Europa:Finanzminister fordern EU-Behörde gegen Geldwäsche

Europa: Geldwäsche

Geldwäsche

  • Eine Gruppe EU-Finanzminister rund um Olaf Scholz plant eine Vereinheitlichung der Regeln zum Kampf gegen die Geldwäsche
  • Mit dem Thema sollen sich die EU-Finanzminister bei ihrem Treffen im Dezember befassen; geplant ist auch ein Beschluss dazu.

Von Björn Finke, Brüssel

Bei einer Tochter der Swedbank waren es 135 Milliarden Euro, bei der Danske Bank 200 Milliarden Euro - bei den Geldwäsche-Skandalen, die zuletzt in Europa aufflogen, ging es jeweils um enorme Summen. Die Milliarden konnten aus dubiosen Quellen ins Finanzsystem eingeschleust werden, weil Banken und nationale Aufseher nicht genau genug hinschauten. Um die Kontrollen zu verbessern, fordern Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und seine Amtskollegen aus Frankreich, Italien, Spanien, den Niederlanden und Lettland nun den Aufbau einer EU-Antigeldwäschebehörde.

In ihrem vierseitigen Diskussionspapier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, schreiben sie, dass es für eine einheitliche und wirksame Kontrolle von Geldwäsche und den Kampf gegen Terrorfinanzierung in Europa notwendig sei, "einen zentralen Aufseher zu schaffen, der nationale Aufseher ersetzen und unabhängig überwachen kann". Mit dem Thema Geldwäsche sollen sich die EU-Finanzminister bei ihrem Treffen im Dezember befassen; geplant ist auch ein Beschluss dazu. Der Entwurf dieser Entschließung fordert die EU-Kommission auf, den Nutzen solch einer Aufsichtsbehörde zu prüfen und gegebenenfalls einen Vorschlag zu erarbeiten.

Bislang überwachen nationale Behörden, ob sich Banken ausreichend dagegen wappnen, dass Kunden Schwarzgeld oder Gewinne aus dunklen Geschäften in den legalen Finanzkreislauf einspeisen. In Deutschland ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) zuständig. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) in Paris koordiniert nur die Arbeit der nationalen Kontrolleure und kann Untersuchungen einleiten, wenn etwas schiefläuft. Im Frühjahr beschlossen die Mitgliedstaaten, der EBA nach den aufgedeckten Skandalen mehr Kompetenzen zu geben, schreckten jedoch vor der Schaffung einer mächtigen Anti-Geldwäschebehörde auf EU-Ebene zurück. Solch eine Aufsicht verlangen dagegen die Kommission und viele Abgeordnete im Europaparlament.

Dass jetzt zumindest sechs Finanzminister umschwenken, freut Markus Ferber, den wirtschaftspolitischen Sprecher der Christdemokraten im EU-Parlament: "Beim Kampf gegen Geldwäsche im europäischen Finanzsektor liegt einiges im Argen", sagt der CSU-Politiker. "Die Kooperation zwischen den zuständigen Behörden funktioniert hinten und vorne nicht - nicht innerhalb der Mitgliedstaaten und schon gar nicht grenzüberschreitend." Es sei daher richtig, die Befugnisse auf EU-Ebene zu bündeln.

Ferbers düstere Diagnose wird von der EU-Kommission geteilt. Im Sommer veröffentlichte die Brüsseler Behörde eine Untersuchung zur Wirksamkeit der Regeln gegen Geldwäsche. Die Kommission klagte da, die EU-Vorschriften würden nicht in allen Staaten gleich hart angewandt; Zuständigkeiten seien zersplittert, die Zusammenarbeit sei manchmal ineffizient.

Die EU regelt bereits das Thema Geldwäsche. Doch lässt sie den Mitgliedsstaaten Spielraum

Dem Problem, dass die Staaten Brüssels Vorgaben nicht einheitlich umsetzen, widmet sich auch das Papier der Finanzminister. Bisher regelt die EU den Kampf gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung mit Richtlinien. Diese Rechtsakte geben Ziele vor, lassen den Staaten aber Spielraum bei der konkreten Ausgestaltung. Die Minister fordern, die wichtigsten Fragen sollten besser von Verordnungen abgedeckt werden. Anders als Richtlinien müssen EU-Verordnungen eins-zu-eins umgesetzt werden, ohne Spielraum.

Nationale Aufsichtsbehörden sollen dem Diskussionspapier zufolge weiter bestehen, doch würden sie der neuen EU-Einrichtung unterstellt. Diese überwacht deren Arbeit und kann bestimmte Banken auch direkt kontrollieren und Entscheidungen über die Institute fällen, wenn sie das den untergebenen Behörden nicht zutraut. Die Institution soll zudem unabhängig von Mitgliedstaaten sein - ein Riesenunterschied zur Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA), in deren Verwaltungsrat Vertreter der nationalen Aufsichten sitzen. Die Minister können sich allerdings zwei Optionen vorstellen: Entweder wird eine neue Behörde geschaffen, die sich nur um Geldwäsche kümmert, oder die EBA wird gestärkt und weiterentwickelt, so dass sie diese Rolle übernehmen kann. Bevor es vorangeht, müssen die sechs Minister aber noch einige Überzeugungsarbeit bei ihren Amtskollegen leisten.

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