Münchner Start-up Scoperty:Was kostet wohl das Haus vom Chef?

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Ein Preisschild für jedes Haus: Die Schätzwerte von Scoperty, hier am Gärtnerplatz. Screenshot: Scoperty (Foto: N/A)

Die Internetplattform Scoperty berechnet Schätzwerte für Wohnungen - auch für solche, die gar nicht zum Verkauf stehen. Damit soll der Immobilienmarkt ein bisschen transparenter werden, sagen die Gründer.

Von Bernhard Hiergeist

Dass Münchner Wohnungen teuer sind, das weiß nun wirklich jeder. Aber wie teuer genau? Einfach mal nachschauen können, was die eigene Mietwohnung wohl auf dem Markt wert wäre, oder die des Nachbarn, oder die des Chefs - das könnte schon spannend sein, geht aber natürlich nicht, solange die Wohnung nicht zum Verkauf steht. Ein neues Start-up will genau das ändern. Die Internetplattform "Scoperty" schätzt den Wert von Immobilien, die gar nicht angeboten werden. Man gibt einfach seine Adresse im Internet ein und bekommt - mehr oder weniger genaue - Schätzwerte für den Kaufpreis.

Erst in diesem Jahr gegründet, hat das Münchner Unternehmen Anfang November seine Plattform in den vier deutschen Millionenstädten plus Frankfurt am Main gestartet. Für München verzeichnet Scoperty gut 1,3 Millionen Wohnungen und Häuser mit ihrem jeweils geschätzten Wert. Damit wolle man für ein bisschen mehr Transparenz auf dem Immobilienmarkt sorgen, sagen die Firmengründer.

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"Es ist als Eigentümer oder Interessent schwierig, sich ein Bild davon zu machen, was in München ein fairer Preis ist", sagt Scoperty-CEO Michael Kasch. Über die gängigen Internetplattformen mit ihren Inseraten könne man sich zwar informieren, die Preise dort zeigten aber eher den Wunsch der Verkäufer als den tatsächlichen Wert. "Diese Differenz versuchen wir mit den Schätzwerten abzubilden", erklärt Kasch.

Ein Algorithmus schätzt auf Basis von Grundstücksgröße, Wohnfläche und Lage den Preis, auch der örtliche Mietspiegel und andere öffentlich zugängliche Daten fließen in die Berechnung mit ein, sagt der Firmenchef. Die Eigentümer selbst können die Ergebnisse noch verfeinern, indem sie etwa das Baujahr angeben oder wann die letzte Renovierung stattgefunden hat. Absolut exakt ist das Ergebnis zwar nicht, aber eine Annäherung.

Ein Modellversuch in Nürnberg habe gezeigt, dass viele Eigentümer es schätzen, sich unverbindlich informieren zu können, berichtet Kasch. "Viele wollen wissen, was ihre Wohnung ungefähr wert ist, ohne dass sie gleich zu einem Makler gehen müssen." Und ähnlich wie ein Gebrauchtwagenhändler seine Visitenkarte an geparkte Autos steckt, können potenzielle Käufer auf Scoperty ihre digitale Visitenkarte an der Haustür des Eigentümers hinterlassen. So bekunden sie ihr Interesse an einer Immobilie, die gar nicht zum Verkauf steht - und bringen damit vielleicht den Eigentümer erst auf die Idee, zu verkaufen. So würden Kaufinteressenten an ein "handverlesenes Makler-Netzwerk" vermittelt, erklärt Kasch.

Der Immobilienverband Deutschland (IVD) fürchtet das neue Onlineangebot offenbar nicht als Konkurrenz. "Es wird keine Plattform geben, die den Makler überflüssig macht", teilt der Verband auf Nachfrage mit. Makler könnten ihr Geschäft über digitale Plattformen erweitern, die persönliche Bindung und das Verständnis für den lokalen Markt aber könne kein Algorithmus ersetzen. Die Zusammenarbeit mit Maklern ist dann auch eine der Einnahmequellen von Scoperty, denn die bezahlen bei einer Vermittlung Provision an das Unternehmen. Außerdem verdient Scoperty Geld, wenn es einem Nutzer eine Baufinanzierung vermittelt.

Der nächste Schritt für das junge Unternehmen ist es nun, bald nicht mehr nur ein paar wenige Großstädte abzubilden: Schon nächstes Jahr sollen Nutzer alle gut 40 Millionen Wohnimmobilien im Land abrufen können.

© SZ vom 06.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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