit Bauleitplänen könne eine Gemeinde Vorrangflächen für Mobilfunkanlagen ausweisen oder umgekehrt Ausschlussflächen festlegen, erklärte Bammer. Kommunen müssten allerdings berücksichtigen, dass Artikel 87f des Grundgesetzes die "flächendeckend angemessene und ausreichende Versorgung" mit Telekommunikationsdienstleistungen auf Verfassungsrang hebe. Auch Ortsgestaltungssatzungen sind laut Bammer keine geeigneten Instrumente, um Mobilfunkanlagen zu verhindern. Ein Verbot könne in der Ortsgestaltungssatzung nicht wirksam festgelegt werden, ebenso wenig Regelungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes. Bei dieser komplizierten Sachlage kann man momentan also nur eines mit Sicherheit sagen: Die 5 G-Debatte wird die Kommunen noch länger begleiten.

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