Bilanz:Ebersberger Jazzfestival: Die Neuauflage 2021 steht schon

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Da schau her! Neben vielen regionalen Akteuren bietet das Festival "EBE-Jazz" immer auch internationale Stars, dieses Mal zum Beispiel den Hammond-Experten Joey De Francesco zusammen mit Drummer Billy Hart. (Foto: Christian Endt)

Die Veranstalter ziehen nach der diesjährigen Auflage eine positive Bilanz. Deswegen steht bereits fest: In zwei Jahren ist Ebersberg wieder Gastgeber.

Von Anja Blum, Ebersberg

Die Macher des Ebersberger Jazzfestivals sind größtenteils selbst Musiker. Menschen also, die das Livespiel schätzen, die gerne zusammen etwas auf die Beine stellen und sich dabei der Improvisation verschrieben haben - vor und mittlerweile auch hinter der Bühne. Gerade ihr unbändiger Spieltrieb macht mitnichten bei der Musik Halt, er äußert sich zum Beispiel auch in einer höchst kreativen Programmplanung - und an so manch anderer, eher unerwarteter Stelle. "LIEBE Jazz, LEBE Jazz, EBE Jazz", das sei diesmal intern das geflügelte Wort gewesen, erzählt Frank Haschler, Sprecher der Organisatoren, und grinst. "Vielleicht wird das beim nächsten Mal sogar unser offizieller Slogan, wer weiß."

Ja, Haschler und seine Kollegen haben gut lachen, nun, da der schlimmste Stress vorbei und obendrein klar ist, dass EBE-Jazz 2019 wieder ein voller Erfolg war. Praktisch jeder im ehrenamtlichen Kernteam habe gejammert über die viele Arbeit, gesteht Drummer Haschler, was kein Wunder ist, wenn man sich die Ausmaße des diesjährigen Festivals einmal kurz vor Augen führt: zwölf Tage mit 21 Events und 27 verschiedenen Acts (wegen Doppelkonzerten) an diversen Spielstätten in Ebersberg und Grafing. Vom Alten Speicher bis zur Stadthalle, vom Café bis zur Kirche, vom Museum bis zur Galerie des Kunstvereins. Doch nun, da alle wieder ein wenig durchgeatmet und "aufgeräumt" haben, ist angesichts einer überwältigenden positiven Resonanz schnell die Entscheidung gefallen: EBE-Jazz wird 2021 erneut stattfinden, dann bereits zum vierten Mal.

"Der Jazz ist angekommen im Landkreis", lautet das Fazit der Veranstalter rund um die Musikerinitiative "Jazz Grafing". Und das sei nicht nur ein subjektives Gefühl, sondern lasse sich auch belegen, und zwar anhand der Zahlen des Onlineportals, über das laut Haschler etwa 60 Prozent der Tickets verkauft wurden: 73 Prozent davon seien an Menschen aus dem Landkreis gegangen. Und an der Abendkasse sei dieser Anteil sicher noch einmal höher gewesen.

Zehn Prozent machte online das Publikum aus München aus, der Rest fiel unter die bemerkenswerte Rubrik "anderswo": Berlin, Jena, New York, Israel, beginnt Haschler aufzuzählen. Insgesamt hätten rund 3700 Menschen das Festival besucht, drei Veranstaltungen waren komplett ausverkauft: das Eröffnungskonzert mit der jungen Spanierin Andrea Motis, der Swing-Brunch mit dem Ebersberger Trompeter Heinz Dauhrer sowie die große "Eigenproduktion" zum Abschluss, die "Sacred Concerts" von Duke Ellington, dargeboten von Bigband und Chor.

Auch die finanzielle Bilanz verspricht heuer sehr gut auszufallen, das "Drei-Säulen-Modell" aus Eintrittsgeldern, öffentlichen Zuschüssen und Sponsoring zu je einem Drittel habe sich bewährt, erklärt Haschler. Zwar seien die Förderanträge noch nicht abschließend bewilligt, trotzdem sei das Team sehr zuversichtlich. "Es kann sogar sein, dass wir dieses Mal ein paar Rücklagen für 2021 bilden können", freut sich der Grafinger Schlagzeuger. Zu verdanken ist dies einer ausgeklügelten finanziellen Planung anhand seriöser Annahmen, vor allem, was die Besucherzahlen angeht. "Die kleineren Veranstaltungen zum Beispiel würden sich alleine nicht rechnen, aber im Paket geht es."

Die bewährte Mischung aus Liebhaberthemen und Mainstream, aus Newcomern und Stars, aus Konzerten und anderen, besonderen Formaten wie Kino, Lesung oder Kabarett wollen die Macher von der "IG Jazz" 2021 auf jeden Fall beibehalten, auch wenn der ein oder andere die Nase rümpfen mag angesichts eines solch bunten Potpourris. "Manche fänden es besser, wenn wir uns spezialisieren würden, aber wir wollen allen Musikfans etwas bieten, von oldtime bis experimentell", so Haschler.

Auch die Sessions im Artesano seien "der Hammer" gewesen: "Es ist genau das eingetreten, was wir uns erhofft hatten: Die big names sind später noch auf die kleine Bühne gekommen, und alle hatten Spaß!" Beibehalten will man auch das Modell des "artist in residence", heuer der Regensburger Gitarrist Andreas Dombert, der mit Vortrag, Performance und Workshop präsent war - "einfach ein Künstler zum Ansprechen und Anfassen". Nur etwas kleiner im Umfang könnte die nächste Ausgabe 2021 werden, da die fünfstellige Förderung als "Landesjazzfestival", die Ebersberg heuer erhalten hat, dann wegfallen wird.

Klar freuen sich die Macher sehr über überregionale Aufmerksamkeit, etwa durch den Bayerischen Rundfunk oder die Jazz-Zeitung, die einen umfangreichen Festivalrückblick veröffentlichte, aber genauso wichtig ist ihnen die familiäre Stimmung vor Ort. "Hier ziehen einfach alle an einem Strang, das ist wunderschön." Auch entwickelten sich jedes Mal wieder neue Freundschaften, so dass das Netzwerk rund um EBE-Jazz immer größer und engmaschiger werde. Bereits jetzt gingen täglich rund zehn Bewerbungen für das nächste Festival bei ihnen ein, erzählt Haschler.

Aber gibt es denn gar nichts, das man besser machen könnte? "Oh doch", sagt Haschler, "so einiges". Zum Beispiel wolle man die Agenturen künftig explizit darum bitten, die Extrawünsche ihrer Künstler frühzeitig zu kommunizieren. Denn am späten Abend plötzlich einen Rollstuhl zu besorgen, ein Hotelbett ohne Brett am Fußende oder ungesüßte Sojamilch - das sei selbst für Improvisationstalente nicht gerade einfach. Dabei sollen die Stars sich doch wohlfühlen in Ebersberg, damit sie ihren Kollegen dieses kleine Festival weiterempfehlen, wie das Andrea Motis offenbar bereits getan hat. "Daraus hat sich was ergeben - allein wenn ich daran denke, bekomme ich Gänsehaut", schwärmt Haschler. Mehr will er aber noch nicht verraten.

© SZ vom 12.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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