Schillingsfürst:Schule sucht Leitung - per Video

Schüler der Edith-Stein-Realschule in Schillingsfürst suchen per Youtube Video einen neuen Schulleiter.

Schüler der Edith-Stein-Realschule in Schillingsfürst suchen per Youtube Video einen neuen Schulleiter.

(Foto: Youtube)

Die Direktorin der Edith-Stein-Realschule hört auf. Weil sich niemand für die Nachfolge beworben hat, versuchen es Lehrer, Eltern und Schüler mit einer ungewöhnlichen Kontaktanzeige. Und der Plan geht auf.

Von Anna Günther

Eine Minute und 55 Sekunden dauert das Video, eine Art Kontaktanzeige samt fröhlicher Hausbesichtigung. Untermalt von perlender Musik präsentieren die Mädchen und Buben der Edith-Stein-Realschule im mittelfränkischen Schillingsfürst sich und ihre Schule. Die Sonne scheint, die Kinder lächeln und demonstrieren das harmonische Miteinander, das an dieser Schule herrschen soll. "Unsere Schule ist idyllisch", lesen Zuschauer auf Zetteln, im Hintergrund üppiges Grün. "Aber niemand kocht sein eigenes Süppchen", natürlich in der Schulküche inszeniert. Fast 6500 Mal ist das Youtube-Video der Realschule aufgerufen worden, innerhalb von vier Wochen.

Damit dürfte sich der größte Wunsch der Schüler und Lehrer in Schillingsfürst quasi im Vorbeigehen erfüllt haben: Die Schule sollte bekannter werden in der Region, heißt es dazu. Bekanntheit ist eine Währung im Schulsystem, an den Anmeldezahlen der Kinder hängt die Finanzierung und damit die Zukunft einer Schule. Doch das primäre Ziel des Videos, der zweitgrößte Wunsch ist ein anderer: Die Schüler suchen einen neuen Schulleiter oder eine Schulleiterin. Die amtierende Chefin hört auf. Der Schulträger, die Erzdiözese Bamberg, schrieb die Direktorenstelle zunächst intern aus. Niemand bewarb sich.

Als die Stellenausschreibung ins Leere lief, herrschte Krisenstimmung. Denn mit 184 Schülern und 20 Lehrern ist es an der Realschule kuschlig, aber als die Anmeldezahlen für die fünfte Klasse im Frühjahr sehr niedrig ausfielen, entstand Unruhe. Eltern und Lehrer machten sich Sorgen um die Zukunft der Schule, sagt Harry Luck, Sprecher des Erzbistums. Die Situation im 3000-Einwohner-Städtchen zwischen Rothenburg ob der Tauber und Ansbach nennt er "besonders" - und meint schwierig: Die Realschule hat einen katholischen Träger im evangelischen Mittelfranken. Zudem gebe es in der Region einige Realschulen, die um Kinder buhlen. Und die nächste Großstadt, Nürnberg, in der sich vielleicht mehr Schulleiter-Anwärter fänden, ist eine Stunde Autofahrt entfernt.

Aber statt sich der Larmoyanz hinzugeben, entwarfen Eltern, Lehrer und Vertreter des Ordinariats einen Plan. Ein lustiges Video sollte Aufmerksamkeit bringen. Ein Froschkönig, der zum Schulleiter geküsst wird, war aber doch zu eigenartig, erzählt Andrea Gabler, 60. Also lieber die Kontaktanzeige der Schüler. Seit 23 Jahren unterrichtet Gabler Deutsch, Geschichte und Biologie an der Edith-Stein-Realschule, wer mit ihr über die Schule spricht, hört Pathos in jedem Satz: "Ich liebe diese Schule und ich tue alles, um ihr zu helfen." Sie animierte ihre Schüler, bei den Dreharbeiten mitzuwirken. Bernd Tittmann, der stellvertretende Schulleiter, kümmerte sich um den Datenschutz und organisierte den Stundenplan so, dass Mädchen und Buben aller Jahrgänge mitmachen konnten. Kamera und Schnitt übernahm die Social-Media-Redaktion des erzbischöflichen Ordinariats. Der Rest ist Youtube-Alltag.

Der besondere Geist der Schule sollte im Video rüberkommen, sagt Gabler und schwärmt von Zusammenhalt, Freiheit und Raum für Spontanität im Unterricht sowie einem pädagogischen Konzept, das ermögliche, auf jedes Kind einzugehen. "Uns entgeht nicht, wenn ein Schüler traurig ist", sagt sie. Die Realschule setzt Elemente des Marchtaler Plans um, der vor 35 Jahren in Stuttgart erfunden und 1988 an der ersten bayerischen Volksschule eingeführt wurde. An Grund- und Mittelschulen lernen Kinder ohne Fächergrenzen. Die Realschule hält zwar am Fachunterricht fest, hat aber Elemente wie den montäglichen Morgenkreis und freie Stillarbeit zu Tagesbeginn übernommen.

Den Fokus aufs einzelne Kind schätzen viele Eltern an kirchlichen Schulen, aber nicht überall ist der Andrang so groß wie in Ballungsräumen, in denen es oft Wartelisten gibt. In der Provinz kämpfen alle mit dem demografischen Wandel. Der Youtube-Plan geht auf: Die Frist läuft noch bis Freitag, aber einige Bewerbungen für den Direktoren-Job sind schon eingegangen.

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