Bildung:Digitales Defizit

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Fünf Milliarden Euro spendiert der Digitalpakt den Schulen für technisches Equipment. Das alleine reicht aber nicht, um deutschen Schülern mehr Computer-Kompetenz zu vermitteln. Die Lehrer brauchen Fortbildung, zeigt eine Studie.

Von Susanne Klein, München

Investiert ein Land in die digitale Ausstattung seiner Schulen - etwa in Notebooks, smarte Tafeln und Wlan -, werden Jugendliche dadurch nicht automatisch zu klügeren Computernutzern. Das ist die zurzeit wohl wichtigste Botschaft, die man hierzulande aus der Studie der internationalen Bildungsforschungskooperative IEA mitnehmen sollte. In ihrem Vergleich von sieben europäischen und fünf außereuropäischen Ländern warnen die Forscher vor der Annahme, mit Technik allein sei schon viel gewonnen. Schüler müssten lernen, mit Computern sicher und effektiv umzugehen - und Lehrer müssten lernen, wie sie es ihnen beibringen.

In Berlin, wo die Studie am Dienstag vorgestellt wurde, wird diese Botschaft als Bestätigung aufgefasst. Die Analyse zeige, "dass wir uns mit dem Digitalpakt auf den richtigen Weg gemacht haben", sagte der Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK) und Hessische Kultusminister Alexander Lorz. Denn dieser Digitalpakt, der nach langem Gezerre zwischen Bund und Ländern im Sommer in Kraft getreten ist, sieht ja nicht nur fünf Milliarden Euro für technisches Equipment vor. Er verpflichtet die Schulen auch, bevor sie ihren Anteil abbekommen, überzeugend darzulegen, wie sie der Technik einen Nutzen abringen wollen. Erst die pädagogischen Konzepte ermöglichten "einen Mehrwert des Digitalen für die Kompetenzentwicklung und Bildung" der Schüler, so Lorz.

Klar, dass dieser Mehrwert nur mit willigen Lehrern zu erzielen ist. "Die Digitalisierung ist nur dann erfolgreich, wenn wir unsere Lehrerinnen und Lehrer für den Einsatz noch mehr begeistern können. Dafür starten die Länder nun eine Fortbildungsoffensive", versprach der KMK-Präsident.

Und die ist auch nötig, wie die Studie zeigt. Knapp 3700 Achtklässler und fast 2400 Lehrkräfte aus 210 Schulen nahmen für Deutschland teil. In keinem anderen Land nutzen so wenige Lehrer digitale Medien täglich im Unterricht. Das liegt aber auch an der Technik - so besucht nur jeder vierte Achtklässler eine Schule, in der es Wlan für alle gibt. Gemessen daran sind die Studienergebnisse glimpflich: Die Computerkenntnisse der Schüler liegen leicht über dem internationalen Mittelwert, ihre Fähigkeiten, computergestützt Aufgaben zu lösen, liegen leicht darunter. Insgesamt ein Platz im Mittelfeld, nicht besser oder schlechter als beim ersten Durchlauf der Studie fünf Jahre früher. Will Europas stärkste Wirtschaftsnation hier vom Fleck kommen, muss sie ihre Paktpläne vom Papier in die Praxis befördern können.

Die Kompetenzstufen, derer sich die Studie bedient, verraten genauer, wie gut Achtklässler schon auf das Leben und Arbeiten in der digitalen Welt vorbereitet sind. Level 1 meint rudimentäre Kenntnisse, etwa wie man einen Link in einem neuen Tab öffnet. Level-2-User können beispielsweise Texte layouten, auf Level 4 recherchiert ein Schüler sicher im Web und erzeugt anspruchsvolle Informationsprodukte.

Jeder dritte Achtklässler in Deutschland kommt über Level 1 nicht hinaus, nur zwei von hundert erreichen Level 4. Dabei hängt - wie in anderen Ländern - viel von der sozialen Herkunft ab. Akademikerkinder sind am Computer im Schnitt fitter als andere. Auch dieses Problem müssen Schulen angehen.

© SZ vom 06.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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